Viele Sportlerinnen und Sportler wurden in der DDR unwissentlich Opfer von staatlich organisiertem Zwangsdoping – mit teils schweren gesundheitlichen Folgen. Stephan Mayer spricht im Bundestag über dieses wichtige Thema und setzt sich für eine bessere Anerkennung und Unterstützung der Betroffenen ein.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Frau SED-Opferbeauftragte! Meine sehr verehrten Vertreter der Opferverbände! 

Ich möchte zu einer SED-Opfergruppe sprechen, die aus meiner Sicht nicht immer die notwendige Beachtung bekommen hat, die sie verdient hat: zu den Opfern des staatlich gelenkten Zwangsdopings.

Es begann im Jahr 1974 mit dem „Staatsplanthema 14.25“ und hat bis zum Jahr 1989 gedauert. In diesem Zeitraum sind Tausende von Leistungssportlerinnen und -sportlern, aber auch viele Freizeitsportler auf ganz perfide Art und Weise Opfer des SED-Zwangsdopings geworden. Die Folgen waren mannigfaltig, so-wohl im physischen als auch im psychischen Bereich. Es kam zu Körpermissbildungen, zu Veränderungen des Körperbaus, zu Wachstumsretardierungen, zu Karzinomen, zu Leberschäden, zu Organversagen, aber auch in psychischer Hinsicht zu Depressionen und, gerade auch bei Minderjährigen, zu Posttraumatischen Belastungsstörungen.

Die Bundespolitik hat reagiert, indem sie zwei Dopingopfer-Hilfegesetze verabschiedet hat: das erste im Jahr 2002, das zweite dann im Jahr 2017 mit einer Laufzeit bis Ende 2019. Bis Ende 2019 konnten Anträge gestellt werden.

Ich bin sehr wohl der Auffassung, dass wir ein Stück weit zufrieden sein können mit dem, was bisher erreicht wurde. Aber ich sage ganz offen: Dies ist noch nicht ausreichend. Es wurde zwar im Rahmen des zweiten Dopingopfer-Hilfegesetzes auch noch mal das Entschädigungsvolumen auf 13,65 Millionen Euro erhöht, und es wurden weit über 1.000 Anträge positiv beschieden, aber es gibt noch Lücken. Deshalb bin ich der SED-Opferbeauftragten sehr dankbar, dass sie in ihren Jahresberichten immer wieder den Finger in die Wunde gelegt und deutlich gemacht hat: Es gibt noch Personengruppen – und da meine ich vor allem die Freizeitsportler, die in der DDR teilweise auf ganz perfide Art und Weise als Versuchskaninchen benutzt wurden –, die bislang noch nicht entschädigt wurden.

Ich persönlich bin schon etwas überrascht – das sage ich sehr vorsichtig –, dass das Bundesjustizministerium der Auffassung ist, dass es keine Veranlassung dafür gibt, die Opfer des DDR-Zwangsdopings in das Verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz mit aufzunehmen. Und Gott sei Dank konnten wir uns im Kreise der Fraktionen, die diesen Entschließungsantrag tragen, darauf verständigen, dass wir die Bundesregierung auffordern, diesem Thema noch mal sehr substanziiert nachzugehen.

Ich glaube, es gibt gute Gründe dafür, dass man beim DDR-Zwangsdoping von einem rechtsstaatlichen Willkürakt spricht.

Deshalb ist es aus meiner Sicht gerechtfertigt, zu prüfen, die Opfer des DDR-Zwangsdopings in das Verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz und damit in das Bundesversorgungsgesetz mit aufnehmen. Ich halte es für richtig, dass wir in diesem Entschließungsantrag die SED-Opferbeauftragte ermächtigen, die vorhandenen Forschungsergebnisse auszuwerten, insbesondere was die gesundheitlichen Langzeitfolgen anbelangt.

Ich bin dankbar, dass es möglich ist, diesen substanziierten Entschließungsantrag heute zur Abstimmung zu stellen. Ich bitte um Zustimmung und freue mich darauf, auch in der nächsten Legislaturperiode dieses Thema weiterhin nachdrücklich und engagiert vertreten und bearbeiten zu dürfen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

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