Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Stephan Mayer in der Bundestagsdebatte zur Bürokratie in der Ehrenamts- und Vereinsarbeit, 11.10.2024:

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen! 

Deutschland ist Ehrenamtsland. Jede dritte Mitbürgerin, jeder dritte Mitbürger in Deutschland ist ehrenamtlich in einem Verein, in einem Verband, in einer gemeinnützigen Organisation engagiert.

Ich sage dies ausdrücklich: Unser noch wohlhabendes und noch wirtschaftlich relativ starkes Land Deutschland – die Ampel tut ja alles dafür, dass dies von Tag zu Tag abnimmt – wäre deutlich ärmer, wenn wir dieses starke ehrenamtliche Engagement in Deutschland nicht hätten. Deswegen tun wir gut daran, dankbar zu sein, dass sich so viele Mitbürgerinnen und Mitbürger in über 600 000 gemeinnützigen Organisationen tagein, tagaus ehrenamtlich engagieren. Der Staat könnte dies nicht bezahlen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen ist es richtig, dass wir seitens des Staates die Rahmenbedingungen so stricken, dass sich ehrenamtliches Engagement in Deutschland auch weiterhin positiv gestaltet. Ich sage dies auch gerade in meiner Funktion als sport- und ehrenamtspolitischer Sprecher meiner Fraktion. Es ist erfreulich, dass wir heute in den 87 000 Sportvereinen in Deutschland 800 000 Mitglieder mehr haben als noch zur Coronazeit. Die Befürchtung, es würde eine Coronadelle bei der Mitgliederzahl geben, hat sich zum Glück also nicht bewahrheitet.

Was sich aber leider schon bewahrheitet hat, ist, dass die Anzahl der Ehrenamtlichen in den Sportvereinen zurückgegangen ist. Sie ist mittlerweile auf unter 2 Millionen gesunken, und das sollte uns zu denken geben. Deswegen muss ich schon sagen, lieber Herr Kollege Limbacher: Sie loben unsere Vorschläge, was die Erhöhung der Ehrenamtspauschale anbelangt, was die Erhöhung der Übungsleiterpauschale anbelangt. Warum setzen Sie es nicht um? Sie hätten die Möglichkeit. Derzeit wird gerade das Jahressteuergesetz debattiert. Warum sind diese Punkte – Erhöhung der Übungsleiterpauschale, Erhöhung der Ehrenamtspauschale, Erhöhung der Freigrenze für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb – nicht Inhalt dieses Jahressteuergesetzes?

Weil Sie dafür nichts übrighaben.

Die Kollegin Ruf fordert ein Demokratiefördergesetz. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements in Deutschland kein Demokratiefördergesetz, wir brauchen handfeste gesetzgeberische Verbesserungen, verbesserte Rahmenbedingungen in der Abgabenordnung, im Strafgesetzbuch, was die Reduzierung der Haftungsmaßstäbe anbelangt, um ehrenamtliches Engagement in Deutschland besser zu unterstützen und besser zu fördern.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, in der heutigen Zeit zerklüftet unsere Gesellschaft ja immer weiter, auch die Polarisierung und leider auch die Radikalisierung nehmen zu. Und ich muss dies schon auch ausdrücklich sagen: Das liegt insbesondere an einer politischen Kraft, die hier im Deutschen Bundestag sitzt. Wir leben in einer Zeit, in der die Zentrifugalkräfte in unserer Gesellschaft leider zunehmen und nicht abnehmen. Gerade in so einer Zeit ist es wichtig, dass wir die Bestandteile in unserer Gesellschaft, die den sozialen Kitt darstellen, die die Gesellschaft zusammenführen und nicht spalten, stärken. Und dazu gehören gerade auch ehrenamtliches Engagement und ehrenamtlich Tätige.

Deswegen möchte ich eines zum Kollegen Brandner noch deutlich herausstreichen. Ich finde es, ehrlich gesagt, auch etwas unparlamentarisch, dass man nach der Rede das Plenum verlässt und der Debatte nicht mehr weiter folgt.

Ich möchte nicht auf den Bestandteil der Rede des Kollegen Brandner eingehen, den der Kollege Lindh thematisiert hat, sondern ich möchte etwas klarstellen: Der Kollege Brandner hat behauptet, bei ihm in Ostthüringen hätten die Vereine keine Möglichkeit, kleine Beträge zu bekommen, wenn das Vereinsheim geweißelt werden muss, wenn neue Trikots beschafft werden müssen, wenn vielleicht eine neue Homepage für den Verein erstellt werden muss. Das stimmt nicht. Das ist eine Fehldarstellung des Kollegen Brandner. Er ist offenbar nicht in der Lage, als Abgeordneter den Vereinen in seinem Wahlkreis entsprechende Informationen zukommen zu lassen. Es gibt die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt, die in der letzten Legislaturperiode gegründet worden ist, die jedes Jahr 30 Millionen Euro zur Verfügung stellt, gerade um dies zu tun, was, wie hier gerade kritisiert wurde, angeblich nicht geschehen würde. Das zeigt auch wieder, wie die AfD vorgeht: Es werden einfach Fehldarstellungen verbreitet. Es gibt die Möglichkeit, über die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt sehr unbürokratisch Kleinstbeträge bis zu 2 500 Euro zu bekommen, um genau dies zu tun, was hier entsprechend angesprochen wurde.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, deswegen mein herzlicher Appell an alle Fraktionen im Deutschen Bundestag: Gehen Sie offen mit unserem Antrag um, und stimmen Sie ihm dann auch zu, weil er aus meiner Sicht wirklich in entscheidender Weise dazu beitragen würde, die deutsche Gesellschaft nicht weiter zu spalten, sondern wieder stärker zusammenzuführen.
 

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