Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Alexander Hoffmann in der Bundestagsdebatte zur Migrationskrise in den Ländern und Kommunen, 15.3.2024:
Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Ministerin!
In meinem Wahlkreis, im Landkreis Main-Spessart, muss die Landrätin mittlerweile Schulturnhallen heranziehen, um die Menschen unterzubringen, die zu uns kommen. Ich finde es, mit Verlaub, liebe Kollegin Jurisch, etwas zynisch, wenn Sie sich hierhinstellen und sagen: „Reden Sie doch mal mit Ihren Ministerpräsidenten!“ Da gibt es nicht viel zu reden; denn die Wahrheit ist: Die Kommunen haben das Limit nicht nur erreicht, sondern es schon lange überschritten.
In dieser Wetterlage stellt sich der Bundeskanzler am Mittwoch in der Kanzlerbefragung hierhin und sagt, diese Bundesregierung habe alles getan, um die Zuzugszahlen zu senken. Wir wissen, weitere migrationspolitische Vorhaben der Ampel sind nicht angedacht. Der Bundeskanzler garniert das Ganze dann noch mit dem Satz – der ist heute schon zitiert worden –, dass alle Fragen der Bund- Länder-Beschlüsse abgearbeitet seien. Ich will zu Beginn diesbezüglich zwei Feststellungen treffen: Erstens. Beide Behauptungen des Bundeskanzlers sind schlichtweg falsch. Und zweitens. Diese Aussagen und Ihre Reden heute zeigen, wie weit weg die Ampel, die Bundesregierung und der Bundeskanzler von den Problemen in diesem Land, von der Lage der Kommunen und von der Stimmung der Bevölkerung sind, meine Damen und Herren.
Die Bund-Länder-Beschlüsse sind nicht abgearbeitet. Zwei Beispiele: Bei der Bezahlkarte hatte der Bund zugesichert, mit einer bundesgesetzlichen Regelung den gesetzlichen Rahmen zu setzen. Wir erleben einen riesigen Streit. Die Grünen wollen davon nichts mehr wissen und stehen auf der Bremse.
Bei dem Thema „Rückführung“ war es den Ländern wichtig, dass die Rückführungen gesteigert werden müssen. Dann legen Sie ein Rückführungsverbesserungsgesetz vor, das sage und schreibe, Frau Ministerin, 600 Abschiebungen mehr im Jahr ermöglicht. Dann lassen Sie sich aber von den Grünen viele Spezifika reinverhandeln, vor allem den Anspruch auf einen Pflichtverteidiger, der das Verfahren noch sehr viel länger macht und die Möglichkeit eröffnet, sich länger im Land aufzuhalten. Ich sage Ihnen: Das ist kein Rückführungsverbesserungsgesetz; das war schlichtweg Arbeitsverweigerung von Ihnen.
Jetzt suggerieren Sie, die Zahlen gingen runter – mal ganz abgesehen davon, dass die Zahlen im Herbst und Winter letzten Jahres deshalb heruntergegangen sind, weil Sie mit Grenzkontrollen begonnen haben, die wir über ein Jahr lang gefordert haben. Am Anfang hieß es, Frau Ministerin, dass das rechtlich nicht möglich sei. Wir haben nachgewiesen, dass es rechtlich möglich ist. Dann hieß es, die nützten nichts. Jetzt laufen sie, und wir merken, es wirkt. Aber die Wahrheit ist: Die Zahlen sind zu hoch. Im Januar und Februar dieses Jahres sind schon 50 000 Menschen zu uns gekommen. Wenn ich das hochrechne – da sind Frühjahr und Sommer noch gar nicht dabei –, sind wir bei 300 000 Menschen für dieses Jahr. Und es gäbe Stellschrauben.
Vorhin wurde dazwischengerufen: „Machen Sie doch mal Vorschläge!“. Ich wundere mich. Haben Sie unseren Antrag nicht gelesen? Man könnte an einem ganzen Sammelsurium von Stellschrauben drehen, zum Beispiel durch die Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten auf Indien und die Maghreb-Staaten.
Für die Maghreb-Staaten verhindern das die Grünen schon seit 2017 im Bundesrat. Oder schauen Sie in die Türkei! Im letzten Jahr sind circa 40 000 Menschen mit türkischer Staatsangehörigkeit zu uns gekommen, und die Bundesregierung unternimmt – nichts. Kein Gespräch mit der Regierung in Ankara, kein Rückführungsabkommen!
Selbst wenn ich vorsichtig schätze, haben ungefähr 90 Prozent keine Bleibeberechtigung. Bei mir sind die Turnhallen voll. Dort haben wir eine größere Anzahl von Menschen, um die Sie sich überhaupt nicht kümmern. Sie tragen wie eine Monstranz vor sich her: Ja, wir machen Rückführungsabkommen. – Ich habe einmal nachgeguckt. Da sind ganz historische Dokumente dabei. Das Rückführungsabkommen mit Kirgistan reißt es am Ende bestimmt raus. 0,03 Prozent der Asylanträge kommen aus diesem Land.
Auch die Aussetzung des Familiennachzugs – der ist im letzten Jahr auf Rekordniveau gewesen – in verschiedenen Spezifika wäre eine Möglichkeit. Aber Sie unternehmen gar nichts.
Das waren jetzt nur einige Beispiele. Meine Damen, meine Herren und Frau Ministerin, ich sage Ihnen: Sie werden das hier nicht wegschwurbeln und wegdiskutieren können. Die Wahrheit ist: Sie machen sich gern zur Speerspitze des Kampfes gegen rechts. Das lassen wir Ihnen, Frau Ministerin.
Aber Sie sind mittlerweile Garantin der Konjunkturpakete für die AfD und auch Garantin für hohe Umfragewerte der AfD. Das ist das Problem.
Danke für die Aufmerksamkeit.