Stephan Pilsinger äußert scharfe Kritik am neuen „Gesundes-Herz-Gesetz“. Er fordert mehr wissenschaftliche Grundlagen, eine stärkere Unterstützung für Hausärzte und setzt auf Prävention statt Medikamente. Besonders wichtig sind Erkrankungen, chronische Erkrankungen gezielt zu fördern und den Lebensstil im Fokus der Gesundheitsversorgung zu unterstützen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Wenn man mit Gesundheitsökonomen spricht, so sagen sie: Wir haben in Deutschland eine schlechte Situation. Wir geben sehr viel Geld für die Gesundheit in Deutschland aus. Aber die Zahlen bezüglich der Lebenserwartung sind denkbar schlecht. – Und das liegt hauptsächlich an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Es wurde ja schon mehrfach gesagt: Jedes Jahr sterben 350.000 Menschen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das ist katastrophal, und das darf auf keinen Fall so bleiben.

Meine Damen und Herren, bisher – das weiß ich auch aus eigener beruflicher Erfahrung – nutzen wir DMP-Programme. Diese Disease-Management-Programme sind dafür gedacht, Patienten, die chronisch krank sind – beispielsweise bei Asthma oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen –, entsprechend zu behandeln. Dies erfolgt evidenzbasiert in Absprache mit den Fachgesellschaften, um chronisch Kranke besser zu versorgen. Was mich frustriert: Bei diesem Radikalumbau der DMPs durch das Gesundes-Herz-Gesetz werden die wissenschaftlichen Faktoren hintangestellt und durch Erlasse aus dem Ministerium ersetzt. Das ist schlecht. Deswegen sagen wir: Es muss einen wissenschaftlichen Bezug haben; eine Order aus dem Ministerium darf nicht entscheidend sein.

Wenn man mit den Hausärzten spricht – auch das weiß ich; ich arbeite ja noch als Hausarzt –, hört man: Dieses Gesundes-Herz-Gesetz ist ja auf dem Papier recht schön. Aber wer soll am Ende die Arbeit leisten können? – Wenn ich im ländlichen Raum Sprechstunde habe, dann ist die Praxis immer voll. Ich habe null Spielraum dafür, mich auch noch um so etwas zu kümmern.

Ich habe die große Sorge, dass dabei der Fokus auf die Menschen, die das wirklich brauchen, nämlich die chronisch Kranken, verloren geht und sich am Ende nur die Menschen, die sowieso schon auf ihre Gesundheit schauen, ihre Gesundheit noch mal bestätigen lassen. Herr Lauterbach, man sieht: Sie sind ein Theoretiker und haben nie wirklich als Arzt gearbeitet. Ich glaube, wir bräuchten viel mehr Pragmatismus im deutschen Gesundheitsministerium und weniger Theorie.

Wenn man mit Pharmaexperten spricht, dann sagen sie: Ja, Statine sind nicht ungefährlich.

Die Einnahme von Simvastatin oder Atorvastatin kann zu Muskelschmerzen oder auch zur Muskelauflösung führen, wenn man die Medikamente schlecht verträgt. Deswegen ist es geradezu absurd, dass durch dieses Gesetz diese Medikamente mit der Gießkanne über der Bevölkerung ausgeschüttet werden.

Statine sind keine Gummibärchen. Und das sollte sich der Minister einfach mal hinter die Ohren schreiben.

Meine Damen und Herren, die Wahrheit ist doch: Der wahre Grund für die Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist im Lebensstil der Menschen begründet.

Überspitzt gesagt: Die Menschen rauchen und saufen zu viel und ernähren sich ungesund. Da sollten wir doch ansetzen, statt das Geld fälschlicherweise für Medikamente auszugeben. Wir brauchen mehr Prävention.

Weil dieses Gesetz viele Risiken und Nebenwirkungen hat, werden wir dem so nicht zustimmen können.

Vielen Dank.

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