Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Stephan Pilsinger zu Reformen in der Privaten Krankenversicherung, 11.10.2024:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 

Wenn man mit vielen Privatversicherten spricht, dann erzählen die einem – gerade in den letzten Jahren –: Wir haben ein massives Problem mit den Beitragssteigerungen. – Was viele überrascht, ist, dass diese auf einmal bis zu 20 Prozent betragen. Die Versicherten können sich nicht vorstellen, dass auf einen Schlag alle Leistungen so viel teurer geworden sind. Sie vergessen aber, dass sie teilweise jahrelang keine Beitragserhöhungen gehabt haben.

Man fragt sich: Woran liegt das denn? Das liegt daran, dass der auslösende Faktor – Herr Mordhorst, das ist das Problem – bei über 10 Prozent liegen muss. Erst dann, also wenn das in einem Jahr der Fall ist, können die Beiträge erhöht werden. Das überwacht die Deutsche Aktuarvereinigung. Es ist also nicht so, dass die Privatversicherungen die Beiträge einfach Pi mal Daumen erhöhen könnten, sondern das ist ganz streng reguliert.

Die Sache ist die: Wenn die 10 Prozent einmal überschritten sind, dann können auf einen Schlag alle Kostenerhöhungen der Vorjahre auf einmal verrechnet werden, und das führt zu einer völligen Unplanbarkeit. Wenn die Privatversicherten wissen würden, dass sich der Beitrag entlang der Inflation jedes Jahr um 3 bis 4 Prozent erhöht, dann wäre das planbar und würde nicht zu diesen Überraschungen führen. Deswegen ist es nur gerecht und auch wirklich sinnvoll, zu sagen: Wir müssen eine Flexibilisierung herbeiführen. – Es kann doch nicht sein, dass die Privatversicherten, die teilweise auch nicht so viel Geld haben, von so hohen Beitragssteigerungen überrascht werden. Deswegen brauchen wir aus vernünftigen Gründen eine Dynamisierung mit einem niedrigeren auslösenden Faktor.

Wenn man mit vielen Rentnern spricht, dann berichten die einem Ähnliches, gerade weil der Arbeitgeberanteil wegfällt oder sie ein nicht mehr so hohes Einkommen haben. Viele dieser privat versicherten Rentner sind jetzt keine Leute, die so viel Geld haben. Es wird ja teilweise so getan, als wären das alles Porsche fahrende Zahnarztfrauen. So ist es nicht. Es gibt viele Kleingewerbetreibende und auch viele Künstler, die privat versichert sind, die nicht so viel Geld haben. Die haben als Rentner auf einmal das Problem, dass sie immer höhere Beitragssteigerungen haben. Da müssen wir doch, weil die Lebenserwartung gestiegen ist und das Renteneintrittsalter angehoben wurde, überlegen, wie wir das mit technischen Lösungen reformieren können.

Es geht hier nicht um eine Förderung der Privatversicherung, sondern nur um vernünftige Maßnahmen, um auf die aktuellen Herausforderungen zu reagieren. Wir brauchen Lösungen für die Privatversicherten, die in Rente sind. Es kann doch nicht sein, dass man sich, wie die Frau Kollegin Klein-Schmeink gesagt hat, früh für eine private Versicherung entscheidet und am Ende dann ein Leben lang daran gebunden ist und darin festgehalten wird, nur weil man seine Altersrückstellungen nicht mitnehmen kann.

Es wäre ein Zeichen der Gerechtigkeit, wenn man die Altersrückstellungen voll und ganz in eine andere Versicherung mitnehmen könnte. Das wäre auch sinnvoll im Hinblick auf den Wettbewerb.

Meine Damen und Herren, wenn man mit vielen Versicherten spricht, vor allem mit Menschen, die weniger Einkommen haben, dann ist das aufschlussreich. Ich hatte ein Gespräch mit einem Privatversicherten, einem Kleinstgewerbetreibenden, der einen kleinen Kiosk hatte. Er hat plötzlich einen Herzinfarkt erlitten und konnte auf einmal nicht mehr so viel arbeiten. Er ist in die Berufsunfähigkeitsrente gegangen und war dann gezwungen, in den Basistarif zu wechseln. Man sagt, das sei der Sozialtarif für die Privatversicherten. Aber das ist kein echter Sozialtarif. Dieser Mensch ist schlechter gestellt, als wenn er in der gesetzlichen Krankenversicherung wäre, obwohl er nicht mehr viel Geld hat.

Es ist doch kein Zeichen der Gerechtigkeit und auch völlig unvermittelbar, dass Menschen, die nach 2009 in die private Versicherung aufgenommen worden sind, nicht in den Standardtarif wechseln können. Deswegen: Wir brauchen die Möglichkeit des Wechsels in den Standardtarif, wie sie vor 2009 bestand, für Privatversicherte, die weniger Geld haben. Das ist auch ein Zeichen der sozialen Gerechtigkeit.

Meine Damen und Herren, der Vorschlag, den wir vorgelegt haben, ist im Kern ein Verbraucherschutzgesetz. Wir wollen die Verbraucher in den privaten Versicherungen schützen. Wir wollen mit technischen, sinnvollen Lösungen dazu beitragen, dass die Versicherten die Möglichkeit haben, auch gut behandelt zu werden. Privatversicherte sind im Gesundheitssystem keine Bürger zweiter Klasse.

Auch sie haben ein Anrecht darauf, ordentlich behandelt zu werden und davon zu profitieren, wenn sich durch ordentliche Anpassungen am Versicherungssystem etwas ändert.

Deswegen: Wir brauchen eine ordentliche Versorgung der Privatversicherten. Ich freue mich auf die weiteren Beratungen; denn wir haben vernünftige Argumente, die den Staat keinen Euro mehr kosten.

Vielen Dank.
 

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