Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Erich Irlstorfer in der Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag zum Thema Gesundheit, 12.09.2024.

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Wenn ich hier so zuhöre, dann besorgt mich der Zustand unseres Gesundheits- und Pflegewesens immer mehr. Das System krankt an Personal- und Fachkräftemangel, fehlenden Reformen und belastenden Arbeitsbedingungen. Die Herausforderungen spitzen sich zu. Die Qualität der Betreuung leidet, und wir werden zukünftig deutlich mehr Patientinnen und Patienten sowie pflegebedürftige Menschen versorgen müssen. Die Krankenkassenreserven schwinden, und Beitragserhöhungen werden zu enormen Belastungen für die Menschen führen. Ich kann mich sehr gut an viele entsprechende Telefonate während der Sommerpause erinnern. Weitere Gesetzesvorhaben wie das Gesundes-Herz-Gesetz führen in meinen Augen zu höheren Ausgaben, zu wenigen Verbesserungen und zu mehr Bürokratie. Uns allen muss klar sein: Gute medizinische und pflegerische Versorgung kostet Geld. Es braucht Investitionen und effektive Reformen, um die Versorgungsqualität in unserem Gesundheitswesen langfristig halten zu können.

Ich möchte gerne drei Punkte herausgreifen, die mir in diesem Zusammenhang persönlich besonders wichtig sind. Sie wissen, das Thema Pflege ist mir wichtig, und ich finde es schon sehr bedauerlich, dass eine große Pflegereform ausbleibt. Sie haben Ihre groß angekündigte Reform und Vorschläge zur Finanzierung nicht vorgelegt. Mit wenigen Vorhaben versuchen Sie, an einigen Schrauben zu drehen, mehr schlecht als recht. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich finde das sehr problematisch. Bereits in den vergangenen Haushaltsberatungen habe ich gefordert, Herr Minister, die Pflege in den Mittelpunkt zu stellen.

Doch die Pflege wird zum Opfer des Bundesfinanzministeriums: keine Gelder, keine Investitionen, keine Reformvorhaben, kein Fortschritt. Die Beschäftigten und die Pflegebedürftigen sowie deren Angehörige brauchen dringend eine Perspektive, wie es weitergeht. Der Bundesrechnungshof beschreibt die Situation und den Zustand der sozialen Pflegeversicherung als prekär. Die Pandemiekosten belasten die soziale Versicherung noch immer. Und was folgt – das muss uns allen klar sein –: Beitragserhöhungen, Leistungskürzungen und somit auch noch mehr Frust. Ich kann meine Forderungen nur wiederholen. Wir brauchen jetzt eine Reform der sozialen Pflegeversicherung mit einem Finanzierungsmix.

Die Kosten des Gesundheits- und Pflegewesens steigen massiv, genauso der Eigenanteil in der Pflege. Die Beschäftigten verlassen die Branche. Die Bürgerinnen und Bürger werden sich diese Leistungen bald nicht mehr leisten können. So liegt der Eigenanteil für einen Pflegeplatz in Bayern – nur dass wir uns das mal veranschaulichen – bei 2 814 Euro pro Monat. Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden wir so nicht zulassen.

Als Ampel verpassen Sie jedoch die Möglichkeit, Ihre eigenen Forderungen aus dem Koalitionsvertrag, die gut sind, anzugehen. Schade! Gerade für die Pflege haben wir in unseren Anträgen viele verschiedene Vorschläge formuliert, die bisher nicht aufgenommen worden sind. Ich appelliere an die Bundesregierung, vor allem aber auch an meine Kolleginnen und Kollegen hier im Parlament; denn ich habe heute schon gehört, Herr Minister, dass wir hier auf Gemeinsamkeit setzen. Wir sind dazu bereit. Lassen Sie uns daher diese gemeinsamen Vorschläge auch umsetzen.
Post und Long Covid sowie ME/CFS: Mein Dank – und das möchte ich klar sagen – geht hier an den Bundesgesundheitsminister und alle anderen, die sich für die Betroffenen von ME/CFS und Long Covid einsetzen.

Ich bin auch dankbar, dass mehr Geld für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen zur Verfügung gestellt wird. Seit mehr als vier Jahren befasse ich mich mit diesem Thema und bin froh, dass wir diese Erkrankung in die Mitte des Parlaments und der Gesellschaft tragen konnten.

Long Covid sowie das Chronische Fatigue-Syndrom entwickeln sich zu neuen Volkskrankheiten. Allein die Forschung kann uns hier helfen. Dass in den nächsten Jahren 100 Millionen Euro in die Grundlagen- und Versorgungsforschung investiert werden, unterstütze ich ausdrücklich. Auch das muss gesagt werden.

Die betroffenen Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen dürfen nicht weiter alleingelassen werden. Ihnen muss geholfen werden, indem Diagnostik, Behandlung und Therapie ausgebaut werden. Dafür braucht es intensive Forschungsprojekte, Kooperationen zwischen Kliniken, Hochschulen, Unternehmen und den Betroffenen. Als Union werden wir diese Themen weiterverfolgen und stehen hier zur Mitarbeit bereit.

Ich möchte die seltenen Krankheiten nur kurz streifen, da ich bloß ein paar Minuten Zeit habe. Wir haben mit über 60 Veranstaltungen 5 000 Menschen persönlich und digital erreicht und so auf verschiedene Erkrankungen aufmerksam gemacht. Für mich steht fest: Die Selbsthilfe gehört in unserem Gesundheitswesen zu den wichtigen Säulen. In den Haushaltsberatungen werde ich mich gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen dafür starkmachen, dass die Versorgung der Betroffenen verbessert wird.

Nun ist die Redezeit vorbei. Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie uns an Lösungen arbeiten, damit wir die Aufgaben meistern können.

Herzlichen Dank.
 

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