Gewalt gegen Frauen betrifft uns alle. Dorothee Bär ruft zu einem gemeinsamen Dialog auf und fordert mehr Engagement für den Schutz von Frauen. Wie die CDU/CSU die Situation verbessern möchte und warum Zusammenarbeit so wichtig ist, erfahrt ihr in dieser Rede. Gemeinsam können wir etwas bewegen!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 

Ich finde, es wird in dieser Debatte ganz deutlich: Betroffenheit reicht nicht, weder von Ihnen, Frau Ministerien, noch von Frau Haßelmann noch von einigen anderen Vorrednerinnen.

Jeder von uns könnte das machen und sich hierhinstellen; jede und jeder von uns ist sehr betroffen. Aber in der Politik – und darum sind wir ja auch hier – geht es um Handeln und nicht nur um Krokodilstränen.

Ich finde es schon sehr schade, dass Sie seit drei Jahren dem Thema „Gewalt gegen Frauen“ so komplett null Priorität eingeräumt haben. – Und die Zwischenrufe der Grünen – das können Sie leider nicht hören; ich übersetze es mal – sind allein: „Stimmen Sie zu?“, ganz genau. So funktioniert Demokratie nicht.

Sie legen was Schlechtes vor, nach dem Motto: „Union, friss oder stirb!“, und dann ist alles gut. Nein, so funktioniert Demokratie nicht.
Demokratie funktioniert so, dass man was vorlegt – genauer gesagt: dass SPD und Grüne jetzt als Rumpfregierung etwas Schlechtes vorlegen – und uns dann zu Gesprächen einlädt.

Ich war Ricarda Lang sehr dankbar, die am Montag auch auf meinen Hinweis: „Wenn man mit uns was machen will, sollte man uns vielleicht nicht nur medial beschimpfen, sondern uns zu Gesprächen einladen“ guten Mutes war – es geht mir jetzt um die Grünen, Herr Rix – und meinte, sie habe die Ministerin gebeten, tätig zu werden. Jetzt sind fünf Sitzungstage vergangen. Heute Nacht nach Dienstschluss kam von der Ministerin mal was. Aber Sie haben jetzt schon fünf Tage in einer Sitzungswoche versemmelt; es ist nicht vonnöten gewesen, mal mit uns zu reden: Also, so ernst kann es Ihnen an der Stelle einfach nicht sein, Frau Ministerin.

Präsidentin Bärbel Bas:
Frau Bär, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung der Kollegin Klein-Schmeink aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen?

Dorothee Bär (CDU/CSU):
Ja.

Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Kollegin Doro Bär, Sie sind wie ich und wie Herr Sönke Rix Vizefraktionsvorsitzende und für diesen Bereich zuständig. Ich habe heute in Ihrem Interview und auch jetzt gerade gehört, dass Sie Gesprächswünsche haben und mit uns über dieses Gesetz sprechen wollen. Sie wissen, dass wir schon Gesprächsanfragen mit vielen möglichen Terminen an Sie gerichtet haben. Ich kann Ihnen versichern, dass der Kollege und ich jede Möglichkeit für Terminpriorisierungen wahrnehmen werden. Ich frage Sie: Kommen wir ins Gespräch? Können wir gemeinsam daran arbeiten, dieses wichtige Gesetz noch zu verabschieden?

Dorothee Bär (CDU/CSU):
Liebe Frau Kollegin Klein-Schmeink, vielen Dank für die Rückfrage. – Selbstverständlich – ich habe das immer gesagt – stehen wir für Gespräche zur Verfügung. Die Kritik ging jetzt auch nicht an Sie persönlich, sondern die Kritik ging an die Bundesfrauen- und Bundesfamilienministerin, dass sie es bislang eben – wie gesagt: seit ein paar Stunden liegt ein Angebot auf dem Tisch – nicht für notwendig erachtet hatte, uns einzubeziehen, weil sie vor ein paar Wochen dachte, wir werden schon einfach zustimmen müssen, weil sie dachte – genauso wie Ihre beiden Fraktionen –, es wird schon funktionieren mit diesem Schwarze-Peter-Spiel. Wir werden nächste Woche selbstverständlich das Gesprächsangebot annehmen – mit den Punkten, die uns wichtig sind. Die Ministerin hat heute früh in einem Fernsehinterview gelobt, wie großartig die Anträge sind, die die CDU/CSU-Bundestagsfraktion stellt. Das sehen wir auch so. Mit diesen Angeboten gehen wir auch in das Gespräch nächste Woche.

Trotzdem ändert das nichts an der Tatsache, dass wir drei Jahre gewartet haben, dass wir übrigens drei Jahre in jedem Gewaltbereich gewartet haben. Ich kann die Frage auch noch mal an die Grünen zurückgeben: Wir haben auch seit drei Jahren versucht, über alle Arten von Gewalt mit Ihnen zu sprechen, und sind da komplett abgeblitzt. Bis heute gibt es keine einzige Abgeordnete der Grünen – keine einzige! –, weder eine Frau noch ein Mann, die oder der bereit ist, mit uns über die Gewalt an Prostituierten zu sprechen. Keine einzige! Es gibt vereinzelte in der SPD. Es gibt einen Beschluss in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Wir wollen ein nationales Gesamtkonzept, was Gewalt betrifft.

Sie als Bundesregierung haben bei digitaler Gewalt nichts gemacht. Dieses Schwarze-Peter-Spiel – ich bin jetzt wirklich die Letzte, die die FDP verteidigen muss –, zu sagen: „Der Lindner war es, der Lindner war es“, das ist auch zu billig. Kukies macht übrigens auch nichts; das muss man an der Stelle auch mal sagen. Da kommt auch nichts. Es ist nicht ehrlich.

Deswegen noch mal auch von uns als CDU/CSU-Bundestagsfraktion: Wir wollen ein nationales Gesamtkonzept. Wir wollen auch über die Punkte reden, die wehtun. Ich sage Ihnen auch: Wir würden es natürlich nicht in einer solchen Art und Weise machen, wie es die Kollegin von der AfD-Fraktion gemacht hat. Aber wir haben auch Zuschriften von Mitarbeiterinnen aus Frauenhäusern, die uns sagen: Über die unbestimmten Rechtsbegriffe, die in Ihren Gesetzentwürfen stehen, müssen wir, was das Thema „biologische Männer in Frauenhäusern“ betrifft, auch reden. – Darüber möchte ich auch mit den Grünen reden, weil das ein ganz großes Problem ist. Wir haben eh schon wenig Plätze. – Das ist ein ganz großes Problem.

Sie verschließen die Augen davor, wenn Frauenhäuser Angst haben, weil sie nicht wissen, wen sie aufnehmen dürfen und wen sie nicht aufnehmen dürfen, wenn Frauenhäuser gar nicht wissen, ob sie, wenn sie jemanden ablehnen, dann überhaupt noch Geld bekommen.

Das ist etwas, wo ich jetzt schon merke, wie Ihr Blutdruck steigt. Darüber wollen wir sachlich sprechen, genau über diese Punkte: Wer, der von Gewalt betroffen ist, darf in so ein Frauenhaus rein und wer nicht?

Ich ärgere mich auch – die Kollegin Breher hat es angesprochen –, dass Sie das Bundesinvestitionsprogramm – es gab ja das Programm von uns – erst gekürzt haben, dann haben auslaufen lassen. Ersatzlos, anschluss-los, wohlgemerkt. Da wäre in den letzten Jahren schon viel mehr drin gewesen. Jetzt ist es ein intransparentes Verfahren. Jetzt gab es eine Anhörung, die nur eineinhalb Tage gehalten hat.

Weil mehrfach von der Rumpfregierung gesagt wurde: „Macht da mal keinen Wahlkampf draus!“, möchte ich den Spieß mal umdrehen: Als SPD und als Grüne 79 Tage vor einer Bundestagswahl jetzt plötzlich die Frauen für sich zu entdecken, ist wirklich billig und schändlich.

Das haben wir gestern in der Debatte schon erlebt. Das erleben wir heute auch wieder in dieser Debatte.

Deswegen sage ich: Unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch. Das Thema ist extrem komplex; es ist vor allem strukturell. Wie gesagt, wir stehen für Gespräche bereit. Wer Frauen schlägt, wer Frauen vergewaltigt, wer Frauen umbringt, der wird unter einer Bundesregierung dann hoffentlich nach dem 23. Februar mit der CDU/CSU nicht mehr so leicht davonkommen wie bisher.

Ganz herzlichen Dank.
 

Druckversion
Außerdem wichtig