Redeauszug der Bundestagsabgeordneten Dorothee Bär in der Bundestagsdebatte zu Schwanger-/Mutterschaft und Unternehmertum, 17.10.2024.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 

Die Rede aus den Reihen der Grünen hat ja ganz gut angefangen mit dem Dank an die Union. Sie hätten auch tatsächlich die Möglichkeit, heute zu springen, statt jetzt nur über die Beschlussempfehlung zu beraten, bei der Sie alle für die Ablehnung des Antrags votieren werden. Sie könnten heute wirklich mal ein echtes Zeichen setzen, und zwar hier im Plenarsaal und nicht immer nur an den Knöpfen von Social Media.

Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber ich habe ein Déjà-vu. Warum das so ist, darüber kläre ich Sie gerne auf.

Wir debattieren heute erneut unseren Antrag, mit dem wir die Schwanger- und Mutterschaft für Gründerinnen und für Selbstständige, die sich eben für ein Baby entscheiden, erleichtern möchten. Diese Entscheidung kann heutzutage leider Gottes existenzgefährdend sein. Das debattieren wir heute erneut, weil – jetzt müssen wir mal zurückrechnen – die Bundesregierung am 26. September 2022 in der Sitzung des Petitionsausschusses verkündet hat – Zitat –, sie „arbeitet intensiv an einer Lösung für das Problem des fehlenden Mutterschutzes bei Selbstständigen“ – vor über zwei Jahren war das –, und wir neun Monate später, am 15. Juni 2023 – das heißt, die Kinder, über die wir damals im Petitionsausschuss beraten haben, waren mittlerweile schon auf der Welt –, schon mal hier im Plenum standen, um unseren Antrag in erster Lesung zu debattieren. Das heißt, gearbeitet für die Selbstständigen in diesem Land hat nicht die Bundesregierung, sondern wieder mal nur die Union, genauer gesagt: die CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Von der Regierungsfraktion, die sich den Selbstständigen immer so wahnsinnig nahe fühlt, liebe FDP, war die ganze Zeit über nur ein kleines Piepsen zu hören. Frau Kollegin Bauer, ich habe mir heute noch mal Ihre ganzen fulminanten Instagram-Posts angeschaut, wo Sie sich an die Seite der Selbstständigen stellen.

Es reicht aber nicht, nur schön zu posten. Sie müssen hier mal Farbe bekennen. Das war bislang nichts, wirklich gar nichts.

Dann hatten wir Experten in der öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am 18. September 2023 – auch schon wieder über ein Jahr her. Da waren sich wieder alle einig: Die Ungleichbehandlung von Arbeitnehmerinnen und Unternehmerinnen gehört beendet. Super! Dahinter können wir uns alle versammeln. Dann, am 12. Juni 2024, hat uns das Bundesfamilienministerium – schön, dass die Staatssekretärin hier immer die Lückenbüßerin sein muss, weil die Debatten, die wir hier zu diesem Thema führen, die Ministerin offensichtlich nie interessieren – im Familienausschuss einen Sachstandsbericht gegeben mit der Kernbotschaft: Nach drei Jahren im Amt wollen wir jetzt – und jetzt halten Sie sich fest! – eine Ideensammlung anfertigen. 

Eine Ideensammlung, irre! Das finde ich schon beeindruckend.

Das heißt: Die Ampel ist eine Blenderin, die grüne Bundesfamilienministerin, wie bei allen Themen, der Totalausfall. Knapp ein Jahr vor dem Ende der Legislatur steht sie auch in diesem Bereich mit gar nichts da. Jetzt hoffe ich nur auf die FDP, dass wir vielleicht nicht erst in einem Jahr wählen. Dann können wir das Elend früher beenden.

Unser Antrag von 2023 enthält wirklich konkrete Forderungen, die die Rahmenbedingungen für Selbstständige verbessern, um Mutterschaft und Unternehmertum unter einen Hut zu bringen. Wir haben Ihnen also quasi schon mal eine Ideensammlung vorformuliert – sogar mehr als das.

Haben Sie die Regeln bei Mutterschafts- und Elterngeld der Lebensrealität angepasst? Nein. Haben Sie das System der Betriebshelferinnen, wie es sie in der Landwirtschaft gibt, auch schon auf andere Branchen übertragen? Auch nein.

Haben Sie für die vielen, die gar nicht wissen, was ihnen zusteht, für mehr Beratung über finanzielle Ansprüche gesorgt? Die Antwort ist: Nein, auch das nicht. Oder: Haben Sie die Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten verbessert und die Betriebsausfallversicherungen für Schwanger- und Mutterschaft erweitert? Auch nein.

Nichts von alledem! Ihre einzige Leistung bei diesem Thema besteht darin, unseren Antrag im Ausschuss abzulehnen, und das ist zu wenig. Da reicht der Dank an die Union nicht. Dass wir gut sind, wissen wir selbst.

Sie haben heute die ganz, ganz große Chance, zu zeigen, dass Sie es ernst meinen. Also stimmen Sie unserem Antrag am Ende zu! Dann können Sie wirklich gerne auch was posten. Ansonsten bitte nicht!

Herzlichen Dank.
 

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