Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Reinhard Brandl in der Bundestagsdebatte zu internationalen Digitalpolitik, 25.4.2024:
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Verehrte Kollegen von der Ampelkoalition, nur damit kein Missverständnis entsteht:
Wenn Sie hier die internationale Digitalstrategie der Bundesregierung loben, dann können Sie doch nicht ernsthaft dieses Dokument meinen, das vor Kurzem von der Bundesregierung veröffentlicht worden ist:14 Seiten nur Allgemeinplätze, keine Richtungsentscheidung, keine Antwort auf die Fragen, die sich unserem Land in Wirklichkeit stellen.
Machen wir uns doch nichts vor: Das Internet heute, der digitale Raum, ist eine Arena, in der Staaten wie Russland ihre Kriege austragen, in der Länder wie China ihre eigene Bevölkerung überwachen, in der sich amerikanische Unternehmen zu Gesetzgebern aufspielen, weil sie die Hoheit über ihre Plattformen haben, in der sich internationale Verbrecherorganisationen schieflachen über die fehlende Durchsetzungskraft nationaler Ermittler.
Meine Damen und Herren, was wir dringend brauchen, ist ein Plan, wie wir uns als Deutschland in dieser Arena behaupten können, um unsere Souveränität zu sichern, um unsere Sicherheit zu sichern und um unseren Wohlstand zu sichern. Deswegen haben wir es ja begrüßt, dass die Bundesregierung, die Ampel, eine internationale Digitalstrategie vorlegen möchte, und haben uns eigentlich auch auf das Dokument gefreut. Bis wir es tatsächlich gelesen haben.
Jetzt haben Sie natürlich schon davon gesprochen, und auch der Kollege Zippelius, der den Antrag formuliert hat, hat ja einige Sätze schon genannt. Die Strategie beginnt mit dem wunderschönen Satz: „Wir schützen Demokratie und Freiheit im digitalen Raum.“ – Ja, das will ich auch, und natürlich setze auch ich mich für Menschenrechte, für Nachhaltigkeit usw. usw. ein. Aber eine Strategie, die im Wesentlichen darauf basiert, dass solche Ziele aufgeführt werden, wird Ihnen in einer Welt bzw. einer Arena, in der Interessenvertreter mit harten Bandagen kämpfen, nicht weiterhelfen.
Ich zitiere daraus mal eine zentrale Aussage, nämlich – ich mache auch Verteidigungspolitik –: „Wir verfolgen eine Politik der Abrüstung im digitalen Raum …“.
– Ja, gut, dann lese ich weiter: „… und geben Überwachungstechnologien nicht an repressive Regime weiter. Digitale Technologien können gleichzeitig eine Schlüsselrolle dabei spielen …“. – Bla, bla, bla, bla, bla!
– Ja, ja, ja!
Aber, meine Damen und Herren, das wird doch die Hacker aus Russland, aus China, aus Nordkorea, die uns täglich angreifen, nicht davon abhalten.
Was wir brauchen, ist doch auch eine Antwort auf die Frage, wie wir sie abschrecken können.
Das ist natürlich viel komplizierter, als einfach nur zu schreiben: Wir stimmen für digitale Abrüstung. – Dieser Frage müssen Sie sich aber stellen, und davon lese ich in Ihrer Strategie kein Wort.
Der nächste Punkt – eine Minute habe ich noch – ist der Zugang zum Internet und zum Weltraum. Wir erleben im Moment, dass eine Person wie Elon Musk mit SpaceX und mit seinem Starlink zum Beispiel darüber entscheidet, wie das Militär in der Ukraine Zugang zum Internet, wie es Konnektivität hat. Das ist doch kein Zustand, mit dem wir leben können. Wir müssen auch beim Zugang zum Internet über Satellitenverbindungen Souveränität gewinnen.
Jetzt hat die Europäische Union mit IRIS2 ein neues Programm mit auf den Weg gebracht. Und was macht die Ampel?
Sie kritisiert es zuerst, bringt sich dann nicht ein und kürzt die Mittel dafür. Frankreich macht uns vor, wie es geht: Die setzen ihre nationalen Interessen dort knallhart durch. Deutschland schaut in die Röhre.
Die Wörter „Weltall“ und „Satellitenkonstellation“ kommen in dieser Strategie kein einziges Mal vor. Dabei wäre das jetzt eine ganz zentrale, tagesaktuelle Frage, mit der wir uns beschäftigen müssten.
Deswegen: Ja, wir brauchen eine internationale Digitalstrategie. Aber wir brauchen eine andere Digitalstrategie als die, die uns die Ampel hier vorlegt.
Herzlichen Dank.
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