Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Hansjörg Durz in der Aktuellen Stunde im Deutschen Bundestag zum Kurs der Bundesregierung in der Wirtschaftskrise, 6.11.2024.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Unsere Wirtschaft ist im Kern stark, aber sie ist auf Talfahrt. Der Weg führt inzwischen nicht mehr nur für einzelne Branchen bergab, sondern für die Breite unserer Volkswirtschaft. Jeden Tag hören wir neue Hiobsbotschaften: Produktionsverlagerungen, Insolvenzanmeldungen, Stellenstreichungen. Der wirtschaftliche Abstieg zeigt sich mittlerweile auch auf dem Arbeitsmarkt: Die übliche Herbstbelebung bleibt aus, die Kurzarbeit nimmt merklich zu, und die Erwerbstätigkeit sinkt auf den niedrigsten Stand seit vier Jahren. Da kann eine Bundesregierung doch nicht nur streiten. Jetzt ist Handeln gefragt!
Während unsere Warnungen vor Monaten noch mit „Schwarzmalerei“ abgetan und unsere Vorschläge monatelang im Ausschuss blockiert wurden, haben Sie sich lieber mit Strategien beschäftigt. Allein in diesem Jahr wurden die Nachhaltigkeitsstrategie, die Resilienzstrategie, die Weiterbildungsstrategie, die Zukunftsstrategie, die Exzellenzstrategie und die Start-up-Strategie beschlossen. Darin ist auch Richtiges enthalten; eine Strategie ist aber das Papier nicht wert, wenn nicht auch entsprechend gehandelt wird.
Als vor Kurzem Lilium, ein hochinnovatives Start-up – der letzte verbliebene realistische europäische Player bei der elektrischen Fliegerei –, vom Freistaat Bayern bereits die Zusage über ein 50-Millionen-Euro-Darlehen hatte und nur noch die Zusage des Bundes fehlte, haben Sie nicht gehandelt – eine folgenschwere Entscheidung. Lilium hat mittlerweile Insolvenzantrag gestellt. Statt eines Darlehens bezahlt der Bund jetzt Insolvenzgeld in Höhe von 35 Millionen Euro.
Das Signal dieser Entscheidung für Gründer und für die Start-up-Szene in unserem Land ist fatal. Dieses Start-up haben Sie auf Talfahrt geschickt.
Aber es ist nicht nur die Wirtschaft, die seit Langem auf Talfahrt ist; die Ampel hat auch das Vertrauen der Menschen in die Handlungsfähigkeit der Regierung tief ins Tal geführt. Einige Umfragen der letzten Woche sehen die Ampel schon auf einem Höhenmeter von null. Tiefer geht es nicht mehr.
Vermutlich liegt es also weniger am Abstieg der Wirtschaft als vielmehr an der eigenen Talfahrt, dass in der Ampel jetzt jeder zum Gipfelstürmer werden will. Am 23. September der Wirtschaftsminister: Autogipfel – ohne Ergebnis. Am 29. Oktober der Bundeskanzler: Industriegipfel ohne Wirtschafts- und Finanzminister – ohne Ergebnis. Am gleichen Tag noch der Finanzminister: Wirtschaftsgegengipfel – ohne Ergebnis. Diese Alleingänge waren von vorneherein zum Scheitern verurteilt.
Dabei ist es prinzipiell gar nicht schlecht, wenn man angesichts dieser rasanten Talfahrt von Wirtschaft und Regierung endlich überlegt, wie man wieder auf die Höhe kommen kann. Nur müsste man sich zuallererst auf einen gemeinsamen Weg, auf ein Ziel verständigen können. Doch schon daran scheitert die Ampelseilschaft. Denn auf der einen Seite gibt es einen grünen Gipfelplan; dem möchte der Wirtschaftsminister folgen. Aber er hat riesige Hindernisse; denn der vermeintliche Aufstiegsplan kostet 40 Milliarden Euro pro Jahr – Geld, das nicht vorhanden ist. Das sieht offenbar auch das Finanzministerium mittlerweile so. Darum favorisiert der Finanzminister einen anderen Gipfel, einen gelben Gipfel. Dieser wäre sehr viel besser zu erreichen; denn der Aufstiegsplan des Finanzministers enthält sinnvolle Vorschläge. Das liegt auch daran, dass in diesem Plan viele Vorschläge aus unseren Anträgen wie zum Beispiel – jetzt nenne ich konkrete Maßnahmen – das Belastungsmoratorium oder die Stärkung von Anreizen zur Arbeitsaufnahme eins zu eins übernommen wurden.
Aber der gelbe Gipfel liegt eben genau auf der gegenüberliegenden Seite des grünen Gipfels. Also müsste auch hier die FDP wieder allein aufsteigen oder, besser, allein aussteigen. Nun wäre es eigentlich die Aufgabe des roten Bergführers, eine Entscheidung zu treffen, eine Entscheidung, ob man sich nun auf den grünen Weg oder auf den gelben Weg macht, ob man den Weg der staatlichen Feinsteuerung mit kreditfinanzierten Subventionen weitergeht oder ob man endlich den Weg der sozialen Marktwirtschaft einschlägt.
Und obwohl der planwirtschaftliche Plan eindeutig gescheitert ist, schlendert der Kanzler von Gipfelchen zu Gipfelchen, ohne wirklich voranzukommen.
Gerade der heutige Tag hat gezeigt, wie wichtig entschlossenes Handeln und Wirtschaftswachstum sind.
Die Analyse und die Vorschläge im Wirtschaftswendepapier des Finanzministers sind richtig. Aber die Ampel hat so viel Vertrauen verspielt, dass ihrem Weg niemand mehr folgen wird. Deswegen: Beenden Sie dieses Spektakel! Sorgen Sie dafür, dass es Neuwahlen gibt! Jeder Tag früher ist ein guter Tag für Deutschland.
Danke.