Stephan Mayer im Interview mit dem Bayernkurier
Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Stephan Mayer, plädiert im Bayernkurier für eine umfassende Überprüfung aller Flüchtlinge und Asylbewerber. In Ausnahmesituationen soll die Bundeswehr auch im Inland zum Einsatz kommen.
Die jüngsten Anschläge haben die Bevölkerung stark verunsichert. Die Zustimmung zur Flüchtlingspolitik schwindet täglich, der Ruf nach mehr Sicherheit wird immer lauter. Wie reagiert die CSU-Landesgruppe auf diese Lage?
Für uns ist klar, dass die Aufnahme von Schutzbedürftigen nicht zulasten der Sicherheit der heimischen Bevölkerung in unserem Land gehen darf. Gerade auch wir, die CSU-Abgeordneten in Berlin, setzen uns vehement für eine Rückkehr zum geordneten Verfahren und von der illegalen Einreise zur gesteuerten und legalen Zuwanderung in unser Land ein. Wenn es in der Koalition um eine leichtere Ausweisung straffällig gewordener Ausländer oder die Beseitigung von falschen Anreizen geht, sind wir es, die die Sicherheit der Bevölkerung und ihre Aufnahmebereitschaft fest im Blick haben. Zudem haben wir zahlreiche Änderungen auf den Weg gebracht, um die Sicherheit in Deutschland weiter zu erhöhen und unser Land vor terroristischen Angriffen zu schützen. Etwa ein niedrigeres Mindestalter bei der Datenspeicherung von terrorverdächtigen Minderjährigen oder ein verbesserter Informationsaustausch zwischen den Nachrichtendiensten in Europa.
Stephan Mayer: "In extremen Terrorlagen muss die Bundeswehr die Polizei auch unterstützen dürfen."
Die SPD hat der Union zuletzt vorgeworfen, bei der Sicherheit gespart zu haben, vor allem bei der Bundespolizei. Die Sozialdemokraten reklamieren für sich, im letzten Jahr 3000 Stellen bei der Bundespolizei durchgesetzt zu haben. Sie haben das zurückgewiesen.
Die Diskussion um die Bundespolizei ist doch ein durchsichtiges Manöver der SPD, um von ihrer unklaren Haltung zum Einsatz der Bundeswehr im Innern abzulenken. Dabei brauchen wir beides: In extremen Terrorlagen muss die Bundeswehr die Polizei auch unterstützen dürfen. Und die Polizei muss mit entsprechendem Personal und Ausstattung auf solche Lagen reagieren können. Für die Bundespolizei haben wir unsere Hausaufgaben gemacht, nicht zuletzt mit Aufstellung der robusten Einheit BFE+. Die Sicherheitsbehörden des Bundes – Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Bundesamt für Verfassungsschutz – haben wir konsequent gestärkt. Insgesamt werden wir dort in dieser Wahlperiode mehr als 4 600 neue Stellen schaffen. Hinzu kommen weitere 1 000 Stellen für die Bundespolizei im Jahr 2018, die bereits vereinbart sind. Darüber hinaus werden die Sicherheitsbehörden auch durch ein Sicherheitspaket mit Sachmitteln von insgesamt 630 Millionen Euro bis 2020 zusätzlich gestärkt. Und ich glaube wir sind uns einig, dass gerade neben der bayerischen Polizei auch die Bundespolizei in der Flüchtlingskrise bereits Erhebliches geleistet hat.
Plötzlich fordern sogar die Grünen mehr Polizeibeamte, schnellere Abschiebungen und härtere Gesetze für kriminelle Asylbewerber. Gleichzeitig blockieren sie weiter wichtige Gesetze zur Entlastung oder Stärkung der Sicherheitsbehörden etwa bei der Video-, Internet- und Handyüberwachung. Wie bewerten Sie das?
Einige bei den Grünen scheinen langsam in der Realität anzukommen. Es sind leider immer zu wenig. Bezeichnend ist, dass gerade die Grünen, die Regierungsverantwortung tragen, sich auf die Positionen der Union zubewegen, diese zum Teil sogar übernehmen. Aber man sollte sich nicht täuschen lassen. Die übergroße Mehrheit der Grünen verfolgt immer noch ihre stark ideologisch geprägte Politik und lehnt die Polizei und Nachrichtendienste immer noch ab.
Offenbar haben Teile der Grünen den Ansatz der sicheren Herkunftsstaaten immer noch nicht verstanden.
Die Einstufung der Maghreb-Länder als sichere Herkunftsländer scheiterte im Bundesrat an den Grünen. Ist hier eine Einigung in Sicht?
So weit sind wir noch nicht, die Abstimmung im Bundesrat steht ja noch aus. Ich kann hier nur noch einmal an den Realitätssinn und die Vernunft der Grünen appellieren: Wer aus einem sicheren Herkunftsstaat kommt, hat nach wie vor ausreichend die Gelegenheit, seine Schutzwürdigkeit darzulegen. Es gibt zwar verkürzte Fristen, aber diese sind auch geboten und angemessen. In den Maghrebstaaten gibt es fast keine asylrelevante Verfolgung, was bereits die niedrige Schutzquote für die Staatsangehörigen aus diesen Staaten zeigt. Mit der Einstufung dieser Staaten als sicher können wir die vielen, die keinen Schutz verdienen, wieder schneller außer Landes bringen. Gerade vor dem Hintergrund, dass viele Nordafrikaner überproportional häufig Straftaten begehen, schützen wir damit zudem auch unsere Bevölkerung und sich rechtstreu und schutzbedürftigen Flüchtlinge. Offenbar haben Teile der Grünen den Ansatz der sicheren Herkunftsstaaten immer noch nicht verstanden. Oder sie bezwecken gerade aufwändige Asylverfahren und einen langen Aufenthalt für jeden, der nach Deutschland kommt, egal ob er Schutz verdient oder nicht.
Beim Amoklauf in München mussten die in Alarmbereitschaft versetzten Feldjäger nicht eingreifen. Sollte man sich dennoch den Einsatz der Bundeswehr offen halten – etwa bei gleichzeitigen Terroranschlägen an mehreren Orten?
Eindeutig ja! Natürlich ist es immer erst einmal Aufgabe der Polizei, Gefahrensituationen im Inland zu entschärfen. Das soll auch so bleiben. Aber wenn in einem extremen Ausnahmefall, etwa bei einer Terrorlage wie der von Ihnen geschilderten, die Polizei die Hilfe der Bundeswehr mit ihren spezifischen Fähigkeiten benötigt, muss sie diese auch in Anspruch nehmen können. Rechtlich ist das möglich. Das ist vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Luftsicherheitsgesetz noch einmal bestätigt worden. Es geht jetzt darum, entsprechende Szenarien zu üben, damit in der Ausnahmesituation solche Gefahren so rasch wie möglich beseitigt werden können. Angesichts der terroristischen Bedrohungen müssen wir Instrumente und Organe der inneren und äußeren Sicherheit insgesamt besser miteinander verzahnen.
Wir müssen in der Tat genau hinschauen, wer da zu uns kommt – und wer bereits zu uns gekommen ist.
Eine ungeklärte Zahl von Flüchtlingen lebt unter falschem Namen oder an unbekannten Orten in unserem Land. Sollte man nicht alle Neuankömmlinge und Asylbewerber noch einmal genauer überprüfen?
Wir müssen in der Tat genau hinschauen, wer da zu uns kommt – und wer bereits zu uns gekommen ist. Die flächendeckende Registrierung des BAMF, die bis zum Herbst abgeschlossen sein soll, ist ein erster Schritt. Meiner Meinung nach sollten aber zusätzlich alle über 16 Jährigen, die nach Deutschland gekommen sind oder noch kommen, einer Sicherheitsbefragung unterzogen werden. Dabei sollten auch Mitarbeiter der Nachrichtendienste zugegen sein. Wir brauchen diese Kenntnisse, um mögliche Islamisten zu identifizieren und Schlepperstrukturen aufzudecken.
Sollten zur Herkunfts-, Namens- und Altersklärung auch Handydaten herangezogen werden?
Ja, im Rahmen dieser Überprüfung sollte auch ein Blick auf die Mobilfunkgeräte geworfen werden. Für viele ist es das zentrale Mittel zur Kommunikation. Die gespeicherten Kontakte und Bilder auf den Geräten können helfen, sicherheitsrelevante Informationen zu erlangen. Sie können auch wichtige Erkenntnisse für das Asylverfahren bringen, etwa zur Klärung der Identität und Herkunft von Asylsuchenden. Es ist ja merkwürdig, dass viele der zu uns kommenden zwar ihren Pass verloren haben, die Mobilfunkgeräte gehen aber so gut wie nie verloren. Diese Informationsquelle müssen wir nutzen,
Die Grünen müssen endlich über ihren Schatten springen und der Einstufung der Maghreb-Länder als sichere Herkunftsländer zustimmen.
Wie soll man künftig abgelehnte Asylbewerber schneller abschieben? Irgendein Abschiebehindernis findet sich ja offenbar immer: Krankheit, fehlende Dokumente, ungeklärte Herkunft. Selbst Kriminelle und Terrorverdächtige dürfen wir nicht abschieben, wenn ihnen in der Heimat Folter oder Todesstrafe drohen. Gehört hier nicht das Asylrecht als Ganzes auf den Prüfstand?
Moment! Wir dürfen das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Richtig ist, dass Abschiebungen viel zu häufig scheitern – auch wenn die Zahlen zuletzt gestiegen sind. Deswegen aber das Asylrecht als solches in Frage zu stellen, halte ich für falsch. Wir reden hier über ein Grundrecht. Nein, wir müssen schauen: Wo sind rechtliche oder faktische Hindernisse, die wir noch beseitigen können. Mit dem Asylpaket II haben wir schon einige rechtliche Hürden deutlich gesenkt. Der Bundesinnenminister plant jetzt zusammen mit den Ländern ein Schnellverfahren für straffällige Ausreisepflichtige und ausländische Gefährder. Das ist der richtige Weg. Und im Übrigen müssen die Grünen endlich über ihren Schatten springen und der Einstufung der Maghreb-Länder als sichere Herkunftsländer zustimmen. Zudem sind die Abschiebungen eine Aufgabe der Länder und hier fällt auf, dass insbesondere rot-grün regierte Länder dieser nur sehr schwach nachkommen.
Unter den in Deutschland lebenden Türken sind Erdogans Getreue in der Mehrheit, wie zuletzt der Kölner Aufmarsch gezeigt hat. Innertürkischen Konflikte werden zunehmend auch bei uns ausgetragen. Glauben Sie, dass wir eine so große Zahl von Türken wirklich bei uns integrieren können?
Wir haben klare Regeln für unser Zusammenleben in Deutschland. Viele hier lebende Türken und türkischstämmige Deutsche achten diese Regeln. Aber denen, die das nicht tun, müssen wir eindeutig sagen: Beleidigungen, Drohungen, ja Gewalt werden Konsequenzen haben. Bei Ausländern kann das je nach Schwere der Straftat sogar zur Abschiebung führen. Ich sehe hier im Übrigen auch die gut integrierten Türken und Türkischstämmigen in der Pflicht, im Sinne eines konfliktfreien Zusammenlebens auf die radikaleren Kräfte einzuwirken.
Unsere Sicherheitsbehörden überwachen die islamistische Szene intensiv, bewerten aufmerksam die Entwicklung und tauschen sich dazu im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum aus.
90 Moscheen in Deutschland werden vom Verfassungsschutz beobachtet. Wird es nicht Zeit, härter gegen Salafisten und andere Islamisten vorzugehen?
Wir sind hier rechtlich bereits gut aufgestellt. Der Bundesminister des Innern und einige Länder haben bereits entsprechende Verbote salafistischer Vereine erlassen und durchgesetzt, zahlreiche Strafverfahren sind beim Generalbundesanwalt und in den Ländern anhängig. Unsere Sicherheitsbehörden überwachen die islamistische Szene intensiv, bewerten aufmerksam die Entwicklung und tauschen sich dazu im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum aus. Hierfür ist es allerdings notwendig, dass sie die salafistische Szene umfassend aufklären, insbesondere durch Verdeckte Ermittler und eine Überwachung ihrer Kommunikation. Wir sollten ihnen also weiterhin den Rücken stärken und nicht, wie es die Linken und Teile der Grünen tun, überall gleich den totalen Überwachungsstaat sehen.
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