Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Michael Kießling in der Bundestagsdebatte zu Maßnahmen für bezahlbares Bauen und Wohnen, 22.3.2024:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! 

In der Baukrise versagt momentan die aktuelle Bundesregierung. Es ist zwar schön, Frau Ministerin, dass Sie heute mal den Begriff „Rendite“ in Verbindung mit dem Bau in den Mund nehmen. Es ist auch in Ihrer Koalition nicht immer selbstverständlich, dass man damit auch Geld verdienen können muss, dass sich Bauen und Wohnraumschaffen wieder lohnen müssen. Sie sind Champions League im Bereich der Situationsbeschreibung, Sie sind meisterhaft in der Ankündigung; aber Sie sind in der Umsetzung nicht mal C-Klassenfähig, meine Damen und Herren.

Wir haben einen dramatischen Einbruch bei den Baugenehmigungen, und zwar überproportional gegenüber dem europäischen Durchschnitt – das haben wir heute schon gehört –: Weniger als 17.000 Baugenehmigungen, das sind deutlich weniger als im Januar 2022. Der Trend setzt sich fort.
Ich kann auch nicht fassen, was Jan-Marco Luczak heute angesprochen hat: die Aussage des Kanzlers beim Zentralverband des Deutschen Baugewerbes. Er sagte: Der Wohnungsbau stabilisiert sich. – Entweder ist es ignorant, oder der Kanzler betrachtet eine Stabilisierung auf einem inakzeptablen, niedrigen Niveau als Erfolg, den er als solchen verkaufen will.

Herr Daldrup, Sie haben den europäischen Vergleich eingebracht. Ja, in Europa sind die Zahlen nach unten gegangen. In Deutschland sind die Baukosten, die Gestehungskosten massiv nach oben gegangen. Wir sind die Teuersten in Europa mit – ich habe es mir aufgeschrieben – 5.150 Euro Gestehungskosten.
Zum Vergleich: In Österreich betragen die Gestehungskosten 3.030 Euro.

Meine Damen und Herren, dieses Problem ist hausgemacht; darum müssen wir handeln. Dass die Zinsen schuld sind, dass die Materialkosten schuld sind, dass die Baukosten zu hoch sind, ist nur ein Teil der Wahrheit. Der andere Teil der Wahrheit ist Ihre Politik, und zwar die Überregulierung durch Ihre Politik. Sie setzen nämlich zu hohe energetische Standards. Wir haben explodierende Strompreise – diese sind auch in der Bauproduktion wichtig – durch die Abschaltung der AKWs und erhöhte Transportkosten durch Ihre Mauterhöhung, was natürlich auch den Bau belastet, meine Damen und Herren.
Das sind Ursachen, die auf Sie zurückgehen. Das können Sie als Regierung, als Koalition mit Ihrer Mehrheit sofort wieder ändern. Das hat auch direkte Auswirkungen auf das Bauen.

Der Wohngipfel ist ein halbes Jahr her. Wo bleibt die Umsetzung? Wo bleibt der § 246e des Baugesetzbuchs? Die Einführung scheitert an den Grünen. Wo bleibt der Gebäudetyp E? Sie wollten keinen Termin nennen, wann er kommen soll. Wo bleibt die großangekündigte Baugesetzbuchnovelle, infolge derer wieder gebaut wird? Wo bleiben die Förderprogramme wie „Jung kauft Alt“? Es wurde angekündigt und soll Mitte des Jahres kommen. „Gewerbe zu Wohnraum“: tolle Idee, steckt in der Konzeptionsphase. Was ist mit der TA Lärm? Darüber diskutieren wir schon lang. Es kommt nichts. Besorgniserregender ist Ihre Prognose zur klimafreundlichen Neubauförderung, dass die Mittel vielleicht bis zum Jahresende nicht ausreichen werden. Mittelaufstockung: eher unwahrscheinlich. Wo bleibt die Planbarkeit, wo bleibt die Verlässlichkeit, meine Damen und Herren? Sorgen Sie dafür, dass es zu keiner Mehrbelastung kommt!

Lieber Herr Daldrup, es ist eine Mär, dass unsere Kommissionspräsidentin an der Verschärfung im Zusammenhang mit der Umsetzung der Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie schuld sei. Welche Kommissare haben denn letztendlich die Verantwortung getragen? Es waren Herr Timmermans und die linksliberale Simson.

Wer in der Bundesregierung hat sich dafür eingesetzt, dass weiter verschärft wird? Das war Minister Habeck. Und wer hat im Parlament entsprechend zu der Erhöhung beigetragen? Das war die links-grüne Mehrheit im Europäischen Parlament, meine Damen und Herren.

Es ist Ihnen sicherlich bewusst, dass es 27 Kommissare gibt, wovon nur 8 von der EVP sind, und dass die Mehrheit beschließt. Also kann diese Mär, dass nur unsere Präsidentin schuld sei, nicht sein.

Um wieder zum Bauen zu kommen: Wir brauchen steuerliche Anreize, wir müssen Standards nivellieren, und wir brauchen verlässliche Wohnungsförderangebote, sodass wir den Wohnungsbau ankurbeln, den Kapazitätsabbau stoppen und bezahlbare Mieten und Eigentumserwerb wieder ermöglichen.
 

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