Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Mechthilde Wittmann in der Bundestagsdebatte zur Aktuellen Stunde der CDU/CSU-Fraktion zum Verkauf der Commerzbank-Anteile des Bundes, 25.09.2024.

Herr Präsident! Herr Bundesminister der Finanzen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 

Zu Beginn des Jahres 2009 haben wir mit der damaligen Bundesregierung beschlossen, die in schwere Schieflage geratene Commerzbank zu unterstützen. Wir haben 25 Prozent der Aktien plus eine Aktie ins Portfolio aufgenommen. Wir haben dies getan, weil uns bewusst war: Es handelt sich um eine systemrelevante Bank für den Banken- und Kapitalmarkt Deutschlands, und zwar auch damals schon, im europäischen Verbund, systemrelevant für die Mittelstandsfinanzierung mit einem Anteil über 40 Prozent. Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Mittelstand ist es, der diese Bundesrepublik und unsere Wirtschaft stützt, der immer dann, wenn wir ins Wanken geraten, im Regelfall unser Grundpfeiler ist, damit wir aufbauen können bei Arbeitsplätzen, bei Einnahmen etc. Aber es hat auch die Exportfinanzierung betroffen. Deswegen wussten wir: Es ist die richtige Strategie, die Commerzbank zu unterstützen.

Im Übrigen haben wir das mit dem Blick darauf getan, dass erst vier Jahre zuvor die UniCredit die HypoVereinsbank übernommen hatte, und wir gesehen haben, was das Management der UniCredit mit der HypoVereinsbank gemacht hat. Es hat das Management in Deutschland ausgetauscht, alle tatsächlich relevanten Entscheidungen sind von Mailand aus getroffen worden, und es sind zwei Drittel der Stellen abgebaut worden.

Nunmehr stehen wir vor der Situation, dass das Management der Commerzbank in einer, ich darf sagen, Schweiß- und Tränenaktion diese Bank wieder auf einen prosperierenden Kurs gebracht hat. Wir hatten die höchsten Gewinne im letzten Bilanzjahr zu verzeichnen, und dennoch hat die Bundesregierung beschlossen, dass sie in diesem Herbst aus der Commerzbank aussteigen möchte. Auf diese Idee kann man kommen, aber es zeigt auch: Anscheinend glaubt die Bundesregierung nicht an die weitere Prosperierung. Und sie hat beschlossen, dass sie dies tun will, indem sie ausgerechnet J. P. Morgan mit einem Verfahren beauftragt, in dem die Aktien möglichst breit gestreut werden sollten, weil es gerade kein Konzept war, an einen einzigen Investor zu verkaufen.

Meine Damen und Herren, J. P. Morgan ist die Hausbank der UniCredit. J. P. Morgan hat im vergangenen Juli mitgeteilt, sie wollten sich nunmehr am Standort München exponieren, am Standort München, wo der bisherige Sitz der UniCredit ist. Was genau können wir daraus schließen, was es für ein Ansinnen gibt? Wir wissen, dass Andrea Orcel, der Chef der UniCredit, bereits hat verlautbaren lassen: Sollte es ihm gelingen, die Commerzbank zu übernehmen, wird er den Standort München schließen, den Standort Frankfurt zu einer Filiale erklären und sämtliche relevanten Entscheidungen, wie schon damals, nach Mailand ziehen. Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, kann man es getrost als ein Desaster für den Bankenmarkt Deutschland bezeichnen, was am 11. September hier passiert ist.

Es war jedem in diesem Land, der sich mit der Materie befasst, bewusst, dass Andrea Orcel seit langer Zeit vorhat, die Commerzbank zu übernehmen.

Damit war der Verkauf der 4,5-Prozent-Anteile des Bundes ein Kick-off für ihn, um an Anteile zu kommen. Er hat sich als gewiefter Investmentbanker vorbereitet, indem er sich über sogenannte Total Return Swaps und andere Derivate bereits weitere Anteile gesichert hat, sodass er nunmehr an einem Punkt steht, wo er tatsächlich mitbestimmen kann, wie es weitergeht, wenn wir uns nicht – und zwar alle – mit aller Kraft dagegenstemmen, dass diese für Deutschland, für den rein deutschen Markt letzte systemrelevante Bank nach Italien verschwindet.

Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, kann ich nur sagen: Ein gewiefter Investmentbanker, der genau das tut, was seine Aufgabe ist – das zu tun, was seine Eigentümer erwarten: den Gewinn zu maximieren –, ist auf eine vollkommen dilettantische Bundesregierung getroffen, die keine Ahnung hat, was sie tut, die offenkundig in dem gesamten Verfahren die Falschen beauftragt hat – denn auch Goldman Sachs, die mitbeauftragt worden waren, mussten sofort aufgrund von Konflikten zurückziehen – und die vor allen Dingen offenbar keinerlei Bedingungen formuliert hat, damit das wahr wird, was sie wollte, nämlich diesen Besitz möglichst breit aufzuteilen. Diese Chance hat Orcel genutzt – das kann man ihm nicht verdenken – und sich dieses Paket genommen, das wir auf diese Art und Weise verloren haben – anders können wir es nicht sagen –, ohne wenigstens einen sogenannten Paketaufschlag für dieses Aktienpaket zu bekommen. Damit hat die Bundesregierung nicht nur der Bank höchsten Schaden zugefügt, dem Bankenplatz Deutschland höchsten Schaden zugefügt, sondern auch auf mindestens 100 Millionen Euro beim Erlös verzichtet. So geht man mit unseren Geldern um!

Eigentlich hätte Bundeskanzler Scholz seinen Flug von New York nach Rom umbuchen müssen. Es muss ein Gespräch stattfinden. Sie müssen mit vereinten Kräften nicht nur sagen: Das ist eine unschöne Sache und nicht angemessen. – Es ist auch keine Stilfrage. Hier geht es um Business; hier geht es um Profis. Denen müssen Sie endlich einmal Profis entgegenhalten.
Deswegen fordere ich Sie auf: Kommen Sie ins Machen, und schützen Sie den Bankenplatz, halten Sie die Commerzbank bei uns in Deutschland!
 

Druckversion