CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt ruft dazu auf, kämpferischer mit der SPD umzugehen. Denn Olaf Scholz geht es um einen historischen Tabubruch.
Herr Dobrindt, hätten sie je gedacht, dass sich die Union bei dieser Wahl mit der Frage beschäftigen muss, ob sie die 20-Prozent packt?
Mit diesem Gedanken kann und will ich mich nicht anfreunden. Unser Maßstab liegt klar oberhalb der 30 Prozent. Die CDU hat den Anspruch, das Kanzleramt zu erreichen. Das geht nur mit einem Ergebnis 30 plus. Alles andere führt dazu, dass ein Bündnis aus SPD, Grünen und den Kommunisten von der Linken eine Mehrheit im Bundestag hat. Die Linkspartei hat den Speck für ein solches Bündnis bereits ausgelegt. Scholz ist bereitwillig in die linke Falle getappt.
Sie sagen, den Anspruch auf das Kanzleramt könne man nur mit einem Ergebnis über 30 Prozent erheben. Geht es da auch um einen politischen und nicht nur um einen rechnerischen Anspruch?
Eine Union, die vorne liegt, kann und muss immer den Anspruch auf das Kanzleramt erheben. Rechnerisch aber wird dies mit deutlich unter 30 Prozent schwer sein, weil der linke Teil des Parlaments dann eine Option für eine Mehrheit hat und diese auch nutzen wird. Deshalb braucht die CDU neben einer Mannschaft auch mehr Mut und Mobilisierung. Sie muss den festen Willen haben und es auch zeigen, das Kanzleramt erreichen zu wollen. Ihr Anspruch auf das Kanzleramt war doch das Argument der CDU gegen Markus Söder. Deshalb ist es zwingend, das Kanzleramt mit Armin Laschet nun zu erringen.
Auch die CSU in Bayern schwächelt enorm. Hier sind die 30 Prozent in Gefahr. Können Sie das allein auf den Bundestrend schieben?
Natürlich gibt es den Bundestrend auch in Bayern. In Jahren, in denen die CSU nicht den Kanzlerkandidaten gestellt hat, liegen wir in der Regel sechs bis acht Prozent über dem Unionsergebnis. Insofern sind für uns bei den aktuellen Umfragen auch die 30 Prozent nicht automatisch gesetzt.
Was muss denn passieren, damit der Trend zugunsten der SPD sich noch ändert?
Es braucht dringend mehr Mut zur Auseinandersetzung und zum Konflikt mit dem politischen Gegner, mehr Mut für Kontraste, Kontroverse und klare Kante. Olaf Scholz ist doch ein Illusionist. Er verschleiert das Programm hinter seiner Person. Mit Saskia Esken und Kevin Kühnert verstecken sich hinter Scholz die Enteigner, die Steuererhöher und Schuldenmacher.
Diese Personen werden doch nicht versteckt. Sie geben Interviews, sind in Talkshows. Die sitzen ja nicht geknebelt im Keller.
Sie haben aber Kreide gefressen und tarnen ihre wahren Interessen. Noch offensichtlicher ist, dass die Linkspartei sich auf eine Koalition mit SPD und Grünen bereits vorbereitet. Die Linken-Chefin Susanne Henning-Welsow hat deutlich gemacht: Wenn nicht jetzt, wann dann? Ich kann da nur antworten: Jetzt erst Recht gegen Sozialisten und Beteiligung von Kommunisten in einer Bundesregierung. Das muss das Motto der Unionsparteien sein.
Manche glauben, Scholz will gar nicht mit der Linken regieren, nehmen Sie ihm das ab?
Zwischen der SPD und der Linken werden doch längst Gespräche geführt. Die Linke hat doch gerade eine anbiedernde Bewerbungsrede im Deutschen Bundestag gehalten. Die von Scholz aufgestellte Bedingung ist keine Mauer gegen, sondern eine Brücke für die Linken. Es ist ein Leichtes für die Linke zu sagen, dass sie für die kommende Wahlperiode die Nato noch nicht infrage stellt. Olaf Scholz geht es nicht um die bequemste Form der Kanzlerschaft. Olaf Scholz geht es darum, historisch für die SPD etwas zu erreichen, es geht um einen Tabubruch, um einen Schulterschluss des linken Lagers. Die Koalitionsfähigkeit des linken Lagers herzustellen, das ist seine historische Mission. Er will die Fehler von Lafontaine und Schröder korrigieren. Scholz ist dafür offensichtlich bereit, eine rückwärtsgewandte und wohlstandsgefährdende Politik zu betreiben.
Armin Laschet hat nun eine Reihe von zumeist unbekannten Persönlichkeiten präsentiert. Hilft das?
Ein Wahlkampf braucht die drei Ms.: Mannschaft, Mut und Mobilisierung. Entscheidend ist jetzt, den Trend zu brechen und neue Fantasie zu entzünden.
Welche Erzählung kann der Union noch helfen?
Ich werbe dafür, das Thema Souveränität stärker ins Zentrum dieses Wahlkampfs zu stellen. Deutschland und Europa brauchen eine klare Agenda der Souveränität: wirtschaftlich stark und nicht einseitig abhängig von einer einzigen Region der Welt, sicherheitspolitisch wehrhaft und gesellschaftlich mit einer Mitte, die im Zentrum der Politik steht. Die USA investieren zur Stärkung strategischer Branchen. Daran müssen sich Deutschland und Europa ein Beispiel nehmen und mit massiven Investitionen dafür sorgen, dass Produktionen in strategisch wichtigen Bereichen wie Computerchips und Pharma wieder bei uns heimisch werden. SPD, Grüne und Linke jedenfalls schaffen nur neue Abhängigkeiten durch die Vergemeinschaftung von Schulden in Europa und durch das Schaffen einer europäischen Schuldenunion.
Gerade bei dieser Erzählung könnte Angela Merkel helfen. Wie wichtig war es, dass sie im Bundestag ihre Zurückhaltung aufgegeben hat und für Laschet geworben hat?
Angela Merkel hat sich im Bundestag sehr klar von Olaf Scholz abgegrenzt. Sie hat deutlich gemacht: Eine Politik der Mitte mit Stabilität und Verlässlichkeit gibt es nur in einer unionsgeführten Bundesregierung mit einem Bundeskanzler Armin Laschet. Das ist ein starkes Signal. Angela Merkel hat außerdem mehrfach betont, was sie davon hält, wenn eine Koalition mit der Nachfolgepartei der SED in Deutschland angestrebt wird. Ich habe den Zuruf Merkels zu den Vorstellungen von Olaf Scholz als sehr wohltuend empfunden.
Olaf Scholz hat sich in die Traditionslinie der Kanzlerin gestellt. Und profitiert davon. Armin Laschet galt einmal als Merkel 2.0. Warum kann er die Rolle nicht mehr ausfüllen?
Armin Laschet muss keine Merkel 2.0 sein. Das wäre auch nicht der richtige Weg. Jeder Kanzler in Deutschland hat seine spezifischen Herausforderungen zu bestehen und sein eigenes Programm. Deutschland hat immer starke Kanzler und eine starke Kanzlerin erlebt. Das geht aber nicht als Kopie oder Fortsetzung, sondern nur aus eigenem Profil heraus.
Laschet hat Scholz aufgefordert, ebenfalls ein Team vorzustellen. Warum sollte Scholz das tun? In der SPD gibt es anders als in der Union eine ähnliche Forderung nicht.
Olaf Scholz hat offensichtlich Bedenken, ein Team zu präsentieren. Er weiß, dass er die Linken besonders berücksichtigen müsste. Damit würde die Dominanz der linken Programminhalte wie Steuererhöhungen, neue Schulden bis hin zu Enteignungen klar erkennbar. Davor scheut er offensichtlich zurück.
Sie kennen Scholz gut. Wie wäre es mit einer großen Koalition unter SPD-Führung?
Der Anspruch der Union muss sein, das Kanzleramt zu erreichen. Einen anderen Anspruch darf es nicht geben. Wenn wir hier wanken, haben wir schon verloren. Jetzt gilt es, unsere Wählergruppen zu mobilisieren. Das geht mit dem Enttarnen und Aufdecken der linken Mission von Olaf Scholz.
Welche Koalition favorisieren Sie denn?
Nach aktuellen Umfragen würde die Deutschlandkoalition aus Union, SPD und FDP von vielen Wählern bevorzugt. Ich kann dem sehr viel abgewinnen. Nicht nur, weil diese Option ohne die Grünen auskommt. Sondern auch, weil ich so einer Koalition zutrauen würde, die Herausforderungen in Deutschland und der Welt am besten anzunehmen. Eine Deutschland-Koalition hätte einen klaren Fokus auf Stabilität und wirtschaftlichen Erfolg, auf Fortschritt und sozialen Ausgleich.
Derzeit sieht es aber so aus, dass eine solche Koalition von der SPD geführt würde.
Deswegen jetzt den Trend brechen und das Triell gewinnen.
Was sind die Krongüter der Union bei Verhandlungen egal mit wem?
Für uns stehen Entlastungen im Vordergrund. Entlastungen der Mitte der Gesellschaft, der Familien, der Alleinerziehenden und des Mittelstands. SPD, Grüne und Linke wollen das Ehegattensplitting abschaffen, das bedeutet Steuererhöhungen für Millionen von Familien. Wir wollen das Ehegattensplitting erhalten und künftig Kinder in einem Kindersplitting positiv berücksichtigen. Wir wollen Alleinerziehende mit 5.000 Euro jährlich bei der Steuer entlasten. Wir wollen die Mütterrente vollenden und für Gerechtigkeit aller Mütter in der Rente sorgen.
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