Redeauszug der Bundestagsabgeordneten Andrea Lindholz in der Bundestagsdebatte zum Tag des Grundgesetzes am 23. Mai als Gedenktag am 24.5.2023.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärte am 23. Mai letzten Jahres, dass wir uns in Deutschland doch zumindest auf einen Patriotismus sollten einigen können, und zwar den Verfassungspatriotismus; denn mit dem Grundgesetz hätten wir eine Verfassung, für die wir dankbar sein können, auf die wir stolz sein können. Er gratulierte dem Grundgesetz in einem anderthalbminütigen Videostatement zum Geburtstag. Eineinhalb Minuten werden in der „Tagesschau“ übrigens auch benötigt, um die Lottozahlen zu verlesen.
Und wie sah jetzt in diesem Jahr die feierliche Würdigung des Fundamentes unserer Demokratie und des Garanten unserer Grundrechte aus? Der gestrige Festakt zum Tag des Grundgesetzes wurde erstmals durch die Bundeszentrale für politische Bildung in dem von Bertolt Brecht gegründeten Berliner Theater organisiert. Bundesinnenministerin Faeser hielt ein Grußwort, und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nahm an einem Bühnengespräch zum Thema „Unser Engagement für eine vielfältige Gesellschaft“ teil.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, jeder Staat braucht politische Symbole, und er braucht Rituale, die den Bürgerinnen und Bürgern Identifikationsmöglichkeiten bieten und auch ein Zusammengehörigkeitsgefühl stiften.
Es hat sich bereits in den letzten Jahren gezeigt, dass die Formate zum 23. Mai, wie etwa Kaffeetafeln im Schloss Bellevue, kaum öffentliches Interesse hervorgerufen haben und damit diesem Verfassungsjubiläum auch nicht angemessen sind.
Tag des Grundgesetzes als Gedenktag
Wir wollen deshalb den Tag des Grundgesetzes als Gedenktag mit einer Großveranstaltung aller deutschen Verfassungsorgane aufwerten. Wir wollen mit einem Bundesprogramm „Patriotismus“ dazu beitragen, dass die Berliner Republik ihre gebührende Form der Repräsentation unseres Staates findet.
Wie dringend das notwendig ist, zeigte auch kürzlich erst der Besuch von König Charles III. hier in Berlin. Die „Berliner Zeitung“ listete minutiös alle Peinlichkeiten auf; denn protokollmäßig schien man hier bei uns nicht nur überfordert zu sein, sondern präsentierte man sich zudem, so zumindest die Autoren, wie ein Entwicklungsland. Das, meine Damen und Herren, dürfen wir so nicht weiter zulassen.
Mit unserem Antrag wollen wir daher auch eine weitere, grundlegende Debatte anstoßen.
Wollen wir Deutsche uns im 21. Jahrhundert selbst überhaupt noch als Nation verstehen?
An einer Antwort hierauf hat sich bereits 2010 der damalige Vorsitzende der Landtagsfraktion der Grünen in Schleswig-Holstein versucht. Wir erinnern uns: Es war Robert Habeck, der in seinem Buch „Patriotismus: Ein linkes Plädoyer“ behauptete – und zwar allen Ernstes –, dass die Deutschlandfahnen der Fußball-WM 2006 nicht etwa signalisiert haben, dass wir ein Volk sind, sondern dass wir Fans sind.
Er bekannte darin offen, dass er mit Deutschland eigentlich nichts anzufangen wisse, und er wisse es auch bis heute nicht. Sein progressives Weltbild gipfelte in der Aussage, es sei möglich, eine Art von Patriotismus zu entwickeln, der letztendlich Deutschland gar nicht brauche.
Der Versuch Habecks, damit den deutschen Linken den Patriotismus schmackhaft zu machen, und die Politik des jetzigen Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck sind leider in sich auch noch stimmig.
Sie gehen nämlich völlig an der Realität in unserem Land vorbei.
Grundgesetz und Patriotismus entfalten starke Potenziale zum Wohl von Staat und Gesellschaft
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist der Auffassung, dass Grundgesetz und Patriotismus in der Zeitenwende starke Potenziale zum Wohl von Staat und Gesellschaft entfalten können. Wir wollen, dass der Reichstag als parlamentarisches Zentrum patriotischer Selbstvergewisserung gestärkt wird. Hierher gehören Portraits bedeutender Parlamentarier und Bilder der deutschen Nationalgeschichte, die auch zeigen, auf welchen Traditionen unsere heutige Demokratie beruht.
Das könnte insbesondere auch für die jungen Kolleginnen und Kollegen der Grünen sehr gut sein, wie wir gerade anlässlich eines Geschichtsquiz im ZDF eindrucksvoll belegt bekommen haben. Vielleicht weiß man danach auch, wer denn eigentlich Bismarck war.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Schriftsteller Romain Gary hat die Unterscheidung zwischen Patriotismus und Nationalismus – das wird ja oft diskutiert – ganz gut auf den Punkt gebracht: „Patriotismus ist Liebe zu den Seinen; Nationalismus ist Hass auf die anderen“. Deswegen wollen wir mit unserem Antrag Verfassung und Patriotismus als verbindendes Band stärken, und wir wollen den Tag des Grundgesetzes, den 23. Mai, als Gedenktag aufwerten.
Ich bitte Sie daher um Unterstützung für unseren Antrag.
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