Redeauszug de Bundestagsabgeordneten Andrea Lindholz in der Bundestagsdebatte zum Kommunalgipfel, Asyl- und Migrationspolitik, am 27.4.2023:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 

Unsere Kommunen befinden sich spätestens seit Herbst in einer erneuten schweren Migrationskrise. Allein in den vergangenen Monaten kamen fast 200 000 Asylbewerber nach Deutschland. Seit Beginn des Ukrainekrieges haben wir rund 1 Million ukrainische Flüchtlinge aufgenommen. Das war und das ist eine herausragende humanitäre Leistung unserer Kommunen. Ich möchte heute allen Verantwortlichen und allen Helfern vor Ort den größten Dank und Respekt aussprechen.

Gerade weil wir in Deutschland auch in Zukunft tatsächlich schutzbedürftigen Menschen helfen wollen, ist unser Antrag heute so wichtig; denn unsere Kommunen sind längst am Limit. Es fehlt an Wohnraum, an Kitaplätzen, an Ärzten und an vielem mehr. In dieser Lage hätten die Bürgermeister und Landräte in Deutschland eine Bundesregierung bitter nötig, die aus Respekt vor ihrer Leistung und der Lage vor Ort pragmatisch handelt.

Realitätsverweigerung und Respektlosigkeit 

Aber das Agieren der aktuellen Bundesregierung ist von zwei Dingen geprägt: von Realitätsverweigerung und Respektlosigkeit.

Ich gebe Ihnen drei Beispiele für die Realitätsverweigerung dieser Regierung: Im Oktober letzten Jahres bietet Frau Bundesinnenministerin Faeser den Ländern gerade einmal 4.000 weitere Unterbringungsplätze des Bundes an; in dieser Zeit kommen genauso viele Asylbewerber jede Woche nach Deutschland. Im November bestreitet Frau Faeser die große Migrationskrise in unserem Land. Und im Februar diesen Jahres behauptet sie, Flüchtlinge seien für den Wohnungsmarkt kein Problem. Wenn das keine Realitätsverweigerung ist!

Ich nenne Ihnen auch drei Beispiele für die Respektlosigkeit dieser Regierung:
Diese Regierung hat keinen Respekt vor den Ländern und Kommunen. Seit einem Dreivierteljahr wiegeln Bundeskanzler Scholz und Frau Faeser die Forderung der Kommunen nach mehr Geld und mehr Unterstützung ab.

Frau Faeser setzt im April noch eins obendrauf – das ist der Gipfel –: Sie kritisiert die Kommunen für ihre finanziellen Forderungen.

Diese Bundesregierung hat keinen Respekt vor den Verantwortlichen und den Helfern vor Ort.

Nach dem zweiten Flüchtlingsgipfel im Februar wurden vier Arbeitskreise eingesetzt, und die haben tatsächlich gearbeitet. Die haben nämlich Handlungsempfehlungen gegeben, wie man besser bei der Unterbringung und bei den Finanzen vorankommen kann. Sie haben klar eine Beschränkung der irregulären Migration und verstärkte Rückführungen gefordert. Dieser Bericht liegt seit einer Woche vor. Und was ist passiert? Zum einen nichts, und zum anderen hat dieser Bericht das Licht der Öffentlichkeit bis jetzt nicht erblickt.

Schließlich hat diese Bundesregierung auch keinen Respekt vor der Öffentlichkeit, und das betrifft besonders die SPD. Denn Frau Faeser und Vertreter der SPD behaupten doch allen Ernstes, aktuell kämen acht von zehn Migranten aus der Ukraine. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist schlicht und ergreifend falsch.

Wir haben das getan, was der Bundeskanzler und diese Regierung längst hätten tun müssen: Wir haben zu einem Kommunalgipfel Ende März hier nach Berlin eingeladen. Wir haben uns parteiübergreifend mit Vertreterinnen und Vertretern der Kommunen unterhalten. Wir haben mit ihnen über die Realität gesprochen. Und wir haben ihnen damit auch Respekt gezollt.

Aus diesem Treffen ist unser heutiger Antrag entstanden. Wir fordern ganz klar als kurzfristige Maßnahmen: eine stärkere Unterstützung der Kommunen bei den Finanzen, eine stärkere Unterstützung bei der Unterbringung, eine bessere Unterstützung des Ehrenamtes, eine rasche und spürbare Reduzierung der irregulären Migration. Wir fordern, endlich mehr sichere Herkunftsstaaten auszuweisen – als Stoppsignal, zum Beispiel an die Maghreb-Staaten. Wir fordern den sofortigen Stopp freiwilliger Aufnahmeprogramme, zum Beispiel des immer noch laufenden Aufnahmeprogramms Afghanistan.

Lageangepasste und punktuelle Grenzkontrollen nötig

Und wir fordern europäisch notifizierte, lageangepasste und punktuelle Grenzkontrollen an der deutschen Grenze.

Wir brauchen auch mittel- und langfristige Entlastungen. Dazu gehört das Gemeinsame Europäische Asylsystem, das auch Deutschland nützt. Und dazu gehört es, dass in der Europäischen Union die Sozialstandards für Asylbewerber endlich angeglichen werden und dass nur dort Leistungen bezogen werden, wo die Länder auch zuständig sind.

Ich will Ihnen noch etwas sagen, was die Kommunen uns parteiübergreifend ganz klar mitgegeben haben: Wir sollen an mancher Stelle zu Sachleistungen zurückkehren. Das empfehle ich uns an dieser Stelle ganz deutlich, auch wenn das manchmal mit Mehraufwand verbunden ist; auch das ist ein Signal in die Herkunftsländer.

Wir fordern, dass die Bundesregierung und vor allen Dingen die SPD endlich ihre Realitätsverweigerung und Respektlosigkeit ablegen und die Kommunen unterstützen. Sie alle haben die Möglichkeit, unserem Antrag heute zuzustimmen. Das wäre eine echte Unterstützung, auch für die Kommunen.

Vielen Dank.

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