Alexander Dobrindt fordert eine klare Migrationspolitik und mehr Sicherheit für Deutschland. In seiner Rede kritisiert er die aktuelle Vorgehensweise der Regierung und erinnert an vergangene Lösungen. Wie kann Deutschland diese Herausforderung gemeinsam bewältigen?
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Nach den bestialischen Morden an einem zweijährigen Kind und einem zu Hilfe eilenden 41-jährigen Familienvater in Aschaffenburg haben Sie, Herr Bundeskanzler, gesagt – wörtlich –: „Ich bin es leid, wenn sich alle paar Wochen solche Gewalttaten bei uns zutragen. … Es reicht nicht, zu reden.“ Heute, Herr Bundeskanzler, haben Sie wieder geredet, und zwar nicht über das, was Sie jetzt tun müssten, sondern darüber, was wir Ihrer Meinung nach nicht tun sollen. Herr Bundeskanzler, ich will Ihnen sagen: Ich bin es leid. Die Bürger sind es leid. Es ist das immer gleiche Ritual, das immer wiederkehrende Ritual bei schwersten Verbrechen: erst Betroffenheitsrhetorik, dann Warnung vor Reaktionen, dann Übergang zur Tagesordnung. Die Menschen in unserem Land sind es leid, und deswegen gehen wir nicht mehr über zur Tagesordnung. Herr Bundeskanzler, Sie haben das Wort „Zeitenwende“ geprägt. Aber Sie erkennen die Zeitenwende im eigenen Land nicht, wenn sie direkt vor Ihnen steht. Und dann reden Sie, Herr Klingbeil, hier über Tabubruch. Ich sage Ihnen: Es ist kein Tabubruch, das Richtige zu tun. Der Tabubruch ist, das Richtige zu erkennen und dennoch das Falsche zu tun, Herr Klingbeil. Das ist der Tabubruch.
Wir sind ein weltoffenes Land. Wir werden und wir wollen dieses weltoffene Land bleiben. Menschen, die sich hier integrieren, arbeiten und Teil dieser Gesellschaft sein wollen, sind willkommen. Aber gegen die, die genau das nicht wollen, muss sich eine Gesellschaft auch schützen können. Das erwarten übrigens die Menschen in unserem Land ohne Migrationshintergrund gleichermaßen wie die Menschen mit Migrationshintergrund. Sie alle wollen geschützt werden vor Gewalt, vor Terror, vor Sicherheitsverlust, vor Überforderung unseres Landes. Die Überforderung unserer Gesellschaft ist Teil des Alltagserlebens von vielen Menschen in unserem Land – sie ist Teil des Alltagserlebens. Man kann versuchen, das zu leugnen, Frau Göring-Eckardt, wie Sie es auch öffentlich getan haben; aber das treibt die Polarisierung unserer Gesellschaft immer weiter voran. Sie können auf Ihrem Parteitag, dem der Grünen, am Wochenende die Ausweitung der Migration durch ausgeweiteten Familiennachzug beschließen und damit weitere Pullfaktoren setzen. Sie können das alles tun; aber Sie treiben die Polarisierung unserer Gesellschaft damit immer weiter voran. Und über die Brandmauer reden die, die die letzten drei Jahre am meisten Öl ins Feuer gegossen haben. Sie haben die Polarisierung im Land weiter vorangetrieben.
Ich habe an meiner Haltung gegenüber rechts außen überhaupt nichts zu korrigieren. Ich sage Ihnen auch das: Ich habe hier schon mehrfach gegenüber der AfD von „Vaterlandsverrat“ gesprochen. Daran hat sich schlichtweg nichts geändert. Aber Sie, liebe SPD, Grüne, FDP, müssen Ihre Politik korrigieren. Wenn Sie rechts außen bekämpfen wollen, müssen Sie Ihre Politik korrigieren, damit die Polarisierung zurückgeht in diesem Land.
Der Erfolg unserer Demokratie basiert darauf, dass wir in der politischen Mitte Probleme lösen, damit die Ränder nicht stark werden. Aber wenn Sie den Konsens aufgeben, dass Sie die Probleme mit uns lösen wollen, dann begehen auch Sie, Herr Klingbeil, den Tabubruch. Die Handlungsverweigerung der Restampel, das ist der Tabubruch an diesem Tag.
Dabei muss ich Ihnen sagen: Wir hatten schon einmal gemeinsam die Kraft, eine Asylkrise zu lösen. In den 1990er-Jahren hatten wir eine hohe, hohe Zahl an Asylanträgen. Die Kommunen waren überfordert. Die Menschen hatten Sorgen, und eine Rechtsaußenpartei, die Republikaner, hat große Wahlerfolge gefeiert. Damals waren es CDU, CSU, FDP und SPD, die sich auf den Asylkompromiss geeinigt haben. Die Asylzahlen gingen zurück, die gesellschaftliche Polarisierung nahm ab, die Republikaner verschwanden aus den Parlamenten. Damals hat ein SPD-Fraktionsvorsitzender gesagt: „Dennoch gibt es bei vielen Menschen eine zunehmende Angst vor Überforderung … durch die massenhafte missbräuchliche Inanspruchnahme des Asylrechts. … Die Menschen hier wollen, dass wir dies und die ungebremste Zuwanderung stoppen.“ Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, damals hatten Sie die Kraft, das Richtige zu tun. Anstatt hier Vorwürfe zu verteilen, fragen Sie sich doch lieber mal, warum Sie heute nicht mehr die Kraft haben, im Parlament das Richtige zu tun, meine Damen und Herren.
Herr Bundeskanzler, Ihre Migrationspolitik ist eine Politik der leeren Versprechen. Ich sage das auch sehr deutlich: Sie haben Abschiebungen im großen Stil versprochen. Dieses Versprechen haben Sie gebrochen. Sie haben eine Beschleunigung der Asylverfahren versprochen. Dieses Versprechen haben Sie gebrochen. Sie haben Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan und Syrien versprochen. Dieses Versprechen haben Sie gebrochen. Das ist Ihre Bilanz, und mit dieser Bilanz wollen Sie so umgehen, dass Sie die Schuld jetzt auf ein Behördenversagen schieben. Meine Damen und Herren, was in Aschaffenburg, in Magdeburg, in Solingen an schrecklichen Gewalttaten stattgefunden hat, hätte überall passieren können.
Deswegen gibt es Verunsicherung, Sorgen, Trauer, Wut überall im Land. Und die Menschen? Sie sprechen nicht über Behördenversagen. Sie sprechen über Politikversagen. Deswegen an SPD und Grüne: Hören Sie auf, zu lamentieren, dass die Falschen hier etwas Richtigem zustimmen!
Fangen Sie endlich an, das Richtige zu tun!
Das Problem ist nicht die Zustimmung der AfD. Das Problem ist Ihre Verweigerung, die von SPD und Grünen, zu unseren Anträgen.