Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Sebastian Brehm in der Bundestagsdebatte zur Bekämpfung von Finanzkriminalität, 14.12.2023:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Deutschland gilt international leider weiterhin als Geldwäscheparadies. Der Umfang der in Deutschland gewaschenen Gelder wird auf bis zu 100 Milliarden Euro geschätzt. Die mangelnde Effektivität des deutschen Regimes gegen Geldwäsche und Finanzkriminalität ist auch ein Einfallstor für die Finanzierung von terroristischen Vereinigungen und deren Unterstützern. Die konsequente Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung muss daher auf allen staatlichen Ebenen mit höchster Priorität verfolgt werden.

Die Financial Action Task Force, FATF, hat nach der Prüfung Deutschlands deutliche Kritik an der Bekämpfung der Finanzkriminalität geübt und eine Vielzahl von Mängeln genannt.

Herr Kollege Herbrand, Sie haben gesagt, da habe es jahrelang Versäumnisse gegeben. Zuständig für die Bekämpfung von Geldwäsche war der damalige Finanzminister Olaf Scholz, der heutige Bundeskanzler.

Wir haben da viele Dinge miteinander besprochen, die von der SPD null Komma null umgesetzt worden sind. Deswegen sind wir jetzt in dieser Lage, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Zur Bekämpfung von Geldwäsche und Finanzkriminalität sind Strukturen wichtig. Gute Strukturen erleichtern die Arbeit und führen zu einem produktiven Miteinander. Umgekehrt lähmen schlechte Strukturen das Erreichen des Ziels und führen zu einem unproduktiven Nebeneinander von mehreren Behörden.

Mit diesem Gesetz, das uns als Entwurf vorliegt, liebe Kolleginnen und Kollegen, ändern Sie, die Ampelfraktionen, die guten Strukturen zur Bekämpfung der Finanzkriminalität und schaffen parallele Bundesbehörden, so-dass eine Abstimmung zwischen den Behörden immer schwieriger wird und die Polizei und der Zoll letztlich in ihrer Arbeit ein Stück weit behindert werden. Insofern wird eine Parallelstruktur nicht dazu führen, dass Effektivität in der Bekämpfung der Geldwäsche erreicht wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, schaut man sich die organisatorische Landschaft an, die wir aktuell im Bereich „Geldwäsche und Bekämpfung von Finanzkriminalität“ haben, bietet sich letztlich nur eine einzige Struktur an: eine starke Zollpolizei. Das wäre das Puzzlestück, das die organisatorische Landschaft abrunden würde. Diese starke Zollpolizei fordern wir in unserem Antrag. Wir bitten Sie, das mit uns zu diskutieren und umzusetzen.

Herr Herbrand hat es gerade gesagt: Die Bundesländer müssen auch wichtige Arbeiten übernehmen. – Aber den Input der Bundesländer ignorieren Sie mit diesem Gesetzentwurf komplett. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme darum gebeten, am Gesetzgebungsverfahren beteiligt zu werden; die Bundesregierung hat diesem Ansinnen in ihrer Gegenäußerung widersprochen. Daneben hat der Bundesrat darum gebeten, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob Zuständigkeitsbereiche des Ermittlungszentrums Geldwäsche mit Blick auf die Zuständigkeit der Polizeien der Länder und des Bundes noch mal konkreter gefasst werden. Auch das wurde zurückgewiesen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht darum, dass im konkreten Verdachtsfall nicht erst bürokratisch gecheckt wird, wer zuständig ist, und darüber diskutiert wird, sondern dass klare Regelungen gefunden werden. Deswegen sind diese von Ihnen geschaffenen Parallelstrukturen falsch. Sie werden im Verdachtsfall dazu führen, dass es zu viel Zeit braucht.

Da Sie beim Thema Geldwäsche Wirecard erwähnt haben: Die Regierung von Niederbayern hat damals mehrmals die BaFin angeschrieben. Die BaFin hat nicht einmal auf die E-Mails reagiert. Das war der strukturelle Fehler – auch das muss man hier einmal erwähnen –, und das wissen Sie, weil wir gemeinsam im Wirecard-Untersuchungsausschuss waren.

Ich sage Ihnen: Wenn der Bund ohne Einbindung der Länderbehörden, ohne Einbindung der Strafverfolgungsbehörden von oben herab und ohne ausreichende Konsultationen neue Behörden schafft, wird sich nichts verbessern.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Herr Kollege, möchten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Gottschalk zulassen?

Sebastian Brehm (CDU/CSU):

Ja, gerne.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Bitte.

Kay Gottschalk (AfD):

Danke schön, lieber Herr Kollege Sebastian Brehm. – Wir saßen beide im Wirecard-Untersuchungsausschuss, und ich habe das genauso gesehen, wie Sie es eben geschildert haben: dass die BaFin mehrmals entsprechend adressiert wurde, aber nicht geantwortet hat.

Generell wird an dem Gesetzentwurf kritisiert, dass wir in Deutschland eigentlich einen Neustart bräuchten, insbesondere was den Nichtfinanzsektor angeht. Denn viele Bundesländer, zum Beispiel Niedersachsen, sind ja nicht so gut aufgestellt, wie das beispielsweise in Niederbayern der Fall ist; das ist meine Information. Meine Frage ist: Würden Sie mir oder uns zustimmen, dass wir da einen Neustart brauchen?

Sebastian Brehm (CDU/CSU):

Herr Kollege Gottschalk, unser Antrag zielt genau auf diesen Sektor, den Nichtfinanzsektor, ab. Deswegen fordern wir eine starke Zollpolizei. Und mit den Maßnahmen, die in unserem Antrag stehen, werden wir die Geldwäschestrukturen auch im Nichtfinanzsektor bekämpfen. Ich glaube, dass mit der Errichtung einer neuen Bundesbehörde und anderen Organisationen neben der FIU und der Länder- und Bundespolizei parallele Strukturen auf mehreren Ebenen geschaffen werden, die dann am Schluss nicht miteinander kooperieren oder zu langsam agieren. Deswegen würde ich Ihnen empfehlen, unseren Antrag zu berücksichtigen; denn unser Antrag hat klare Strukturen: Ermächtigung der Zollpolizei und entsprechende Maßnahmen, auch für den Nichtfinanzsektor, sodass Geldwäsche und Finanzkriminalität aktiv bekämpft werden können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will der Vollständigkeit halber und fairerweise sagen, dass der Gesetzentwurf Maßnahmen enthält, die auch aus unserer Sicht notwendig sind und die wir auch umgesetzt hätten. Ich denke hier an die Einrichtung eines Immobilientransaktionsregisters, die Erweiterung der Kompetenzen der Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung und die verbesserten Sanktionsmöglichkeiten bei der unterlassenen Deklarierung von Bargeld. Das sind gute Maßnahmen.

Aber es fehlen wesentliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, zum Beispiel die Ermächtigung der Zollpolizei – wenn man sie schafft – zur Durchführung administrativer Vermögensermittlungsverfahren und der Einsatz künstlicher Intelligenz. Sie haben es gesagt, Herr Herbrand: Der Einsatz künstlicher Intelligenz wäre in diesem Zusammen-hang wichtig. Dann machen Sie es auch. Setzen Sie es um! Dann können Sie unserem Antrag auch in diesem Punkt zustimmen.

Notwendig wäre auch ein zivilrechtliches Geschäftsverbot für Firmen, wenn der wirtschaftlich Berechtigte nicht ermittelbar ist. Des Weiteren wären eine Ausweitung des Straftatbestandes der Terrorismusfinanzierung, präventive Regelungen bei der Verwendung von Kryptowährungen und die Beschränkung von Immobilienerwerben auf Personen und Gesellschaften, die eindeutig identifizierbar sind, notwendig.

Wenn Sie uns in diesen Punkten zustimmen – das hat sich ja in der Diskussion gezeigt –, dann freue ich mich auf das parlamentarische Verfahren; denn dann kann man vielleicht die notwendigen und wichtigen Dinge aus unserem Antrag mit dem Gesetzentwurf verknüpfen. Aber Sie müssten, glaube ich, noch einmal darüber nachdenken, ob diese Parallelstrukturen wirklich ein wirksames Instrument sind oder ob man nicht eine starke Zollpolizei schaffen sollte, die sich effektiv gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung einsetzen könnte. Insofern freue ich mich auf die parlamentarische Behandlung. Wir freuen uns auf die Diskussion.

Herzlichen Dank.
 

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