Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Sebastian Brehm in der Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag zur Allgemeinen Finanzdebatte, 5.9.2023:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger auf den Tribünen!

Der Bundesrechnungshof kommt zu einem ganz klaren Urteil – ich zitiere –:

„Zieht man die erhebliche Verlagerung von Ausgaben in Sondervermögen und die echte Nettokreditaufnahme heran, zeigt sich: Ausgaben und Neuverschuldung des Bundes sind weiterhin stark expansiv. Das Verlagern von Einnahmen und Ausgaben in Sondervermögen in finanziell erheblichem Umfang gefährdet das parlamentarische Budgetrecht und die Wirksamkeit der Schuldenregel.“

Ein vernichtenderes Urteil über diesen Haushalt, Herr Bundesfinanzminister, kann es gar nicht geben.

Sie reden von Konsolidierung. Es wird nichts dafür gemacht; ich komme auch gleich zur Verschuldung. Das ist ein Haushalt, der skandalös ist. Er ist intransparent, weil die ganzen Sondervermögen überhaupt nicht mit dem Parlament diskutiert werden; sie liegen ja nicht einmal vor. Dieser Haushalt ist unseriös, weil die echten Zahlen im Verborgenen bleiben.

Dieser Haushalt ist eine extreme Belastung für Deutschland und bezüglich seiner Nachhaltigkeit eine extreme Belastung für die kommenden Generationen. Er ist vor allem eine Missachtung des Parlaments. So kann man mit dem Parlament nicht umgehen, lieber Herr Minister.

Übrigens: Sie rechnen bei den Investitionen die Sondervermögen hinzu; bei den Schulden gibt es keine Sondervermögen. Sie rechnen also mit zwei verschiedenen Zahlen; ich komme noch auf die Zahlen. Nach meiner wirklich festen Überzeugung ist das kein reines Oppositionsthema mehr, sondern es stellt sich die Frage: Wie geht diese Bundesregierung mit diesem Parlament um? Heute früh in der GO-Debatte zum Thema Heizungsgesetz haben wir gesehen, wie die Bundesregierung mit diesem Parlament umgeht: Es ist ihr wurscht, was wir tun.

Deswegen müssen wir als Parlamentarier hier einschreiten und uns wesentlich stärker in den Haushalt einmischen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, man stelle sich vor, in der Wirtschaft würde einem Aufsichtsrat nur die Hälfte der Zahlen vorgelegt werden. In diesem Falle müsste der Aufsichtsrat nach dem Aktienrecht den Vorstand entlassen.

Hier im Parlament geht es nicht, müsste es aber eigentlich. Daran sieht man, wie die Regierung mit dem Parlament umgeht.

Ampel verschleiert Schulden

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zur tatsächlich geplanten Neuverschuldung. Sie sagen, Sie würden konsolidieren, machen aber neue Schulden in Höhe von 16,6 Milliarden Euro. Wenn man alle Sondervermögen dazurechnet, sind es in Wahrheit 85,7 Milliarden Euro Schulden. Damit sind die Schulden – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – fünfmal höher als von Ihnen nach außen kommuniziert. Das ist die echte Wahrheit über diesen Haushalt, und die müssen auch die Bürgerinnen und Bürger da draußen wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Die Irreführung durch die Bundesregierung beschränkt sich dabei nicht nur auf die Verschuldung, sondern sie betrifft auch die Ausgaben. Der Bundesrechnungshof – das sollten Sie auch gerne lesen – sagt, dass die Ausgaben in Wahrheit um 93 Milliarden Euro höher sind als im Kernhaushalt ausgewiesen. Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Haushalt ist von Konsolidierung keine Spur, sondern es wird das Geld an allen Ecken und Enden rausgeballert, als ob es kein Morgen mehr gäbe. Es werden die künftigen Generationen in einer Art und Weise belastet, die nicht mehr tragbar ist.

Über 600 Milliarden Euro Schulden in zwei Jahren, zur Halbzeit dieser Regierung, das gab es in den letzten bestimmt 20, 30 Jahren nicht. Und jetzt kommen Sie wieder und sagen: Ja, Ihre 16 Jahre. – In den 16 Jahren ist die Verschuldung gedrückt worden. Wir haben Schulden getilgt. Wir haben Wirtschaftswachstum gehabt. Wir haben Vollbeschäftigung erreicht.

Wir haben die höchsten Steuereinnahmen gehabt. Wir haben – außer in der Coronazeit – die besten Haushalte gemacht. Das ist die Bilanz unserer Regierung. Ihre Bilanz heißt: Inflation, schlechte Wirtschaft, sinkende Einnahmen, hohe Arbeitslosigkeit, stagnierende Wirtschaft, keine Wettbewerbsfähigkeit.

Das ist Ihre Bilanz nach zwei Jahren und mit 600 Milliarden Euro Neuverschuldung. Das ist es, was Sie hier verkaufen, und das ist es, was in diesem Haushalt abgebildet ist.

Liebe Kollegen, wir sollten in der Wirtschafts- und Finanzpolitik ehrlich miteinander umgehen, und wir sollten vor allem auf Wachstum setzen.

Ich habe in allen Reden gehört, was alles gemacht wird und was alles geplant ist.

Das ist interessant – die ganzen Planungen treten, glaube ich, auch nicht ein –; aber wir sollten Wirtschaft und Wachstum fördern und nicht den Umbau und Verbote für die Wirtschaft. Wir merken ja jetzt, dass Ihre gesetzlichen Maßnahmen in die Substanz der Wirtschaft eingreifen und dass die ersten Unternehmen aus Deutschland abwandern. Wir brauchen Wettbewerbsfähigkeit. Dazu gehören niedrige Steuern, dazu gehören niedrige Energiekosten – Sie könnten diese durch Senkung der Energiesteuern sofort erreichen –, und dazu gehört weniger Bürokratie.

Also, wenn Sie es ankündigen, geben Sie sich einen Ruck, und tun Sie es! Wir reichen die Hand. Wir wollen gerne an diesem Haushalt mitarbeiten, aber nicht bei dieser Verschuldung und nicht bei diesen Wahnsinnsausgaben, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir sind bereit für die Diskussion, aber in vernünftiger Art und Weise.

Herzlichen Dank.

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