Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Tobias Winkler in der Bundestagsdebatte zum Engagement am Horn von Afrika und dem Golf von Aden, 06.06.2024:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Wenn wir über den Golf von Aden und das Horn von Afrika sprechen, dann geht es um nichts weniger als eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt: 20 000 Schiffe pro Jahr, 40 Prozent des Handels zwischen Europa und Asien, 17 Prozent des weltweiten internationalen Datenverkehrs über Unterseekabel. Als vor drei Jahren die „Ever Given“ für mehrere Tage den Suezkanal blockierte, errechnete der Informationsdienst Lloyd’s List einen weltwirtschaftlichen Schaden von rund 400 Millionen Dollar – pro Stunde.

Leider sind die Anrainerstaaten kein Hort der politischen Stabilität. Durch Piraterie und Angriffe auf Schiffe ist diese Handelsroute massiv gefährdet, darunter auch Frachter des Welternährungsprogramms mit Millionen Tonnen von Getreide. Mit den EU-Missionen EU NAV-FOR Atalanta und zuletzt EU NAVFOR Aspides sowie der US-Mission Prosperity Guardian haben wir das Problem in den Griff bekommen. Unser Dank gilt ganz besonders der Besatzung der Fregatte „Hessen“, die entscheidend zum Erfolg der Mission beigetragen hat.

Die schnelle Krisenreaktion war gut, und sie war richtig. Aber sie ersetzt noch keine Strategie. Ganz im Gegenteil: Dadurch wird oft erst deutlich, dass es gar keine vernünftige Strategie für die Region gibt.

Doch woran liegt das eigentlich? Bundespräsident Horst Köhler sprach 2010 in einem Interview davon, dass für ein Land mit unserer Außenhandelsabhängigkeit im Zweifel auch militärischer Einsatz notwendig ist, um Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege.

Was darauf folgte, ist bekannt: massive Kritik von SPD und Grünen, die am Ende zum ersten spontanen Rücktritt eines Bundespräsidenten in der Geschichte der Bundesrepublik führte – aus heutiger Sicht geradezu grotesk.

Dass wir mehr für unsere eigene Sicherheit leisten müssen, ist mittlerweile auch dem Letzten klar geworden. Doch was versteht die SPD darunter?

In einem Positionspapier der SPD-Fraktion aus dem November heißt es:
„Entscheidend für eine erfolgreiche sozialdemokratische Außen- und Entwicklungspolitik im Horn von Afrika ist eine kohärente, ganzheitliche Politik für die Region, die einen inklusiven, multidimensionalen Ansatz verfolgt.“
„Eine sozialdemokratische feministische Außen- und Entwicklungspolitik zielt immer darauf ab, unter Einbeziehung von Frauen und marginalisierten Gruppen wie LGBTQI*-Personen, Krisen und Konflikten vorzubeugen.“

Bei aller Liebe, aber mit feministischer Außenpolitik lässt sich das Problem nicht lösen.

Gerade für Deutschland als Exportnation ist diese Handelsroute von entscheidender Bedeutung.

Andere Staaten haben das erkannt. Die USA und Frankreich unterhalten permanente Militärbasen in Dschibuti. Italien, Spanien, die Türkei, das Vereinigte Königreich sind militärisch vor Ort. China und Japan unterhalten ihre einzigen Auslandsmilitärbasen genau dort. Und Deutschland? Über 14 Jahre waren wir im Rahmen der Mission Atalanta mit Soldaten in der Region präsent, bis im März 2022 diese Bundesregierung beschloss, den Auslandseinsatz zu beenden.

Wir fordern deshalb die Entsendung zusätzlichen diplomatischen und militärischen Fachpersonals für ein besseres Lagebild. Nutzen Sie auf EU-Ebene das Instrument Global Gateway! Doch vor allem: Entwickeln Sie eine umfassende, langfristige Strategie mit einer klaren Definition unserer strategischen Interessen! Springen Sie über Ihren Schatten: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Es wäre gut für unser Land.

Herzlichen Dank.

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