Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Thomas Erndl in der Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag / Auswärtiges Amt, 31.1.2024.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 

Lieber Kollege Peter Heidt, an der GroKo kann man natürlich viel kritisieren, aber fundamentale Fragen wie die humanitäre Hilfe dem Parlament aufbürden, das ist letztendlich nicht aufrichtig.

Ich denke schon, dass gute Außenpolitik auch im Entwurf eines Haushalts, der vom Ministerium kommt, solche gravierenden, solche fundamentalen Fragen von Anfang an berücksichtigen muss.

Meine Damen und Herren, nach zwei Jahren Ampel bleibt aber leider festzuhalten, dass nicht nur die humanitäre Hilfe, sondern das Auswärtige Amt in Gänze in der Bundesregierung eine immer geringere Rolle spielt.

Das ist fatal in einer Welt im Umbruch. Nie waren die außen- und sicherheitspolitischen Herausforderungen so groß wie heute, und die Außenministerin muss zum wiederholten Male ein prozentuales Haushaltsminus hinnehmen.

Es gibt leider weder im Haushalt noch bei verschiedenen außenpolitischen Fragen eine klare Richtung. Da helfen auch die Strategiedokumente nicht, wenn in konkreten Fällen das Kanzleramt und das Auswärtige Amt doch nicht an einem Strang ziehen; siehe zum Beispiel die Position zu China. Oft haben wir keine ausreichenden Antworten, keine Antworten auf die Gefahren, die von autoritären Staaten für unsere liberalen Demokratien ausgehen.

Wir haben keine Antworten auf die Entwicklung im Iran. Wir schauen jeden Tag zu, wenn unschuldige Menschen hingerichtet werden, und führen weiter Hintergrundgespräche mit der iranischen Führung. Wir schaffen es nicht, die Revolutionsgarden endlich auf die Terrorliste zu setzen. Meine Damen und Herren, das muss sich ändern.

Wir haben auch keine Antwort auf die wirklich besorgniserregende, ernstzunehmende Entwicklung in der Ukraine. Die Menschen in der Ukraine sind erschöpft. Bei allem Respekt für das, was wir an Hilfe leisten – wir leisten wirklich Hilfe in großem Umfang –: Mit der Zögerlichkeit bei Taurus senden wir wieder ein Signal der Schwäche an Putin, genau wie mit der Tatsache, dass wir es nun in zwei Jahren nicht geschafft haben, unsere Munitionsproduktion signifikant zu erhöhen. Wir müssen hier endlich vorankommen, Signale der Stärke setzen und senden, Signale, dass wir den längeren Atem haben werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben auch keine Antwort auf die Entwicklung in den USA. Donut-Strategie, lieber Kollege Link, ist das wirklich alles? Ist das wirklich unser Ernst? Es ist natürlich richtig, dass wir Kontakte knüpfen, pflegen; aber die grundsätzlichen Hausaufgaben müssen gemacht werden, unabhängig von der Frage, wie der nächste Präsident heißt und ob er uns gefällt.

Außenpolitik ist natürlich mehr als der Einzelplan 05. Spätestens mit dieser Haushaltsaufstellung und dieser Finanzplanung hätten wir ein klares Signal für eine starke deutsche und europäische Säule in der NATO setzen müssen, hätten wir auch ein klares Signal für langfristige Unterstützung der Ukraine setzen müssen. Stattdessen: komplette Fehlanzeige.

Diese Bundesregierung spielt mit dieser Haushaltsaufstellung mit unserer Sicherheit, meine Damen und Herren. Das ist nicht der richtige Weg.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben auch eine besondere Verantwortung für Israel; viele Redner haben es schon angesprochen. Wir müssen uns an der Seite Israels für zukunftsfähige Strukturen in der Region einsetzen. Ja, eine Zweistaatenlösung ist die Vision; aber ein palästinensischer Staat muss auch ein verlässlicher demokratischer Staat sein. Zukunftsfähige Strukturen in der Region: Meines Erachtens gehört UNRWA mittelfristig nicht dazu. Kurzfristige Zahlungen einstellen? Ja, das ist das richtige Signal; aber ich glaube, wir müssen hier einen Weg skizzieren, wie die Versorgung im Gazastreifen ohne UNRWA gelingt. UNRWA hat jegliches Vertrauen verspielt. UNRWA hat neue Generationen an Terroristen zugelassen, hat zu keiner brauchbaren Entwicklung beigetragen. Eine friedliche Zukunft für Israel geht nicht mit einer Organisation, die an manchen Stellen so mit der Hamas verwoben ist wie UNRWA.

Ich glaube, dass Deutschland hier aktiv an Alternativen arbeiten muss.

Meine Damen und Herren, mehr Führung bitte auch in der EU. Der deutsch-französische Motor ist ein Ausfall, das Weimarer Dreieck braucht eine schnelle Wiederbelebung. Wer von Mittelmacht spricht, muss deutlich mehr auf den Tisch legen als diese Bundesregierung. Es ist an vielen Stellen zu wenig.

Wir brauchen mehr Verantwortung als größte europäische Wirtschaft in und für Europa. Deutschland kann mehr. Lassen Sie uns das gemeinsam beweisen!

Herzlichen Dank.

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