Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Thomas Erndl in der Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag zum Thema Auswärtiges Amt, 11.9.2024.

Sehr geehrter Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 

Ein Haushalt spiegelt nun mal die politischen Prioritäten einer Regierung wider. Ein Blick auf diesen Haushalt, Herr Kollege Fricke, zeigt mir, dass Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik offensichtlich keine Priorität dieser Bundesregierung sind. Es ist doch keine Frage der Einnahmen.

Sie haben es ja eben beschrieben: Wir haben die gleiche Größenordnung wie im letzten Jahr. Aber trotzdem muss der Haushalt des Auswärtigen Amtes mit dem größten prozentualen Abschlag rechnen.

Das ist keine Frage der Einnahmen, auch keine Frage der Schuldenbremse, sondern eine Frage der Prioritätensetzung. Diese Sache werden wir auch nicht mit einzelnen Anträgen reparieren können. Denn wenn es im Grundaufbau falsch ist, dann wird man das im Detail nicht mehr ändern können.

Ich darf bei dieser Debatte ein Beispiel bringen. Wir geben über 50 Milliarden Euro in diesem Jahr für das Bürgergeld aus. Wenn die FDP einer Erhöhung zugestimmt hat, aber der FDP-Fraktionsvorsitzende wenige Monate später feststellt: „Oh, die Erhöhung war eigentlich zu hoch. Wir müssen wieder kürzen“, dann sieht man doch, wo Potenzial ist und wo Ihre Politik am Schluss auch versagt hat. Also, es ist Geld vorhanden, und es muss richtig priorisiert werden.

Wir sehen schon jetzt, dass 2025 in dieser Frage ein weiteres verlorenes Jahr der deutschen Außenpolitik sein wird. Dabei wird von unserem Land Führung erwartet. Wir bräuchten tatsächlich die Zeitenwende, die mit vielen klugen Worten beschrieben wurde, die aber letztendlich nicht sichtbar ist. Eine echte Zeitenwende würde bedeuten, dass man sich mit klarem Kurs und allen möglichen Mitteln den Aggressoren entgegenstellt. Sie würde bedeuten, dass wir Bündnisse und Partnerschaften stärken und die globale Ordnung aktiv mitgestalten und dass all das eben auch mit den notwendigen Finanzmitteln hinterlegt wird.

Was erleben wir stattdessen? Die 2-Prozent-NATO- Verpflichtung schafft man nur über das Sondervermögen; alles gut. Aber ab 2028 ist nicht sichtbar, wie das Ganze weitergehen soll: Es wird mindestens ein 30-Milliarden- Euro-Loch im Haushalt geben.

Statt die Ukraine maximal zu unterstützen und Stärke gegenüber Putin zu demonstrieren, gibt es weiter Zögern bei der Unterstützung mit präzisen Waffen und gekürzte Mittel im Haushaltsentwurf für die Ukraineunterstützung.

Und anstatt unser diplomatisches Netzwerk und unsere außenpolitische Handlungsfähigkeit weiter zu stärken, wird der Etat nun schon das dritte Jahr in Folge gekürzt. Das ist jetzt ja keine singuläre Situation, sondern bereits das dritte Mal – eine Linie, die sich bei dieser Regierung durchzieht.

Diese Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, ist nicht nur kurzsichtig, sondern verantwortungslos; denn die globalen Herausforderungen und Gefahren für unser Land waren nie größer. Doch anstatt darauf zu reagieren und das Auswärtige Amt finanziell angemessen auszustatten, wird dieser Etat weiter brachial gekürzt. Das zeigt den Stellenwert der Außenpolitik. Das zeigt dann am Schluss auch den Stellenwert, den Sie, Frau Ministerin, in dieser Regierung tatsächlich haben.

Sie sind viel in der Welt unterwegs; keine Frage. Aber ob das der Nahe Osten, Afrika oder andere Regionen sind: Unser Einfluss ist überschaubar. Wir konzentrieren uns nicht im notwendigen Maß auf die Kerninteressen.

Dazu kommt, dass sich bei zentralen Fragen der Außenpolitik – sei es die Lieferung von weitreichenden Präzisionswaffen an die Ukraine oder die China-Politik – immer mehr das Kanzleramt durchsetzt. Das ist ins-gesamt nicht nur ein fatales Signal für die Glaubwürdigkeit der deutschen Außenpolitik, sondern hat auch ganz konkrete Auswirkungen.

Die AKBP, die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, wurde hier schon angesprochen. Im vergangenen Jahr haben Sie, Frau Ministerin, an dieser Stelle versprochen, die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik zu stärken. Sie sagten, das sei mitentscheidend für die Fachkräftegewinnung. Da stimme ich Ihnen voll zu.

Aber leider wird ausgerechnet hier wieder in grüner Tradition der Rotstift angesetzt. Wo sollen denn die nötigen Qualifikationen, die Sprachkenntnisse für die Fachkräfteeinwanderung herkommen, wenn nicht von den Goethe-Instituten, vom Deutschen Akademischen Austauschdienst, von den Deutschen Auslandsschulen? Das sind alles wichtige Visitenkarten für unser Land. Das ist für mich völlig unverständlich. Gerade jetzt müssen wir in ein positives Deutschlandbild investieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen – ich komme zum Schluss, Herr Präsident –, wenn ein Haushalt die politischen Prioritäten einer Regierung widerspiegelt, dann zeigt dieser Entwurf vor allem eins: Außenpolitik ist Nebensache.

Mit dieser Regierung gibt es keine Zeitenwende mehr. Andere müssen es besser machen. Wir werden es besser machen.

Herzlichen Dank.
 

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