Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Florian Hahn in der Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag zum Thema Verteidigung, 11.9.2024:

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Vor zweieinhalb Jahren hat der Bundeskanzler in seiner Zeitenwende-Rede als Konsequenz auf die Aggression, auf den Überfall Russlands auf die Ukraine, das Sondervermögen angekündigt und zusätzlich das dauerhafte Erreichen des 2-Prozent-Ziels im Einzelplan 14 versprochen. Das war richtig. Das fand deshalb auch sofort unsere Unterstützung, und wir haben den einmaligen 100 Milliarden Euro Sonderschulden zugunsten der Bundeswehr zugestimmt, auch in der Erwartung und in dem Glauben, dass die Bundesregierung die dramatische Veränderung der Sicherheitslage nicht nur erkennt, sondern auch entsprechend konsequent handelt.

Da man am Haushalt ablesen kann, wie viel Ankündigungen und Sonntagsreden von Politikern wirklich wert sind, kann ich mit Blick auf den hier vorgelegten Entwurf für das Jahr 2025 feststellen: Die Zeitenwende ist gescheitert.

Die 100 Milliarden Euro vom Sondervermögen sind nach Ihren Angaben zwar verplant und mit Masse in Verträgen gebunden, aber der Einzelplan 14 ist vom 2-Prozent-Ziel ähnlich weit entfernt wie die Ampel von einer Wiederwahl.

Die Folge der Ampelpolitik der letzten Jahre ist, dass die Bundeswehr heute weniger verteidigungsfähig ist als zu Beginn der Wahlperiode, lieber Herr Kollege Klein.

Das bestätigt übrigens auch das renommierte Kiel Institut für Weltwirtschaft in einer aktuellen Studie; dort können Sie das gerne nachlesen.

Offensichtlich fehlt es der Regierung am Willen, die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen, und offensichtlich fehlt es dem Minister an Durchsetzungskraft und Standing im eigenen Kabinett, um dafür zu sorgen, dass die Bundeswehr genug Geld bekommt. Sie kündigen zwar permanent etwas an, Herr Bundesminister, können aber nicht liefern. Selbst Ihnen und Ihrer Partei, der SPD, nahestehende Medien nennen Sie deswegen inzwischen „Ankündigungsminister“.

Herr Bundesminister Pistorius, letztes Jahr forderten Sie für den Haushalt 2024 10 Milliarden Euro mehr für die Truppe. Bekommen haben Sie 1,7 Milliarden Euro mehr. Dieses Jahr forderten Sie für das Jahr 2025 rund 6,5 Milliarden Euro mehr. Mit Blick auf den Haushaltsentwurf werden Sie davon gar nichts bekommen.

Herr Minister, Sie sagten kürzlich dazu, Sie fänden das „ärgerlich“. Ich finde das grob fahrlässig für unsere Truppe und für unsere Sicherheit. Und schlimmer noch: Das BMVg hat die höchste globale Minderausgabe aller Ressorts zu leisten – so viel zur Zeitenwende an dieser Stelle.

Klar wird dabei vielmehr: Der Bundesminister und damit die ganze Bundeswehr, alle Soldatinnen und Soldaten, werden von der Ampelregierung, werden von den eigenen Genossen der SPD und vom eigenen Bundeskanzler Olaf Scholz im Regen stehen gelassen, und das, während Russland weiter massiv und schnell aufrüstet.

Ich frage mich da, ganz ehrlich gesagt: Wo ist eigentlich Ihre Gegenwehr, Herr Bundesminister? Sie scheinen das einfach so hinzunehmen. Ich bin mal gespannt, was Sie dazu in Ihrer Rede, die ja gleich folgt, sagen werden. Die Folge ist – und das attestiert die Kieler Studie auch –, dass beim derzeitigen Rüstungstempo der Ampel knapp 100 Jahre nötig wären, um die Bestände der Bundeswehr in bestimmten Bereichen auf ein Niveau wie vor 20 Jahren aufzufüllen. In 100 Jahren kriegstüchtig werden, da kann ich nur sagen: Glückwunsch, Herr Minister.

Ich muss insgesamt feststellen: Dieser Haushalt ist im hohen Maße unseriös und mit einem geschönten Zahlenwerk zusammengeschustert. Allein die Nachrüstung des Pumas kostet laut Bundesrechnungshof nicht bloß 718 Millionen Euro, sondern erfordert einen zusätzlichen Finanzbedarf von über 2,6 Milliarden Euro.

Nach der Abbildung im Haushalt sucht man vergebens. Mit diesem Haushalt müssen vermutlich erteilte Finanzierungszusagen zu geplanten Beschaffungsmaßnahmen widerrufen bzw. können gar nicht erst erteilt werden. Darunter fallen beispielsweise Beschaffungsprojekte wie Patriot, IRIS-T oder MARS II.

Mit diesem Haushalt können Sie, Herr Bundesminister, nicht nur die materielle Einsatzbereitschaft nicht sicherstellen, sondern drohen auch die wertvollste Ressource unserer Bundeswehr vor den Kopf zu stoßen, nämlich die Menschen. Unsere Soldatinnen und Soldaten werden schon gegenwärtig unpünktlich befördert und warten teilweise mehr als vier Jahre darauf, und das, obwohl sie gewissenhaft und treu ihre Aufgaben und Aufträge erfüllen.

Was nun mit diesem Haushalt droht, Herr Bundesminister, schlägt dem Fass den Boden aus, und das laste ich Ihnen, Herr Minister, ganz persönlich an: Die Regel- und Laufbahnbeförderungen zum Leutnant können nach aktuellem Stand nächstes Jahr nicht finanziert werden.

Ich warne Sie, jetzt Dienstgradgruppen gegeneinander auszuspielen und die Pflichtbeförderung zum Leutnant durch noch längere Wartezeiten beispielsweise bei den Portepeeunteroffizieren zu erkaufen.

Kurzum: Sie haben den Aufwuchs der Truppe vollmundig angekündigt und wollen 2029 kriegstüchtig sein. Sie schaffen es aber noch nicht einmal, für Personal das notwendige Geld zur Verfügung zu stellen: so viel zur Wertschätzung für unsere Soldatinnen und Soldaten, Herr Minister.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampelfraktionen, die Bedrohung durch die Russische Föderation wird immer größer. Putin hat nicht nur den Willen, sondern bald auch die militärischen Fähigkeiten, um seinem Ziel der Wiederherstellung der russischen Einflusssphäre wie zu Zeiten der Sowjetunion näherkommen zu können. Das einzig bewährte Mittel dagegen ist Abschreckung.

Deswegen kann ich nur an Sie – und auch an Sie, liebe Frau Kollegin Brugger – appellieren, dass Sie Ihre eigene Regierung zwingen, dafür das nötige Budget zur Verfügung zu stellen.

Herzlichen Dank.

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