Nach beeindruckenden 34 Jahren im Deutschen Bundestag verabschiedet sich Peter Ramsauer mit einer bewegenden Rede. Er blickt zurück auf seine erste Rede zur Energiepolitik und betont die Bedeutung von Fairness und Toleranz im Parlament. Warum erneuerbare Energien weiterhin im Fokus stehen und was er der nächsten Generation politisch mitgibt, erfahrt ihr in dieser inspirierenden Ansprache. Ein Rückblick voller Weisheit und Weitsicht!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf den Rängen und an den Bildschirmen!
Ich darf vorausschicken, dass es sich voraussichtlich um meine letzte Rede in diesem Hohen Hause handeln dürfte nach 34 Jahren in vielen Führungsämtern: hier im reinen Parlamentsbereich und auf der Regierungsbank.
Ich freue mich deshalb, dass ich thematisch anknüpfen kann an meine allererste Rede hier im Deutschen Bundestag vor genau 33 Jahren am 12. Dezember 1991. Es ging auch um Energiepolitik. Es ging damals um das Stromeinspeisungsgesetz, das der Vorläufer war für das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das sich die Grünen immer auf die Fahnen geschrieben haben, das aber eigentlich auf das Stromeinspeisungsgesetz zurückging. Und das haben Regierungen unter Helmut Kohl gemacht.
Deshalb möchte ich mir Punkt 5 aus unserem Antrag kurz herausgreifen:
„… die Kosten für Energie zu senken, indem der Zubau der erneuerbaren Energien besser mit dem Fortschritt beim Zubau von Gaskraftwerken, Netzen und Speicherkapazitäten abgestimmt wird; …“
Ja, das ist richtig. Es gab ja einmal – das wissen Sie – das geflügelte Wort: Die Sonne stellt keine Rechnung. – Da ist zwar was dran, aber es ist nicht die volle Wahrheit. Und wenn Sie sich ansehen, was es kostet, erneuerbare Energien auch umweltverträglich auszubauen, dann kommt schon eine andere Rechnung dabei heraus.
Man könnte natürlich jetzt viele Beispiele bringen. Ich war in meiner Zeit als Bundesverkehrsminister zuständig für die Genehmigungsverfahren der Offshorewindenergieanlagen in Nordsee und Ostsee. Wir haben dabei viel gelernt, nicht nur, wie man sie dort baut, sondern auch, wie man den Strom an Land bringt und dann über Tausende von Kilometern über – früher hat man gedacht: Freileitungen – Erdkabel nach Süden und in alle Richtungen bringt.
Wenn Sie sich ansehen, was der Erdkabelverbau bei der Installation, aber vor allen Dingen danach im Betrieb kostet, dann ergibt das schon eine interessante Rechnung.
Trotzdem bin ich stolz darauf, dass wir schon damals im Deutschen Bundestag „einen kleinen Energiekonsens“ – so habe ich das immer genannt -hatten. Ich er-innere hier an einige berühmte Namen von Kollegen, die das immer mitgetragen haben: aus der SPD-Fraktion mein damaliger Kollege und – ich sage auch – Freund Hermann Scheer oder aus der FDP Julius Cronenberg oder von den Grünen Hans-Josef Fell, um nur einige Namen zu nennen.
Wer mich kennt, weiß, dass ich mich ungern selbst zitiere, aber in diesem Fall sei es einmal gestattet. Mein letzter Satz in meiner allerersten Rede zur Energiepolitik war:
„… wir alle reden über die drohende Klimakatastrophe. Wir alle fordern mehr Einsatz erneuerbarer Energien. Wir haben uns jetzt mit dem Energieprogramm aufgemacht, noch effektiver in dieser Richtung zu arbeiten. Wir haben damit den Mund gespitzt. Wollen wir jetzt auch für die erneuerbaren Energien richtig pfeifen!“
Das ist etwas, wozu ich sozusagen auch im Rahmen meiner abschließenden Bemerkungen hier aufrufen möchte.
Zu den abschließenden Bemerkungen gehört natürlich Dank. Ich möchte in Erinnerung rufen, was Helmut Kohl uns jungen Abgeordneten Anfang der 90er-Jahre ins Stammbuch geschrieben hat. Er hat uns immer gesagt: Ihr jungen Kerle, denkt ja nicht, es gibt in der Politik immer nur eine einzige Wahrheit. – Sein Lieblingsspruch war: „Wahr ist dies und jenes. Wahr ist aber auch dies und jenes andere.“ Und das erfordert von uns natürlich auch viel Toleranz und Rücksichtnahme und Verständnis.
Und das, was Wolfgang Schäuble uns ins Stammbuch geschrieben hat, habe ich immer beherzigt: „Wir müssen uns gegenseitig ertragen können.“ Das ist auch etwas sehr Wichtiges für Parlamentarismus, gegenseitige Fairness und Toleranz. Das habe ich in all meinen Ämtern immer sehr, sehr geschätzt, das spüren zu dürfen, das zu erwarten. Das hat uns immer getragen.
Jetzt schaut mich gerade mein Freund und Kollege Bernd Westphal an. Ich habe gesehen, es ist möglicherweise auch deine letzte Rede. Aber du bist das personifizierte Beispiel für überparteilichen Konsens, Fairness, Toleranz und Zusammenhalt.
Ich wünsche diesem Parlament und unserem Land eine gute Zukunft und von Herzen alles Gute.