Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Martina Englhardt-Kopf in der Bundestagsdebatte zur Barrierefreiheit, 15.12.2023:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
„Stell dir vor, du bist ein freier Mensch. Aber das bist du ja gar nicht.“ Diese Worte haben wir heute Morgen gemeinsam gewechselt. Lieber Gramoz Krasniqi – besser bekannt als Rapper „Rolling G“ –, ich darf dich sehr herzlich auf der Besuchertribüne begrüßen. Du kämpfst für Barrierefreiheit in unserem Land wie viele andere auch – auch die Politik, wie wir soeben erfahren haben. Das ist uns als Unionsfraktion ein sehr wichtiges Anliegen; wir haben heute viele Anträge dazu vorgelegt.
Ich darf an dieser Stelle meinen geschätzten Kollegen Dr. Jonas Geissler erwähnen, der dich, lieber Gramoz, heute eingeladen hat, um das Thema Barrierefreiheit aufzugreifen. Ich danke von ganzem Herzen für das besondere Engagement im künstlerischen Bereich, das du in diesem Jahr gemeinsam mit Eko Fresh gezeigt hast. Ihr habt einen Rapsong zu diesem Thema mit dem Titel „Neue Wege“ aufgelegt. Darin geht es um die Barrieren und die Probleme, mit denen sich die Menschen mit Beeinträchtigung in unserem Alltag wiederfinden: insbesondere wenn sie mit dem ÖPNV und in der Deutschen Bahn unterwegs sind, wenn der Aufzug wieder nicht funktioniert, wenn viele Stufen vor ihnen warten und es unmöglich erscheint, hochzukommen, oder wenn man eben nach Berlin reist – wie du, Gramoz, heute – und in der Nacht kein Taxi bekommt, das eine barrierefreie Fahrt machen kann.
Diese Beispiele, die Sie ja auch aus vielfältigen Begegnungen und Gesprächen kennen, zeigen, wie wichtig das Thema ist und wie viel noch in diesem Bereich zu tun ist, um Barrieren abzubauen und Menschen mit Beeinträchtigungen besser in unserer Gesellschaft teilhaben zu lassen. Es geht heute nicht nur um den ÖPNV, um die Mobilität; es geht auch um Teilhabe an Kultur, an Reisen. Wir als Unionsfraktion haben hier vielfältige Anträge vorgelegt. Es ist aus unserer Sicht viel wichtiger, gemeinsam schnell gute Lösungen zu finden und hier nicht permanent zu streiten und darüber zu diskutieren, was läuft und was nicht läuft.
Da ich Mitglied im Verkehrsausschuss bin, möchte ich noch mal das Thema „Deutsche Bahn“ beleuchten. Es dauert Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte, um Barrierefreiheit allein auf den Bahnhöfen herzustellen. Es gibt noch so viel Handlungsbedarf. Wenn ich in meinen Wahlkreis – er umfasst die Landkreise Schwandorf und Cham – schaue: Nichts ist barrierefrei auf den Bahnhöfen. Es ist schier unmöglich – nicht nur für Rollstuhlfahrer, sondern auch für Menschen mit anderen Beeinträchtigungen, aber auch für Mütter, die einen Kinderwagen und Kinder dabeihaben –, diese Barrieren zu überwinden. Hieran müssen wir jeden Tag arbeiten, um besser zu werden.
Es gibt Potenzial zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Man kann Planungen rausgreifen und schneller genehmigen. Wir brauchen aber den Bund, um schneller vorwärtszukommen. Er muss Mittel an die Länder überweisen, damit wir schneller vorwärtskommen und damit Menschen mit unterschiedlichsten Beeinträchtigungen der Alltag erleichtert wird.
Das betrifft im Übrigen nicht nur den Bereich der Mobilität. Es geht auch um die Bürokratie bei der Zusammenarbeit mit den Krankenversicherungen. Aber auch die Notwendigkeit des Anmeldens einer Reise bei der Deutschen Bahn und der Fall, dass man irgendwo hängen bleibt, weil es nicht mehr weitergeht, sind Beispiele, an denen wir arbeiten müssen.
Abschließend möchte ich noch einen wichtigen Appell an uns alle richten: Barrieren beginnen oft in unseren Köpfen; auch darüber haben wir heute Morgen diskutiert, lieber Gramoz. Wenn wir sensibel und offen durch den Alltag gehen, erkennt jeder von uns viele Möglichkeiten, einen wertvollen Beitrag zu leisten, um Menschen mit Beeinträchtigungen eine helfende Hand zu reichen, um einmal anzupacken, um Menschen mit Beeinträchtigungen das Leben, den Alltag zu erleichtern. Das macht eine inklusive Gesellschaft aus, und daran müssen wir arbeiten.
Herzlichen Dank und gute Beratungen.