Interview der "Main-Post" mit Peter Ramsauer
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Verlags. Das Interview führte Hagen Strauß.
Frage: Was unterscheidet die deutsche Große Koalition noch von der in Österreich, die jetzt gescheitert ist?
Dr.Peter Ramsauer: Selbst wann man in Deutschland aus der Koalition raus wollte: Es gibt derzeit überhaupt keine verantwortbare Alternative dazu. Außerdem lassen sich in Deutschland Neuwahlen nicht so einfach herbeiführen wie in Österreich. Der Bundespräsident würde kaum ein zweites Mal in seiner Amtszeit den Bundestag auflösen.
Frage: Interessant, dass sie nicht sagen, dass das gegenseitige Vertrauen größer sei als in Wien.
Dr.Peter Ramsauer: Die Vertrauensbasis ist in den letzten Wochen sehr dahin geschmolzen, das stimmt. Der stärkste Kitt der Koalition ist zweifellos ihre derzeitige Alternativlosigkeit. Aber verglichen mit der Stimmung, die von Anfang an unter den Partnern in Österreich geherrscht hat, ist das bei uns geradezu ein Hort der Harmonie.
Frage: In diesem Hort der Harmonie findet Kurt Beck, dass die Union der SPD die, Zitat, „letzte Butter vom Brot klaut“.
Dr.Peter Ramsauer: Das ist wohl ein Ausdruck seiner Verzweiflung.
Frage: Ist denn diese verzweifelte SPD aus Ihrer Sicht noch regierungsfähig?
Dr.Peter Ramsauer: Wir müssen sie als Union auch ein Stück weit regierungsfähig halten. Eine SPD, die unter 20 Prozent abrutscht, wird restlos unkalkulierbar. Für die Projekte, die wir noch haben, brauchen wir einen halbwegs stabilen Partner.
Frage: Wie können sie denn die SPD stabilisieren?
Dr.Peter Ramsauer: Indem zum Beispiel Peter Struck, Volker Kauder und ich als parlamentarische Anker fungieren und versuchen, die Koalition einigermaßen beisammen zu halten. Das gleiche gilt auch für das Kabinett.
Frage: Mit der Atomenergie zeichnet sich ein neues Konfliktfeld ab. Werden Sie damit in den Wahlkampf ziehen, pro Atom?
Dr.Peter Ramsauer: Es gibt keine isolierte Kernenergiediskussion. Die Kernenergie ist nur ein Teil der Energieversorgung, wenn auch ein wichtiger. Weltweit wird sie ausgebaut. Es geht darum, die Laufzeiten der bestehenden Kraftwerke vernünftig zu verlängern, um Zeit zu gewinnen und den Anteil der CO2-freien Energieerzeugung ausbauen zu können.
Frage: Dann könnten Sie ja dem Vorschlag zustimmen, im Gegenzug den Verzicht auf Neubauten im Grundgesetz festzuschreiben.
Dr.Peter Ramsauer: Man darf eine sachpolitische Frage nicht mit dem Grundgesetz verbinden. Das ist vollkommen verfehlt. So würde das Grundgesetz regelrecht für eine Ideologie missbraucht.
Frage: Welche Garantie können Sie stattdessen geben, dass nicht neue Atomkraftwerke gebaut werden?
Dr.Peter Ramsauer: Ich will überhaupt keine Garantie für irgendetwas abgeben. Im Moment gibt es keinen einzigen Energiekonzern, der Kernkraftwerke bei uns bauen will. Es ist kein Antrag gestellt und weit und breit keiner in Sicht.
Frage: Die CSU sammelt Unterschriften für die Pendlerpauschale. Ist Ihre Not im Landtagswahlkampf so groß, dass sie sich gegen die CDU profilieren müssen?
Dr.Peter Ramsauer: Wir profilieren uns doch nicht gegen die CDU, weder allgemein, noch bei der Pendlerpauschale. Wir profilieren uns als Partei, die die Sorgen der Menschen ernst nimmt. Und dazu gehört angesichts der steigenden Benzinpreise die Pendlerpauschale. Unser Steuerkonzept findet im Übrigen immer mehr Unterstützung in der CDU. Das zeigt doch, dass es kein Gegeneinander, sondern ganz im Gegenteil riesengroße Schnittmengen zwischen CDU und CSU gibt.
Frage: Wer soll denn im Bundeskabinett den CSU-Einfluss künftig sichern, Günther Beckstein oder Erwin Huber.
Dr.Peter Ramsauer: Das hängt sicher auch vom Wahlergebnis ab. In einer bürgerlichen Koalition mit der FDP wird sich die Zahl der CSU-Minister und Staatssekretäre verdoppeln. Wir stellen heute schon tüchtige Kabinettsmitglieder. Und Erwin Huber hat klipp und klar gesagt, dass er nach der nächsten Bundestagswahl nach Berlin ins Kabinett wechselt.
Frage: Sie gehören auch zum Kreis der Anwärter?
Dr.Peter Ramsauer: Der Landesgruppenchef der CSU steht bundespolitisch immer mit an vorderster Front.
Frage: Für alle Aufgaben?
Dr.Peter Ramsauer: Wenn als Landesgruppenchef, dann als Landesgruppenchef.
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