Im Interview erklärt Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt, warum die bäuerliche Landwirtschaft Großartiges leistet und dass die bestehenden Herausforderungen nur gemeinsam mit der Landwirtschaft und nicht gegen sie gelöst werden können.

Herr Minister, Sie hatten angesichts der schwierigen Lage auf dem Milchmarkt zum Milchgipfel ‎geladen. Welche Maßnahmen haben Sie dort verabredet?

Das wichtigste Ergebnis des Milchgipfels ist die Verständigung auf dringend notwendige Strukturreformen. Denn ein „weiter so“ kann es nicht geben, das habe ich den Teilnehmern deutlich gesagt. Die Menge muss runter für bessere Preise. Ich bin froh, dass die Wirtschaftsbeteiligten – also die Bauern, die Molkereien und der Handel – einen Branchendialog initiieren werden und endlich erste Schritte hin zu strukturellen Verbesserungen im Milchmarkt einleiten wollen. Auf Basis unseres Agrarmarktstrukturgesetzes wird der Branchendialog Vorschläge zu einer kurzfristigen Reduzierung der Milchmenge und zu einer langfristigen Neuordnung der Marktstruktur erarbeiten. Die Molkereien werden mit ihren Mitgliedern auf eine marktorientierte Mengendisziplin und eine Flexibilisierung der Lieferbeziehungen hinarbeiten. Und auch der Handel will seinen Beitrag leisten. Ich erwarte, dass die Marktbeteiligten diesen Worten jetzt auch Taten folgen lassen.

Strukturreformen brauchen ihre Zeit, deshalb werden wir die Bauern mit einem Bündel an Maßnahmen – beispielsweise steuerlichen Entlastungen, Bürgschaften oder Zuschüssen zur Unfallversicherung – weiter unterstützen. Ich bin mit Finanzminister Schäuble, der Fraktion, den Ländern und der EU in Gesprächen, um ein starkes Maßnahmenpaket zur Unterstützung der Landwirtschaft zu schnüren.

Nicht nur den Milchbauern geht es momentan schlecht‎ - die Landwirtschaft insgesamt befindet sich schon seit vergangenem Jahr in der Krise. Woran liegt das?

Keine Frage: Die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Sie muss sich heute auf globalen Märkten behaupten und auf Ereignisse reagieren, die sie nicht beeinflussen kann. Ich denke da an geopolitische Krisen in Nahost oder der Ukraine. Gleichzeitig steigen die Anforderungen der Verbraucher genauso wie Umwelt- und Klimaschutzstandards. Die Anforderungen an einen Landwirt sind also um ein vielfaches größer als in der Vergangenheit. Aber, das eröffnet auch neue Chancen. Zum Beispiel in Regionalisierung, Spezialisierung oder Tierwohl. Für diese Produkte zahlen die Kunden – wie auch bei Bio – deutlich höhere Preise.  

Viele Familienbetriebe leiden unter der Krise - niedrige Erzeugerpreise, immer mehr Auflagen und fehlende Akzeptanz in der Gesellschaft lassen einige ans Aufgeben denken. ‎Was geben Sie denen mit auf den Weg?

Mit aggressiven Kampagnen von NGOs und absurden Forderungen grüner Politiker wurde die Landwirtschaft in der öffentlichen Wahrnehmung schwer diskreditiert. Das Bild der schlimmen „Agrarfabriken“ hat sich in der Vorstellungswelt festgesetzt. So ist die Welt aber nicht. Und die Landwirtschaft ist nicht der Sündenbock für alle Probleme zwischen Himmel und Erde. Die bäuerliche Landwirtschaft leistet großartiges! Sie sorgt nicht nur für Ernährung, sondern auch für Landschaftspflege, für Arbeitsplätze und soziale Strukturen im ländlichen Raum. Es ist keine Frage, wir werden die bäuerliche Landwirtschaft auch in diesen schwierigen Zeiten weiter unterstützen. Denn: Die Landwirtschaft gehört in die Mitte der Gesellschaft. Wir müssen die bestehenden Herausforderungen gemeinsam mit der Landwirtschaft lösen und nicht gegen sie. Ich will mit meiner Politik Perspektiven schaffen.  

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