Interview mit der Berliner Morgenpost

Die Familienpflegezeit sieht vor, dass Beschäftigte ihre Arbeitszeit über einen Zeitraum von maximal zwei Jahren auf bis zu 15 Stunden reduzieren können, wenn sie einen Angehörigen pflegen, erläutert Dorothee Bär im Interview mit der Berliner Morgenpost.

Berliner Morgenpost: Frau Bär, ist die steigende Lebenserwartung eine Geißel der Gesellschaft?
 
Dorothee Bär: Dass Menschen heute länger leben, vor allem, dass die meisten auch im Alter noch in guter körperlicher Verfassung sind, ist auf jeden Fall ein Zugewinn. Dass aufgrund von Studium und Beruf Kinder oft nicht mehr im selben Ort wohnen, in dem ihre alten Eltern leben, ist bedauerlich, bedeutet aber kein Nachlassen familiärer Bindungen, sondern lediglich ein logistisches Problem. Für alle alten Menschen, die Unterstützung benötigen, brauchen wir qualitativ hochwertige und bezahlbare Betreuungsformen.
 
Frage:  Die OECD rät zu einer stärkeren staatlichen Unterstützung von Menschen, die ihre Angehörigen oder Freunde freiwillig pflegen.
 
Bär: Wirmüssen realistisch sein und zugestehen, dass eine bezahlte Auszeit (analog zum Elterngeld) nicht finanzierbar ist. Die von Union und FDP jetzt auf den Weg gebrachte Familienpflegezeit ist dagegen ein sehr guter Weg. Sie sieht vor, dass Beschäftigte ihre Arbeitszeit über einen Zeitraum von maximal zwei Jahren auf bis zu 15 Stunden reduzieren können, wenn sie einen Angehörigen pflegen.
 
Frage: Nur wenige wollen Altenpfleger werden. Ist mehr Gehalt das Gebot der Stunde?
 
Bär: Viele soziale Berufe sind nicht gut bezahlt. Eine bessere Bezahlung ist ein Punkt, der die Attraktivität steigern kann. Doch das Berufsbild muss insgesamt attraktiver werden. Deshalb haben Familien- und Gesundheitsministerium unter Beteiligung der Länder im März 2010 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die Vorschläge dazu erarbeiten soll. Wir hoffen, diese in Kürze vorgelegt zu bekommen.
 
Mit Dorothee Bär sprach Florian Kain.
 
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