Gemeinsame Tagung des Geschäftsführenden Vorstandes der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und der Groupe UMP in der Assemblée Nationale

Gleichberechtigung ist ein wichtiges Fundament der französischen und deutschen Gesellschaft. Es liegt daher in unserem Interesse, Frauen und Männern in den verschiedenen Phasen ihres Lebens gleichermaßen echte Wahlmöglichkeiten zu bieten.

Präambel
Gleichberechtigung ist ein wichtiges Fundament der französischen und deutschen Gesellschaft. Wir begrüßen, dass in jüngster Zeit positive Trends auf dem Gebiet der Gleichstellung zu verzeichnen sind, darunter die steigende Zahl von Frauen auf dem Arbeitsmarkt und die immer höheren Bildungsabschlüsse, die Frauen erzielen. Gleichwohl gibt es auf zahlreichen Gebieten immer noch geschlechtsspezifische Unterschiede. Auf dem Arbeitsmarkt sind Frauen im Niedriglohnsektor überdurchschnittlich und in Führungspositionen unterdurchschnittlich vertreten. Frauen leisten im Haushalt noch immer deutlich mehr Arbeit als Männer. Geschlechterrollen beeinflussen nach wie vor persönliche Entscheidungen hinsichtlich Bildung, Berufswahl, Arbeitszeit, Familie und Partnerschaft. Diese Entscheidungen wirken sich auf Wirtschaft und Gesellschaft aus. Es liegt daher in unserem Interesse, Frauen und Männern in den verschiedenen Phasen ihres Lebens gleichermaßen echte Wahlmöglichkeiten zu bieten. Das vorliegende Eckpunktepapier erläutert auf Grundlage der Europäischen Strategie für Gleichstellung sowie der nationalen Koalitionsvereinbarungen diejenigen Maßnahmen, die im Bereich unserer Gleichstellungspolitik vorrangig durchgeführt werden sollen, um Veränderungen anzustoßen und Fortschritte zu erzielen. Gleichzeitig soll das Eckpunktepapier Grundlage für die Zusammenarbeit in Gleichstellungsfragen zwischen Frankreich und Deutschland sein.
 
I. Bekämpfung von Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern
Der Grundsatz des gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit ist im internationalen und europäischen Recht sowie in unseren nationalen Rechtsordnungen verankert. Dennoch liegt die geschlechtsspezifische Lohnlücke (der durchschnittliche Unterschied zwischen den Bruttostundenlöhnen von Männern und Frauen in der Wirtschaft insgesamt) in der EU bei 17,8 Prozent. Die Differenz beläuft sich auf über 25 Prozent in der Tschechischen Republik, Österreich und Estland, in Deutschland auf 23,2 Prozent, in Frankreich auf 19,2 Prozent und in Italien, Malta, Polen, Slowenien, Rumänien, Portugal und Belgien auf unter 10 Prozent. Die berufliche Entwicklung von Frauen bleibt damit hinter dem von ihnen erreichten Bildungsniveau zurück.
 
Die Ursachen der Entgeltungleichheit liegen u.a. in der Segregation des Arbeitsmarktes. Frauen und Männer bevorzugen zum einen unterschiedliche Branchen und Berufe. Von Frauen überproportional häufig gewählte Berufe werden teilweise immer noch geringer bewertet und entlohnt. Zum anderen sind Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert. Hinzu kommt, dass Frauen einen großen Anteil an familiären Verpflichtungen übernehmen. Viele Frauen arbeiten deshalb in Teilzeit oder haben atypische Arbeitsverträge, was sich negativ auf ihre Löhne und Gehälter, ihre Karrierechancen und ihre Renten- bzw. Pensionsansprüche auswirkt.
 
 
Wir wollen deshalb
• die Lohntransparenz verbessern und Initiativen für gleiches Entgelt am Arbeitsplatz – etwa Selbstverpflichtungen, Gütesiegel, Auszeichnungen – unterstützen, die es Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern erleichtern, ungerechtfertigte geschlechterspezifische Lohnunterschiede zu beseitigen
• Mädchen und Jungen dazu ermutigen, ihr Berufswahlverhalten zu erweitern und sich für nicht traditionell typische Frauen- bzw. Männerberufe zu entscheiden
• den jährlichen Tag für gleiches Entgelt (Equal Pay Day) programmatisch fördern, der das Bewusstsein dafür schärfen soll, wie viele Stunden mehr Frauen arbeiten müssen, um so viel zu verdienen wie Männer.
 
 
II. Frauen in Führungspositionen
Obwohl Frauen mittlerweile einen großen Teil der Arbeitskräfte und über die Hälfte der Hochschulabsolventen stellen, sind sie in Entscheidungsprozessen und Führungspositionen – insbesondere auf höchster Ebene der Privatwirtschaft – noch immer unterrepräsentiert.
 
Der Frauenanteil ist auf allen Management- und Führungsebenen geringer als der Männeranteil. In Europa ist im Durchschnitt nur jedes zehnte Aufsichtsratsmitglied eine Frau. Zahlreiche Studien haben jedoch bewiesen, dass die Zahl der Frauen in Führungspositionen positiv mit dem Erfolg der Unternehmen korreliert.
 
Wir wollen deshalb
 
• gezielte Initiativen zur Erhöhung des Frauenanteils an allen Führungspositionen ergreifen.
 
 
III. Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Frauen übernehmen nach wie vor einen übermäßig großen Anteil der Verantwortung für die Familie. Viele Frauen haben das Gefühl, sich zwischen Kindern und Karriere entscheiden zu müssen. Aufgrund der demographischen Entwicklung kommt hinzu, dass sich immer mehr Frauen und Männer über unvorhersehbare Zeiträume hinweg um Angehörige kümmern müssen. Es ist insofern notwendig, Maßnahmen zu ergreifen bzw. fortzusetzen, die eine echte Wahlfreiheit ermöglichen. Dazu gehören unter anderem Initiativen, die auf die Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger und erschwinglicher Betreuungsleistungen sowie eine familienfreundlichere Arbeitswelt abzielen.
 
Wir wollen deshalb
 
• die Qualität und Quantität in Bezug auf Kinderbetreuungseinrichtungen verbessern und die Wahlfreiheit der Eltern stärken
 
• eine familiengerechte Arbeitswelt schaffen, indem wir uns für familienfreundliche und flexible Arbeitszeitmodelle einsetzen.
 
• die Unternehmen auffordern, ihre Betreuungsangebote zu verbessern und Väter zu ermutigen, ihren Anspruch auf Eltern -und Pflegezeit geltend zu machen.
 
 
IV. Geschlechterrollen
Traditionelle, starre Geschlechterrollen können die Wahlfreiheit der Einzelnen behindern und das Potenzial von Frauen und Männern einschränken. Die Förderung diskriminierungsfreier Geschlechterrollen in allen Lebensbereichen stellt damit einen wesentlichen Beitrag zur Gleichstellung dar. Für die Gleichstellung bedarf es der aktiven Mitwirkung, Unterstützung und Beteiligung von Männern. Politische Maßnahmen sollten auch in Bezug auf geschlechtsspezifische Ungleichheiten ergriffen werden, von denen Jungen/Männer betroffen sind (z.B. schlechtere Lese- und Schreibkompetenzen, höhere Schulabbrecherquoten).
 
Wir wollen deshalb
 
• die Rolle der Männer für die Gleichstellung stärken und bewährte Verfahren im Hinblick auf das Aufbrechen des Rollenverhaltens von Frauen und Männern fördern.
 
 
V. Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen
Frauen erfahren unterschiedlichste Formen der Gewalt. Dazu gehören häusliche Gewalt, sexuelle Belästigung, Vergewaltigung sowie Bräuche, Riten und Traditionen zum Schaden von Frauen wie etwa Genitalverstümmelung, Zwangsehen und sogenannte Ehrenmorde. Schätzungen zufolge haben 20 bis 25 Prozent aller Frauen zumindest einmal in ihrem Leben körperliche Gewalt erlitten. Es ist dementsprechend wichtig, Frauen vor geschlechtsspezifischer Gewalt zu schützen.
Wir wollen deshalb
 
• unsere staatlichen Hilfesysteme im Bereich der Gewalt gegen Frauen weiter stützen und insbesondere die Infrastrukturen für schnelle und unkomplizierte Hilfe weiter entwickeln.
 
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