Gerda Hasselfeldt im Gespräch mit Silvia Engels vom Deutschlandradio

Nach CSU-Chef Horst Seehofer kommt nun auch von der CSU-Landesgruppe im Bundestag Zustimmung zu einer neuen Atommüll-Endlagersuche. Gerda Hasselfeldt will dennoch ein ergebnisoffenes Verfahren für das vorhandene Endlager Gorleben - solange darüber Konsens herrscht

Einleitung:
Mitgehört hat Gerda Hasselfeldt. Sie ist die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Guten Morgen, Frau Hasselfeldt.

Gerda Hasselfeldt:
Guten Morgen!

Frage:
Höhere Kosten, Klimaschutzziele nicht erreichbar, möglicherweise ein Blackout. Wie sehen Sie diese Gefahren?

Gerda Hasselfeldt:
Nun, wir haben uns in den vergangenen Wochen wirklich in ganz intensiven Beratungen sowohl in den Koalitionsfraktionen als auch in vielen anderen Kommissionen mit der Realisierbarkeit eines früheren Ausstiegs aus der Kernenergie befasst, und ich denke, das, was jetzt auf dem Tisch liegt, das ist zwar ein sehr ehrgeiziges und ambitioniertes Konzept, aber es ist ein realisierbares Konzept. Das wird auch bestätigt durch den Bericht der Ethikkommission, der gestern vorgelegt wurde, einer Kommission, in der eine breite Palette von Fachleuten, von Wissenschaftlern, von Leuten aus der Wirtschaft, aber auch aus dem gesamten gesellschaftlichen Spektrum des Landes, gearbeitet haben, und ich denke, dass die Zusammenarbeit in dieser Kommission und das Ergebnis der Arbeit dieser Kommission auch eine gute Grundlage war, die sich im Ergebnis unserer Arbeit ja widerspiegelt.

Frage:
Frau Hasselfeldt, hätten Sie denn noch vor einem halben Jahr gedacht, dass Sie als CSU-Politikerin mal in so vielen Punkten anderer Meinung sein würden als die Interessenvertreter der Atomwirtschaft?

Gerda Hasselfeldt:
Also für mich persönlich sage ich schon ganz ehrlich, dass ich vor einem halben Jahr die Situation anders eingeschätzt habe. Ich bin bei der Sicherheit der Anlagen, auch von dem Restrisiko, von wahrscheinlichen Risiken, ausgegeben nach Fukushima, wissen wir, dass wir alle möglichen Risiken mit einkalkulieren müssen, und ich habe auch die Frage des gesellschaftlichen Konsenses anders eingeschätzt als heute. Mittlerweile wissen wir auch, dass vieles realisierbar ist, zwar mit ehrgeizigen Maßnahmen, beispielsweise im Bereich des Netzausbaus, der Speichertechnologien und so weiter realisierbar ist. Das alles ist im Vergleich zur Situation von vor einem halben Jahr eine neue Ausgangslage, und ich bin der Meinung, dass auch einem Politiker zugestanden werden muss, dass er Dinge noch mal überdenkt.

Frage:
Gesellschaftlicher Konsens ist ein gutes Stichwort. Es geht ja auch der Bundesregierung darum, SPD und Grüne möglicherweise mit einzubinden, also mit zur Zustimmung zu bewegen. Nun haben die SPD-geführten Länder angekündigt, dass sie wollen, dass die Energiewende auch im Bundesrat beschlossen wird. Werden Sie das ermöglichen?

Gerda Hasselfeldt:
Ob nun das Ganze zustimmungspflichtig ist oder nicht, das heißt die Zustimmung zwingend des Bundesrats notwendig ist, das ist eine Frage, die sich anhand des genauen Gesetzestextes dann entscheidet.

Frage:
Aber würden Sie es sich wünschen?

Gerda Hasselfeldt:
Ja, ich würde es mir wünschen. Ich würde mir überhaupt einen breiten parteipolitischen Konsens wünschen, nicht nur einen gesellschaftlichen Konsens. Deshalb haben wir auch die Hand ausgestreckt. Die Kanzlerin hat am nächsten Freitag ein Gespräch mit allen Ministerpräsidenten, es sind auch schon verschiedene andere Gespräche gelaufen, die Bundeskanzlerin hat auch die Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag über das Konzept schon vor wenigen Tagen informiert. Es liegt alles auf dem Tisch. Es wäre sehr wünschenswert, wenn wir einen breiten, auch parteipolitischen Konsens in diesen Fragen hätten, denn das alles, was wir jetzt auf den Weg bringen, das ist eine Angelegenheit, die nicht nur für wenige Jahre trägt, sondern uns alle im Bund, in den Ländern und in den Gemeinden, auch bei allen Wirtschaftsbereichen und die Bürger letztlich in die Verantwortung nimmt, in die Umgestaltung einer Grundlage unserer Gesellschaft, nämlich die Energiepolitik, die ja nicht in einigen Jahren wieder umgekrempelt werden kann.

Frage:
Nun hat der bayerische CSU-Chef Seehofer im Zusammenhang mit der Atompolitik wieder mal eine Position der CSU gewechselt. Er will nun die Endlagerfrage wieder offen angehen, möglicherweise auch ein solches Endlager in Bayern suchen lassen. Sie auch?

Gerda Hasselfeldt:
Nun, die Endlagerproblematik liegt ja auf dem Tisch, unabhängig von der Frage der Laufzeitverlängerung, und leider ist es so, dass durch den von Rot-Grün damals verhängten Erkundungsstopp wir wertvolle Zeit verloren haben. Aber es ist eine Verpflichtung von uns, dass wir, die wir heute bislang auch die Kernenergie genutzt haben, auch dafür sorgen, dass die Endlagerproblematik auch für künftige Generationen gelöst ist, und deshalb ist auch hier ein breiter gesellschaftlicher Konsens sinnvoll, ...

Frage:
Also Suche auch in Bayern?

Gerda Hasselfeldt:
... , und wenn dieser besser zu erreichen ist, neben einer Weiterführung der ergebnisoffenen Erkundung in Gorleben durch eine Öffnung auch hin zu Verfahren zur Ermittlung alternativer Standorte, dann, denke ich, ist dies ein guter Vorschlag.

Frage:
Also auch in Bayern?

Gerda Hasselfeldt:
Insgesamt, das habe ich gesagt, neben der weiteren ergebnisoffenen Erkundung von Gorleben auch Verfahren zu eröffnen für mögliche alternative Standorte.

- Gerda Hasselfeldt, die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Vielen Dank für das Gespräch. -

Gerda Hasselfeldt:
Bitte sehr.

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