CSU-Landesgruppevorsitzende Gerda Hasselfeldt im Interview mit der Welt

Gerda Hasselfeldt, Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, kritisiert im Interview mit der Tageszeitung "DIE WELT" die Debatten über mögliche schwarz-grüne Bündnisse und spricht über die Situation in Griechenland.

WELT:
Frau Gerda Hasselfeldt, wissen Sie welche Anekdote die Kanzlerin angeblich gerade über die CSU erzählt?

GERDA HASSELFELDT:
Oh, ich hege schon einen Verdacht. Aber helfen Sie mir.

WELT:
Neulich reiste eine Gruppe von CSU-Bundestagsabgeordneten nach Portugal ...

GERDA HASSELFELDT:
... stimmt ...

WELT:
... mit der Mission, dort einmal ordentlich Sparsamkeit zu predigen. Aber nach der Rückkehr waren alle plötzlich viel milder gestimmt und ein sehr prominenter CSU-Politiker bat die Kanzlerin sogar, die Portugiesen künftig rhetorisch zu schonen ...

GERDA HASSELFELDT:
(lacht) ... da muss ich etwas klarstellen. Die CSU-Landesgruppe war schon im Sommer in Portugal. Im Herbst ist dann auch die CSU-Landtagsfraktion dorthin gereist – angeführt von unserem Parteivorsitzenden und Ministerpräsidenten Horst Seehofer. Aber die Eindrücke, die wir gewonnen haben waren die gleichen und sind in dieser Anekdote korrekt wiedergegeben.

WELT:
Angeblich hat Merkel geantwortet: Toll, dann sollten wir vielleicht bald mit der ganzen Bundestagsfraktion einen Betriebsausflug nach Griechenland machen.

GERDA HASSELFELDT
:
Sehr schön!

WELT:
Im Ernst, das „Nein“ der CSU-Abgeordneten zu einem dritten Hilfspaket für Griechenland ist nicht mehr in Stein gemeißelt, oder?

GERDA HASSELFELDT:
Die CSU hat in der gesamten Staatsschuldenkrise immer eine sehr verantwortungsvolle Position eingenommen und wir tun das auch weiterhin. Wir legen großen Wert darauf, dass Länder wie Portugal und Irland, aber auch Griechenland die für die Hilfen verabredeten Bedingungen erfüllen und wir beobachten sehr sorgfältig die wirtschaftlichen Konsequenzen jeder Entscheidung, die wir treffen – und zwar für Deutschland und den gesamten Euroraum.

WELT:
Und da eine griechische Pleite unkalkulierbare Auswirkungen auf den Euro-Raum hätte, muss sie um jeden Preis vermieden werden?

GERDA HASSELFELDT:
Wir können gerade in der Euro-Krise keine Entscheidungen treffen ohne alle Konsequenzen abzuwägen. Außerdem sehen wir, dass nicht nur in Portugal und Irland, sondern auch in Griechenland die Vorgaben der so genannten „Troika“ erfüllt werden und die notwendigen Maßnahmen angegangen werden. Es zeigen sich sogar schon leichte Verbesserungen. Die griechischen Lohnstückkosten gehen zurück. Das Leistungsbilanzdefizit wird ebenfalls abgebaut. Die griechische Wettbewerbsfähigkeit steigt also. Unser Ansatz war und ist: Solidarität unter Bedingungen. Und dieser Ansatz greift – allerdings braucht es noch etwas Zeit. In Griechenland ist die Anpassungsrezession größer als wir das erwarten konnten. Deshalb müssen wir uns in großer Ruhe und mit aller Verantwortung überlegen: Was ist jetzt noch zu tun, um das, was in Griechenland begonnen wurde, nicht zu ersticken, sondern weiterzuentwickeln? Da gibt es verschiedene Vorschläge, die wir diskutieren und in der nächsten Woche vernünftig entscheiden werden.

WELT:
Es kommt also doch das dritte Griechenland-Paket, das ihre Partei – und auch Sie persönlich – eigentlich ausgeschlossen haben?

GERDA HASSELFELDT:
Es geht nicht um ein drittes Griechenlandpaket, sondern um Modifizierungen der bisherigen Maßnahmen. Wir reden darüber, ob wir Griechenland etwas mehr Zeit geben und dafür die bisherige Hilfe ausdehnen. Wenn wir das nicht tun, müssen wir nicht nur die ökonomischen, sondern auch die politischen Folgen tragen. Und diese wären nur schwer zu verantworten.

WELT:
Kanzlerkandidat Steinbrück droht, dass die SPD diesmal nicht mitstimmt. Dann muss die CSU dabei sein, weil sie die Kanzlerin nicht hängen lassen kann, oder?

GERDA HASSELFELDT:
Ich gehe davon aus, dass die Regierungskoalition eine eigene Mehrheit haben wird.

WELT:
Welche der momentan diskutierten neuen Hilfsmaßnahmen könnte die CSU auf keinen Fall mittragen?

GERDA HASSELFELDT:
Meines Erachtens brauchen wir keine Maßnahme, die unmittelbar haushaltswirksam wird. Das ist der Unterschied zur SPD, die den deutschen Steuerzahler so schnell wie möglich zur Kasse bitten will.

WELT:
Die Zeiten der scharfen Töne von Einigen aus München gegen die Krisenländer scheint jedenfalls vorbei.

GERDA HASSELFELDT: 
Ich freue mich grundsätzlich über erfolgreiche Lernprozesse und über diesen besonders.

WELT:
Der Bundesrat hat gestern das Abkommen mit der Schweiz zur Versteuerung von Schwarzgeld endgültig abgelehnt.

GERDA HASSELFELDT:
Das ist wirklich ein dicker Hund! Grüne und SPD schlagen vor, die Steuern zu erhöhen, um die Schulden abzubauen. Und dann lehnen sie Milliarden zusätzlicher Einnahmen für Länder und Kommunen ab, nur um im Bundesrat zu blockieren! Einziger Grund: Sie gönnen dieser Regierung keinen Erfolg.

WELT:
Seit die Grünen mit Katrin Göring-Eckardt eine Kandidatin gewählt, die von Ferne bürgerlich aussieht. Nun gibt es eine Debatte über Schwarz-Grün ...

GERDA HASSELFELDT: 
... dabei sind die Grünen auf ihrem Parteitag doch stark nach links gerückt! Sie haben eben nicht den leistungsbereiten Bürger im Blick, sondern planen eine Umverteilungsorgie, die sie mit Steuererhöhungen finanzieren wollen. Der grüne Plan, Hartz IV um mehr als 10 Prozent zu erhöhen, ist eine Ohrfeige für jeden Arbeitnehmer genau wie die Diskussion über ein bedingungsloses Grundeinkommen Denen aus der CDU, die jetzt über Schwarz-Grün schwadronieren, empfehle ich dringend, die Beschlüsse des grünen Parteitags nachzulesen.

WELT:
Was muss eigentlich passieren, damit es zu Weißblau-Grün kommt?

GERDA HASSELFELDT:
Die Unterschiede zwischen der Union insgesamt und den Grünen sind groß, die Unterschiede zwischen CSU und Grünen noch größer. Da gibt es wirklich keine Schnittmenge.

WELT:
Auf dem CDU-Parteitag Anfang Dezember bahnt sich eine Debatte um die Ausweitung des Ehegattensplittings auf homosexuelle Lebenspartnerschaften an. Ist Ihre Schwesterpartei gut beraten, darüber jetzt zu streiten?

GERDA HASSELFELDT:
Ich habe großen Respekt vor gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern, die füreinander Verantwortung übernehmen. Eine Privilegierung von Ehe und Familie ist und bleibt aber notwendig. Gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften haben einen anderen Charakter als eine Ehe. Keinen minderwertigen, aber einen anderen. Deshalb ist der Vorstoß einiger Abgeordneter auf dem CDU-Parteitag, das Ehegattensplitting auszuweiten, völlig überflüssig. In der CSU beschäftigen wir uns mit anderen Themen.

WELT:
Die CDU-Führung will auf dem Parteitag einen Beschluss vermeiden, die Renten von älteren Müttern zu erhöhen. Die CSU hat auf ihrem Parteitag aber genau dies beschlossen.

GERDA HASSELFELDT:
Ja, deshalb haben wir auch jüngst im Koalitionsausschuss dafür gekämpft...

WELT:
... und nur einen Prüfauftrag bekommen....

GERDA HASSELFELDT:
... den wir aber sehr ernst nehmen. Sehr rasch müssen die Zahlen vorgelegt werden, damit noch in dieser Legislaturperiode Grundsatzentscheidungen getroffen werden können, die zu Verbesserungen für die Frauen führen, die vor 1992 Kinder bekommen haben.

WELT:
Für ihre Zuschussrente hatte die zuständige Ministerin Ursula von der Leyen die Zahlen sehr viel schneller parat.

GERDA HASSELFELDT:
Aber auch dazu ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Hier laufen noch viele Gespräche unter den Sozialpolitikern der Koalitionsfraktionen, weil es noch sehr viele offene Fragen gibt. Ordnungspolitisch ist das alles andere als einfach.

WELT:
Hat die Rentenministerin die CDU-Frauen hier im Stich gelassen?

GERDA HASSELFELDT:
Ursula von der Leyen weiß um die Problematik und sie kennt das Anliegen der Frauen, Erziehungszeiten stärker in der Rente zu berücksichtigen. Sie ist gut beraten, es nicht auf die Seite zu stellen.

Das Interview führte

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