Gerda Hasselfeldt nimmt im Tagesspiegel Stellung zu aktuellen Themen
Im Interview mit dem Tagesspiegel erläutert die Landesgruppenvorsitzende den Kurs der Landesgruppe in Sachen Energiewende und aktuellen außenpolitischen Diskussionen:
Tagesspiegel:
Frau Hasselfeldt, welche Rolle hat die CSU in der Koalition?
Gerda Hasselfeldt:
Auf jeden Fall eine konstruktive Rolle. Wir wollen, dass die Regierung erfolgreich ist.
Tagesspiegel:
Ist es konstruktiv gleich beim ersten großen Kabinettsbeschluss, der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, demonstrativ ein Minderheitenvotum aller CSU-Minister abzugeben?
Gerda Hasselfeldt:
Wir sagen ganz klar: Die Eckpunkte, die das Kabinett beschlossen hat, sind eine gute Grundlage für die Erarbeitung des Gesetzentwurfs. Wir weisen nur auf die uns wichtigen Punkte hin.
Tagesspiegel:
Das klingt nicht nach Unterstützung für Sigmar Gabriels Papier.
Gerda Hasselfeldt:
Das ist eine Fehlinterpretation. Wenn ich Grundlage sage, dann heißt das auch Grundlage. Eine endgültige Beurteilung kann ich natürlich erst abgeben, wenn der Gesetzentwurf vorliegt. Wir haben für die Erarbeitung des Gesetzentwurfs unsere Vorstellungen zum Ausdruck gebracht. Uns ist wichtig, dass die Biomasse nicht schlechter gestellt wird als andere Erneuerbare Energien, und wir legen Wert darauf, dass Vertrauensschutz gilt. Eckpunkte sind doch dazu da, diskutiert zu werden. Sonst hätte Sigmar Gabriel auch gleich einen Gesetzentwurf vorlegen können. Das hat er ganz bewusst nicht getan.
Tagesspiegel:
Man hätte die Hinweise der CSU auch mit weniger öffentlicher Aufmerksamkeit an den neuen Wirtschafts- und Energieminister herantragen können.
Gerda Hasselfeldt:
Wir haben unsere Position zur Biomasse bereits während der Koalitionsverhandlungen klar zum Ausdruck gebracht. Niemand kann also überrascht sein. Im Gegensatz zu Sonne und Wind ist Energie aus Biomasse grundlastfähig. Das heißt, diese Erneuerbare Energie ist verlässlich verfügbar, auch wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Deshalb ist die Bioenergie für uns ein wichtiger Bestandteil der Energiewende. Wir plädieren dafür, dass der sogenannte Ausbaupfad, der im Eckpunktepapier für Biomasse vorgesehen ist, im Vergleich zu dem Pfad für Wind- und Photovoltaik ausgeweitet wird. Wir wollen auf diese Art der Energieerzeugung nicht verzichten.
Tagesspiegel:
Sigmar Gabriel hat auf das „Gemeinwohl“ im Bezug auf die Reform des EEG hingewiesen. Ist Ihre Sicht auf die Biomasse nicht eine sehr landesspezifische Sicht auf die Dinge?
Gerda Hasselfeldt:
Wir vertreten nicht nur regionale Interessen. Thüringen beispielsweise hat eine ähnliche Position beim Thema Biomasse. Bioenergie ist grundlastfähig und hat daher einen anderen Stellenwert. Unsere Kritik ist also sachgerecht. Für uns ist bei der Energiewende von zentraler Bedeutung, die Energiekosten für die Menschen und Unternehmen in unserem Land zu begrenzen und eine sichere Energieversorgung zu erreichen. Versorgungssicherheit bedeutet: Auch bei Flaute und bedecktem Himmel muss jederzeit ausreichend Energie zur Verfügung stehen. Die Bioenergie kann das gewährleisten. Neben dem Ausbaupfad muss auch über die Frage gesprochen werden, wie die Erweiterung bestehender Anlagen bewertet wird. In den Eckpunkten ist vorgesehen, dass solche Erweiterungsinvestitionen in der Förderung schlechter gestellt werden sollen. Darüber müssen wir reden. Denn das macht Bioenergie unattraktiver. Bei allem Gesprächsbedarf, eines ist klar: Die Richtung des Eckpunktepapiers ist richtig. Jetzt müssen wir die Eckpunkte gemeinsam mit dem Energieminister und auch den Ländern vernünftig ausgestalten. Ich bin zuversichtlich, dass uns dies im Gesetzgebungsprozess gelingen wird.
Tagesspiegel:
Soll Bayern das Land der Bioenergie werden?
Gerda Hasselfeldt:
Stromerzeugung aus Biomasse ist in Bayern stark ausgeprägt. Wir legen Wert darauf, dass die Energieerzeugung nicht nur in den Händen großer Unternehmen liegt, sondern dezentral organisiert ist. Uns ist eine regionale, sichere und bezahlbare Energieerzeugung wichtig. Im Interesse des Gelingens der Energiewende tun wir gut daran, deutlich auf die Attraktivität der Bioenergie hinzuweisen.
Tagesspiegel:
Ist die Kritik eine Folge des Autarkiebestrebens Bayerns?
Gerda Hasselfeldt:
Wir wollen möglichst viel Energieversorgung in unserer Heimat haben. Das ist ein legitimes Interesse. Wir vertreten dieses Interesse, so wie sich die windstarken Bundesländer besonders für die Windkraft einsetzen. Ich bin sicher, uns steht ein spannender Diskussionsprozess bevor.
Tagesspiegel:
Teil des Diskussionsprozesses ist auch der Plan, die Eigenerzeugung von Strom bei Erneuerbaren Energien mit einem Beitrag zur EEG-Umlage, die die Verbraucher voll zahlen müssen, zu belasten. Ist das nicht legitim?
Gerda Hasselfeldt:
Auf die Frage des Eigenverbrauchs müssen wir besonderes Augenmerk legen. Für uns hat der Vertrauensschutz hohe Priorität. Diejenigen, die im Vertrauen auf eine gesetzliche Regelung investiert haben, müssen sich darauf verlassen können, dass nicht während des Spiels die Regeln geändert werden. Hier geht es auch um komplexe rechtliche Fragen. Dieser Punkt muss im Gesetzgebungsverfahren geklärt werden.
Tagesspiegel:
Der Bundeswirtschaftsminister hat das Ziel ausgegeben, die Reformen des EEG bis zum Sommer durch Bundestag und Bundesrat zu bringen. Wird das funktionieren?
Gerda Hasselfeldt:
Das Ziel ist ehrgeizig, aber zu erreichen, wenn alle mit anpacken.
Tagesspiegel:
Frau Hasselfeldt, an diesem Wochenende hat in München die Sicherheitskonferenz stattgefunden. Bisher stand Deutschland im Sicherheitsbereich für eine Kultur der Zurückhaltung. Nun wird daraus eine Kultur der Verantwortung. Geht Ihnen als CSU-Politikerin das zu schnell?
Gerda Hasselfeldt:
Deutschland trägt selbstverständlich eine Verantwortung in der Welt. Es ist gut, dass wir bei unserem Engagement in der Welt die Einsätze sehr sorgfältig abwägen. Wir müssen uns, immer wenn wir Soldaten in Krisenregionen schicken, die Lage sehr genau ansehen. Jede dieser Entscheidungen muss sich daran ausrichten, ob ein Einsatz notwendig ist und was wir tatsächlich leisten können. Außderdem muss es ein Gesamtkonzept vorliegen. Und am Ende entscheidet immer der Deutsche Bundestag. Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee.
Tagesspiegel:
In München hat Bundespräsident Gauck die Deutschen vor einer Sicherheitspolitik gewarnt, die als Drückebergerei verstanden wird. Haben wir unsere militärische Zurückhaltung bisher wirklich falsch begründet?
Gerda Hasselfeldt:
Bundespräsident Gauck hat auch betont, dass Deutschland nie rein militärische
Lösungen unterstützen wird, sondern immer politisch besonnen vorgehen und alle diplomatischen Lösungen ausschöpfen wird. Das ist der Weg, auf dem wir uns befinden und auf dem wir weiter gehen.
Tagesspiegel:
Hat Gauck recht, wenn er sagt, wir müssten uns international stärker, notfalls auch militärisch, engagieren?
Gerda Hasselfeldt:
Deutschland engagiert sich vielfältig. Rund 5.000 Soldatinnen und Soldaten sind derzeit im Ausland im Einsatz. Dazu kommen viele tausend Entwicklungshelfer. Das ist ein Engagement, dass unserer Leistungsfähigkeit entspricht. Dass wir zu militärischen Engagements willens und in der Lage sind, haben wir spätestens in Afghanistan unter Beweis gestellt oder auch im Kosovo und nicht zuletzt in Mali.