Frau Hasselfeldt, die Koalition hat mal wieder vieles vertagt. Warum?

Wir haben intensiv und konstruktiv verhandelt. Beim Integrationsgesetz und der Terrorbekämpfung liegen nun sehr konkrete Ergebnisse vor. Beide Themen sollen schnell durchs Parlament. Von Vertagung kann keine Rede sein.

Sind Themen wie Erbschaftsteuer, Leiharbeit, Werkverträge oder Elektromobilität nicht so wichtig?

Gerade weil die Themen wichtig sind, gibt es noch Gesprächsbedarf. Bei der Leiharbeit und den Werkverträgen wird die Arbeitsministerin ihren Gesetzentwurf in die Ressortabstimmung geben. Die offenen Punkte werden dort und im parlamentarischen Verfahren geklärt. Für uns ist wichtig: Die Wirtschaft braucht diese flexiblen Instrumente.

Und bei der Erbschaftssteuer blockiert die CSU auch weiter?

Wir blockieren nicht. Wir wollen eine gute Lösung und haben gute Argumente. Die Parteivorsitzenden loten nun Korrekturen aus, damit Familienunternehmen und Arbeitsplätze nicht gefährdet werden. Hier muss sich die SPD bewegen.

Wäre es nicht wichtig gewesen, bei dem Treffen auch ein Signal an die Wirtschaft für nachhaltiges Wachstum zu geben, das auch die Wirtschaftsforscher einfordern?

Zunächst muss man feststellen: Wir haben eine gute wirtschaftliche Entwicklung. Das liegt auch an richtigen politischen Entscheidungen. Natürlich dürfen wir uns nicht ausruhen. Deshalb sind wir bei der Erbschaftssteuer oder bei der Leiharbeit so hartnäckig. Wir investieren so viel wie noch nie in die Infrastruktur und setzen auf Themen wie die Digitalisierung und die Elektromobilität.

Für die sie mit der Kaufprämie eine Subvention planen. Ist das nachhaltige Wirtschaftspolitik?

Die Entscheidung ist noch nicht getroffen. Ich bin kein Anhänger einer Kaufprämie. Ich lege den Schwerpunkt auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur und mehr Forschung und Entwicklung.
Steuerliche Anreize halte ich auch für sinnvoll, etwa wenn es um den geldwerten Vorteil beim Laden am Arbeitsplatz geht.

Die Branche steht ohnehin mit dem VW-Skandal in der Kritik. Was erwarten Sie sich von dem Unternehmen?

Ich hoffe sehr, den Verantwortlichen ist bewusst, dass es nicht nur um ihr Unternehmen geht, sondern auch um die Akzeptanz der Branche und der Wirtschaft als Ganzes. Da sind die richtigen Signale nötig – auch für die eigene Belegschaft.

Was wäre so ein Signal?

Demut und Bescheidenheit – beispielsweise  bei den Boni.

CDU und CSU stehen eigentlich für die wirtschaftliche Vernunft, verlieren aber vor allem bei den Unternehmern an Zustimmung. Nun soll es noch ein Mietrecht geben, dass die Preisbildung am Markt weiter begrenzt. Gibt es überhaupt noch Politik für die Wirtschaft?

Diese Vorschläge von SPD-Minister Maas sind völlig kontraproduktiv. Wir brauchen zusätzliche Wohnungen, investieren deshalb mehr in den sozialen Wohnungsbau und fördern den Neubau steuerlich. Wer aber die unternehmerische Freiheit weiter einschränkt, der konterkariert diese Anreize, in den Wohnungsbau zu investieren. Die CSU wird dem sicher nicht zustimmen.

Warum führt die Union in Koalition immer wieder Abwehrkämpfe, anstatt in die Offensive zu gehen?

Wenn es eine Partei gibt, die für Wirtschaftsinteressen gerade in dieser Koalition gekämpft hat, dann war es die CSU.

Nicht die CDU?

Die CSU ist das wirtschaftspolitische Korrektiv dieser Koalition. Wir haben maßgeblich die Korrekturen beim Mindestlohn durchgesetzt und sind auch die treibende Kraft bei der Erbschaftsteuer und der Leiharbeit.

Werden denn CDU und CSU gemeinsam in den Wahlkampf ziehen?

Davon gehe ich aus.

Auch mit der Kanzlerin als gemeinsame Spitzenkandidaten?

Auch davon gehe ich aus.

Bei welchen Themen sind CDU und CSU denn noch einig?

Wir sind in vielen Fragen eng beieinander. Natürlich: Wir haben in der Flüchtlingskrise unterschiedliche Wege favorisiert. Das war so. Und das ist so.

Jetzt sinkt die Zahl der Flüchtlinge. War die Flüchtlingspolitik der Regierung doch ein Erfolg?

Unbestritten ist, dass es derzeit eine Entlastung gibt. Ob sie nachhaltig ist, muss sich zeigen. Der aktuelle Rückgang hängt vor allem mit der Situation in Österreich und den Balkanstaaten zusammen. Aber auch die Vereinbarung der EU mit der Türkei zeigte erste Wirkungen. Auch eine Reihe nationaler Maßnahmen, die wir auf den Weg gebracht haben, verbessert die Situation wie die Asylpakete, die Einstufung sicherer Herkunftsstaaten oder die Verbesserung der Verfahren beim Bamf.

Also muss die Kanzlerin keinen Kurswechsel mehr eingestehen?

Für Bilanzen ist es zu früh. Entscheidend ist die Lösung des Problems. Das heißt: Dauerhafte Begrenzung der Flüchtlingszahlen, Integration der Bleibeberechtigten, Bekämpfung der Fluchtursachen. Das ist nur in einer Mischung aus nationalen und europäischen Maßnahmen zu erreichen.

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