Schottland-Referendum, Asylrecht und der Umgang mit der AfD

Mittelbayerische Zeitung (MZ): Frau Hasselfeldt, 20 Prozent der Bayern sind für die Unabhängigkeit des Freistaates. Bekommen wir schottische Verhältnisse?

Gerda Hasselfeldt: Hier kommt das Selbstbewusstsein der Bayern zum Ausdruck. Bayern ist ein wunderschönes Land, mit attraktiven Arbeitsplätzen, großer Tradition und einem guten Miteinander der Menschen. Das hat aber nichts mit Separatismus zu tun.

MZ: Dass Lampedusa kein Vorort von Kiefersfelden ist, ist schon geografisch klar. Warum tut sich die Landesregierung so schwer, das Asylproblem, das zu Lasten der Kommunen geht, zu lösen?

Hasselfeldt: Alle Bundesländer haben mit dem stark steigenden Zustrom von Flüchtlingen zu tun. In Bayern kommen allerdings sehr viele Flüchtlinge aus dem Süden an. Ein Grund dafür ist, dass Flüchtlinge in Italien nicht ordnungsgemäß registriert werden und ungehindert nach Österreich und Deutschland reisen können. Eigentlich muss in Italien die Registrierung und das Asylverfahren durchgeführt werden.

MZ: Aber Italien kann nicht das Flüchtlingsproblem für Europa lösen?

Hasselfeldt: Das ist richtig und das fordert auch niemand. Aber es gibt europarechtliche Vereinbarungen. An diese Regeln müssen sich alle halten – auch Italien.

MZ: Auch die Kommunen werden allein gelassen.

Hasselfeldt: Die Kommunen leisten bereits sehr viel und der Bund unterstützt sie so gut es geht. Wir haben zudem ein Gesetz beschlossen, dass Asylbewerber früher, nämlich nach drei Monaten, arbeiten dürfen. Das Gesetz hängt leider im Bundesrat fest. Die CSU fordert darüber hinaus, dass die Kommunen Asylbewerber zur Arbeit einsetzen können.

MZ: Die Grünen werden die Änderung des Asylgesetzes jedoch ablehnen, weil Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien etwa für Sinti und Roma keine sicheren Staaten sind.

Hasselfeldt: Die Grünen müssen endlich den Weg frei machen, dass Bosnien-Herzegowina, Serbien und Mazedonien als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden. Aus diesen Ländern kommen 20 Prozent der Asylbewerber, die Anerkennungsquote liegt bei fast null. Wir müssen unsere Kräfte auf die konzentrieren, die unsere Hilfe am dringendsten brauchen.

MZ: Hat die AfD, die eine Begrenzung des Zuzugs verlangt, der Union dieses Thema nicht längst weggenommen?

Hasselfeldt: Die AfD hat Wähler von allen Parteien angezogen - vor allem auch von der Linken. Die CDU hat in Thüringen und Brandenburg zugelegt.

MZ: Das löst aber das Problem nicht: die AfD rechts liegen lassen oder doch mit ihr zusammenarbeiten, erst mal zum Kaffee treffen?

Hasselfeldt: Wir müssen die AfD mit Argumenten bekämpfen. Sie wird im praktischen politischen Alltag entzaubert werden. Die AfD hat viel versprochen, aber nirgendwo nachgewiesen, was sie davon einlösen kann.

MZ: Entzaubern durch Regierungsbeteiligung?

Hasselfeldt: Nein, die AfD muss in der politischen Auseinandersetzung entzaubert werden. Ihre Forderung etwa, aus dem Euro auszusteigen, hätte so gewaltige negative Auswirkungen auf unsere Wirtschaft, auf Arbeitsplätze in Deutschland, dass sie strikt abgelehnt werden muss.

MZ: Muss die Union 2017 umdenken, wenn die SPD auf Rot-Rot-Grün zusteuert?

Hasslefeldt: Es bringt überhaupt nichts, jetzt über 2017 zu spekulieren. Wir haben einen klaren Auftrag: unser Land jetzt gut zu regieren.

MZ: Wie konnte es geschehen, dass aus dem bayerischen Hit Pkw-Maut ein solcher Rohrkrepierer wurde?

Hasselfeldt: Die Pkw-Maut kommt und die Menschen werden zufrieden und dankbar dafür sein. Es ist unbestritten, dass wir mehr Geld für die Infrastruktur brauchen. Das Konzept von Alexander Dobrindt trägt dem Rechnung. Und es beseitigt eine Gerechtigkeitslücke, denn  auch die ausländischen Fahrzeughalter müssen einen Beitrag für unsere Infrastruktur leisten.

MZ: Aber welche Maut wird denn nun kommen, eine für sämtliche Straßen oder nur für Bundesautobahnen?

Hasselfeldt: Der Verkehrsminister ist offen für Argumente und Bedenken, die etwa aus Grenzregionen kommen. Er wird eine Lösung vorschlagen, die den Problemen des kleinen Grenzverkehrs gerecht wird. Jetzt sollten wir den Verkehrsminister einfach einmal in Ruhe den Gesetzentwurf erarbeiten lassen.

MZ: Wäre eine rot-rot-grüne Landesregierung in Thüringen ein Ärgernis für die Koalition im Bund?

Hasselfeldt: Ich hätte damit schon ein Problem. Die SPD hat hierbei eine gesamtstaatliche Verantwortung. Sie muss auch die Stabilität und Funktionsfähigkeit des Bundesrates im Blick haben.

MZ: Zu Ostbayern. Wann kommt der dringend notwendige sechsstreifige Ausbau der A3 und die Elektrifizierung der Bahnstrecke Regensburg-Hof?

Hasselfeldt: Beides sind wichtige Verkehrsprojekte und bei beiden geht es voran: Für den Ausbau der A3 zwischen Regensburg und Rosenhof soll nach aktuellem Stand noch in diesem Jahr das Planfeststellungsverfahren beantragt werden. Ich bin außerdem optimistisch, dass noch weitere Abschnitte in die Prüfung für den Ausbau aufgenommen werden, wie es die örtlichen CSU-Abgeordneten fordern. Die Elektrifizierung zwischen Regensburg und  Marktredwitz soll in den neuen Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werden. Das ist die Grundlage für die Elektrifizierung.

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