Redeauszug der Bundestagsabgeordneten Mechthilde Wittmann in der Bundestagsdebatte zur Geldwäsche, Terrorismus- u. Extremismusfinanzierung, 10.10.2024:

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen!

Ich glaube, wir alle sind uns bewusst geworden – das haben die Debatten im Ausschuss und auch in den letzten Monaten gezeigt –, dass beim Thema Geldwäsche und aber auch Terrorismus- und Extremismusfinanzierung eine konsequente Bekämpfung notwendig ist. Ich glaube, der heutige Tag ist Anlass, dies noch einmal explizit aufzugreifen.

Ich war bisher eigentlich der Ansicht, dass wir aufgrund der zwei vorgelegten Gesetzentwürfe ganz gut zueinanderkommen könnten, vor allen Dingen wegen des einen, den wir jetzt auch schon hier im Plenum haben, und aufgrund der Anträge, die wir dazu gestellt haben. Deswegen kann ich mich nur wundern, Herr Herbrand, wie Sie auf die Idee kommen, dass es ausgerechnet die Union sein soll, die hier nicht tätig geworden sei.

Sie haben wie immer den Copy-and-paste-Satz von den 16 Jahren angewandt.

– Doch, natürlich haben Sie das gesagt. Sie haben gesagt, 16 Jahre sei nichts passiert.

Doch! 2017 wurde unter einem Unionsfinanzminister die letzte größere Initiative ergriffen. Damals haben wir die FIU ins Leben gerufen. Bei diesem Ansatz haben wir gesagt: Damit könnten wir versuchen, der Dinge habhaft zu werden und die Geldwäschebekämpfung entsprechend zu zentrieren.

Dann kam 2018 ein neuer Finanzminister – sein Name war Olaf Scholz –, und ab da ist nichts mehr passiert, nunmehr seit über sechs Jahren.

Auch das ist eine Wahrheit, und wenn Sie es gerne möchten, werden wir diese Zeitverläufe gerne einmal darstellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir derzeit über die mangelnde Effektivität bei der Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismus- und Extremismusfinanzierung reden, die uns leider beeinträchtigen, da wir zu einem begehrten Standort genau dafür geworden sind, dann müssen wir auch beachten, dass wir derzeit etwa 1 Milliarde Euro nachgewiesene Gelder aus dem Bereich des organisierten Verbrechens bei uns haben. Aber noch viel schlimmer ist, dass wir mit circa 100 Milliarden Euro pro Jahr rechnen müssen – so die Dunkelziffer –, die durch unser Land laufen und genau dafür verwandt werden. Das wollen wir nicht haben.

Lassen Sie mich eine weitere Zahl, die Sie betrifft, nennen. Sie haben von Versäumnissen gesprochen. Die unmittelbare Schwester der Geldwäsche ist Korruption. Beide sind miteinander verwoben wie kaum sonst etwas. Der sogenannte Corruption Perceptions Index, der regelmäßig von der nicht mit uns befreundeten Organisation Transparency International erhoben wird, hat in 2023 eine deutliche Verschlechterung Deutschlands festgestellt. Das heißt, seit diese Ampel nichts tut – denn das ist bisher der Fall –, haben wir uns auch auf diesem Gebiet verschlechtert.

Lassen Sie mich noch einmal kurz aufgreifen, was die Themen sind. Uns hat die Financial Action Task Force bei ihrer Länderprüfung vorgeworfen, dass beispielsweise eine rechtswidrige Vortat derzeit nach § 261 Strafgesetzbuch zwingend erforderlich ist, um überhaupt eine Strafverfolgung anstreben zu können. Das ist natürlich eine Hürde, die zu überwinden viel zu lange dauert; das würde auch viel zu weit führen. Deswegen wollen wir auch hier eine Änderung.

Wir haben bei der Geldwäscheaufsicht im Nichtfinanzsektor faktisch keine Instrumente. Wir können des Ganzen nicht habhaft werden. Was uns derzeit ebenfalls schwer im Wege steht, ist, dass die derzeit Verpflichteten viel zu passiv sind, sich allein auf ihre Closed Box beziehen und deswegen hier keine übergreifenden Maßnahmen ergreifen. Da wollen wir nun Änderungen; Sie haben sie teilweise schon aufgeführt.

Wir wollen zum Beispiel, dass der Staat, wenn bestimmte Risikomerkmale vorliegen – das ist uns wichtig –, tatsächlich Auskunft erhalten kann – und sie eben nicht mehr verweigert werden darf –, woher der formelle Inhaber diese Vermögenswerte hat und wer die faktische Kontrolle darüber ausübt. Denn Sie wissen: Genau da haben wir häufig Probleme. Es ist die Geldwäsche bei juristischen Personen, die uns vor Probleme stellt.

Ich nenne nur das Stichwort „Stiftungen“. Häufig wissen wir, dass über Stiftungen, übrigens auch gern über das Ausland, die entsprechenden Strukturen verwoben werden, bei denen es dann kaum mehr möglich ist, den wirtschaftlich Berechtigten festzustellen. Genau dem nachzugehen, ist eigentlich die Aufgabe, die wir haben, und das fehlt in allen Entwürfen, die uns bisher vorliegen.

Wir müssen viel früher der faktischen Geschäftsführung in diesen Bereichen habhaft werden, um auch die Schattenbereiche sehen zu können. Einer der Hauptpunkte für Geldwäsche gerade bei uns in Deutschland ist der missbräuchliche Erwerb von Immobilien, sowohl durch juristische als auch durch natürliche Personen. Dies müssen wir mit allen Möglichkeiten unterbinden. Deswegen wollen wir ein Immobilientransaktionsregister. Ich glaube, das kann einer der Punkte sein.

Aber wir brauchen natürlich auch immer die Registrierung dieser Gesellschaften in öffentlichen Registern. Und wir brauchen noch mal verstärkte Sorgfaltspflichten bei den Verpflichteten.

Lassen Sie mich am heutigen Tag noch einmal zur Terrorismusfinanzierung kommen. Nichts ist so wichtig, wie dies unbedingt zu unterbinden; denn diese Finanzierung stärkt nicht nur den katastrophalen Terrorismus, den wir jetzt im Nahen Osten sehen, sie stärkt leider auch den Terrorismus, der in unser Land schwappt, und das wollen wir nicht.

Deswegen muss das BKA eigene Listen führen können – über terroristische Organisationen und deren Unterstützer ebenfalls. Da wird es manche hart treffen, wie wir diese Woche erlebt haben. Und es muss eine obligatorische Abfrage dieser Listen durch die Verpflichteten erfolgen, damit wir den Dingen hier schneller und gründlicher auf die Spur kommen.

Schließlich muss der Straftatbestand der Terrorismusfinanzierung endlich auf jede vorsätzliche Finanzierung ausgeweitet werden, und zwar unabhängig von dem Nachweis einer konkreten Straftat. Das abstrakte Wollen muss reichen; anderes können wir uns nicht leisten.

Dieses und vieles mehr gilt es anzugehen. Lassen Sie uns wenigstens das einheitlich und gemeinsam tun! Ich glaube, das ist in unser aller Interesse.

Vielen Dank.

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