Redeauszug der Bundestagsabgeordneten Andrea Lindholz in der Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag zum Thema Inneres und Heimat, 30.1.2024.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die heutige Debatte ist ein guter Zeitpunkt für eine Zwischenbilanz und einen Ausblick. Wo stehen wir nach zwei Jahren Innenpolitik der Ampel? Was muss sich in den nächsten eineinhalb Jahren dringend entwickeln? Und geht der BMI-Etat 2024 mit Blick darauf in die richtige Richtung? Ich will diese Frage beispielhaft für drei Bereiche beantworten: für den Bereich „Migration“, für den Bereich „Innere Sicherheit“ und für den Bereich „Zivil- und Katastrophenschutz“.

Für den Bereich Migration muss man eindeutig feststellen: Unser Land steht heute schlechter da als vor zwei Jahren. Wir befinden uns mitten in der dritten großen Migrationskrise in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, und sie ist immer noch nicht gelöst. Das neue EU-Asylrecht wird erst in Jahren greifen. Die neuen Abschieberegeln der Ampel werden durch immer mehr Bleibemöglichkeiten konterkariert, und die SPD will weiter am Familiennachzug festhalten und ihn sogar noch ausweiten.

Wir brauchen aber endlich konsequente Maßnahmen, um die illegale Zuwanderung nach Deutschland zu stoppen. Dazu gehört es, Asylbewerberleistungen in Deutschland verpflichtend nur noch als Sachleistung oder mittels Geldkarte zu gewähren.

Dazu gehört es, den Umfang an Leistungen gerade für Ausreisepflichtige deutlich zu senken. Und auch für Schutzbedürftige muss klar sein: Wer nicht arbeitet oder zumindest einen Sprachkurs macht, der erhält geringere Leistungen. Denn wir müssen unsere Kommunen entlasten, und zwar dringend. Die Integrationsfähigkeit unserer Gesellschaft müssen wir bewahren. Und ich bin überzeugt davon: Den Zulauf zur AfD werden wir nur einbrechen lassen, wenn es uns gelingt, dieses Problem zu lösen.

Denn Ihren Parteifreunden in Dänemark, Frau Faeser, ist genau das gelungen.

Das Gegenteil ist bei uns der Fall. Eine aktuelle Allensbach-Studie sagt, dass die Mehrheit in diesem Land Ihrer Migrationspolitik misstraut.

Und das ist auch nachvollziehbar. Denn: Was machen Sie stattdessen? In der letzten Sitzungswoche haben wir hier, Frau Faeser, erlebt, dass unter Ihrer Federführung ein neues Einbürgerungsrecht beschlossen worden ist, dass die Religion über die Gleichberechtigung von Mann und Frau stellt, dass kein ausdrückliches Bekenntnis zum Existenzrecht Israels enthält und das die Einflussnahme von Autokraten in Deutschland erheblich erleichtert. Und dann wundert sich die Ampel über die Gründung einer neuen Erdoğan-Partei in Deutschland! Entschuldigung, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist grotesk.

Ich komme jetzt zum Bereich „Innere Sicherheit“; denn auch da muss man leider feststellen: Unser Land steht heute schlechter da als vor zwei Jahren. Die Zahl der Extremisten ist laut Verfassungsschutz auf einem Höchststand. Nie gab es mehr extremistische Straftaten. Die Terrorgefahr und die Zahl antisemitischer Straftaten sind seit dem 7. Oktober nochmals gestiegen, und auch die Gesamtzahl an Straftaten ist nach Jahren des Rückgangs wieder nach oben geschnellt.

Was macht die Bundesregierung? Sie beerdigt den Pakt für den Rechtsstaat mit den Ländern. Sie verlässt sich bei der Verhinderung von Terroranschlägen vor allem auf Hinweise aus dem Ausland. Und sie legt einen Gesetzesvorschlag vor, mit dem der Einsatz von Vertrauenspersonen bei der Strafverfolgung – und das ist besonders wichtig für die Bekämpfung von Terrorismus und Organisierter Kriminalität – faktisch abgeschafft würde.

Was kommt dazu von der Bundesinnenministerin und aus dem Innenministerium? Bis dato nichts.

Wir müssen doch dafür sorgen, dass unsere Behörden im Jahr 2024 das bekommen, was notwendig ist, um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger weiter zu gewährleisten, und dürfen nicht einfach bewährte Maßnahmen abschaffen.

Das betrifft neben den Befugnissen im Übrigen auch die Ausstattung. Es ist unverantwortlich, dass Sie im Haushalt für dieses Jahr gerade bei der Bundespolizei dringend benötigte Investitionen von mehreren 100 Millionen Euro unterlassen.

Ich nenne hier nur die neue wichtige Smart-Borders-IT- Infrastruktur. Ich nenne moderne Grenzkontrolltechnik zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität. Sie sparen an den falschen Stellen. Stattdessen geben Sie 1,5 Millionen Euro für Prestigeprojekte wie zum Beispiel Ihre Überwachungsgesamtrechnung aus.

Ich will nur sagen: Sie haben einen fundamental falschen Kompass bei der Inneren Sicherheit. Und wenn ich hier heute zuhöre, muss ich mich fragen, ob Sie sich mit Ihren Behördenchefs überhaupt ein einziges Mal unterhalten haben.

Zukunftsinvestitionen können alle Ihre Behörden mit diesen Maßnahmen definitiv nicht leisten; sie sind froh, wenn sie mit dem Bestand über die Runden kommen. Das will ich hier ganz klar sagen.

Das gilt im Übrigen auch für den Bereich des Zivil- und Katastrophenschutzes. Auch da stehen wir schlechter da als vor zwei Jahren. Sie selbst haben es angesprochen: Die Bedrohungslage hat sich mit dem russischen Überfall auf die Ukraine deutlich verändert. Aber umso unverständlicher ist es doch, dass Sie ausgerechnet die noch von Bundesinnenminister Horst Seehofer und Armin Schuster, dem jetzigen sächsischen Innenminister, angestoßene Neuausrichtung im Zivil- und Katastrophenschutz de facto gestoppt haben. Die Bundeswehr rüstet sich für den Verteidigungsfall, erarbeitet einen militärischen Operationsplan, und aus Ihrem Haus, Frau Faeser, kommt zu entsprechenden Zivilschutzplänen, worunter unter anderem auch der notwendige Aufbau einer zivilen Reserve fallen würde, null Komma null, rein gar nichts.

Ich will sagen, wohin das führt: Das führt dazu, dass Verteidigungsminister Pistorius dringend appelliert – folgendes Zitat von ihm von vor einigen Tagen –: „Wir müssen richtig, richtig Tempo nachlegen, damit wir uns in die Situation bringen für den Fall der Fälle.“ Ja, recht hat er.

Aber wenn das doch die Konsequenz ist, dann braucht es statt saftiger Kürzungen wuchtige Investitionen beim THW und beim BBK, es braucht 10 Milliarden Euro in zehn Jahren für den Zivil- und Katastrophenschutz.

Wir brauchen hier ein komplettes Umdenken.

Ich will unter anderem Ihnen, Frau Schäfer, noch eines sagen: Einer Ampelregierung, die mit 477 Milliarden Euro und weiteren Sondertöpfen, die Ihnen zur Verfügung stehen, nicht auskommt und die hier vollkommen falsche Prioritäten setzt, ist wirklich nicht mehr zu helfen.

So viel Geld hat keine Regierung vorher zur Verfügung gehabt.

Ihre Schwerpunktsetzung auch im Bereich „Innere Sicherheit“ ist komplett falsch.

Deswegen, Herr Lieb, reicht es noch nicht einmal, zu Ihrem Haushalt Änderungsanträge zu stellen. Ihren Haushalt müsste man komplett überarbeiten; man müsste komplett neue Schwerpunkte setzen.

Er ist einfach nur grottenschlecht gemacht. Und deswegen lehnen wir auch den Etat des Innenministeriums ab.

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