Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Alexander Hoffmann in der Bundestagsdebatte zu Ausreisegewahrsam und Änderung des Aufenthaltsgesetzes am 25.5.2023:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 

Ich bin der Auffassung, dass spätestens seit der zweiten Hälfte dieser Debatte die Damen und Herren aus der Ampel sich Fragen gefallen lassen müssen, und zwar nicht nur hier aus diesem Haus, sondern auch Fragen aus der Bevölkerung, von den Bürgerinnen und Bürgern. Das geht schon damit los, dass Sie hier wider besseres Wissen wiederholt und konsequent das Thema „Rückführung und Abschiebung“ in den Kontext der Unmenschlichkeit setzen. 

Diese Geschichte stimmt einfach nicht. Man muss sie von vorne erzählen. Am Ende eines Asylverfahrens steht zunächst einmal der Ablehnungsbescheid. Gegen den kann man gerichtlich vorgehen. Man muss wissen, dass sowohl das Asylverfahren als auch die gerichtlichen Verfahren, die sich anschließen, äußerst großzügig sind. Zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens hat der Asylbewerber die Möglichkeit, neue Tatsachen vorzubringen. Und es gibt sogar die Möglichkeit, Fluchtgründe anzuerkennen, die in Deutschland geschaffen worden sind. Wenn der Ablehnungsbescheid bestandskräftig ist, dann gibt es den Hinweis, dass der Asylbewerber jetzt vollziehbar ausreisepflichtig ist. Auch in dieser Phase gibt es die Möglichkeit, Abschiebehindernisse vorzubringen. 

Auch dieser Punkt ist heute immer wieder weggeschoben worden. Dann wird der Asylbewerber zu einem sogenannten Rückkehrgespräch eingeladen, wo ganz sachlich und in aller Ruhe die Möglichkeiten der freiwilligen Ausreise erörtert werden, natürlich mit dem Angebot, die Kosten dafür zu übernehmen. Und wenn dann keinerlei Kooperationsbereitschaft und keinerlei Freiwilligkeit besteht, gibt es wieder ein Schreiben, dann mit der Bitte, unter Fristsetzung, das Land nun endgültig zu verlassen. Wer in Ansehung eines so gründlichen, geduldigen und rechtsstaatlichen Prozesses hier immer noch so tut, als wäre das alles unmenschlich, der muss sich die Frage gefallen lassen: Wollen Sie überhaupt abschieben? 

Zwei Drittel aller Abschiebungen im letzten Jahr gescheitert

Wir wollen die Abschiebehaft von 10 Tagen auf 28 Tage verlängern. Denn zwei Drittel aller Abschiebungen im letzten Jahr sind gescheitert, weil die Personen, die abzuschieben waren, nicht angetroffen worden sind. Kollege Lindh, Sie tun immer so, als wäre das eine kleine Zahl. Das waren 2022 über 20 000 Fälle. Das ist also ein wirksames Mittel. Dass das ein wirksames Mittel ist, hat die Ministerpräsidentenkonferenz – Ihre eigenen Ministerpräsidenten, im Übrigen auch der Ministerpräsident aus Baden-Württemberg – im Rahmen dieses Flüchtlingsgipfelchens, wo es ja nicht viele Ergebnisse gab, auch festgestellt. Damit bin ich bei der nächsten Frage. Sie müssen sich doch fragen lassen: Was sind Ihnen die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz und die Vorschläge Ihres eigenen Kanzlers eigentlich wert? 

Zwei Drittel aller Abschiebungen scheitern. Damit bin ich bei der dritten Frage. Sie müssen sich doch die Frage gefallen lassen: Warum sind Sie nicht bereit, den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die diesen schwierigen Job machen müssen, die Arbeit zu erleichtern? Deswegen haben wir schon in den letzten Legislaturperioden die Verlängerung der Abschiebehaft vorgeschlagen. Dieser Vorschlag – es ist angeklungen – ist gescheitert, und zwar zweimal an der SPD. Damit ist auch klar – Entschuldigung –, wer in den letzten Jahren bei der Frage, Migrationspolitik effektiver und wirksamer zu machen, immer quer im Stall gestanden war. 

Meine Damen, meine Herren, am Ende noch mal zu dem Argument, das sei unmenschlich. Wer auf Abschiebungen besteht und auch vollziehen will, der ist eben nicht unmenschlich. Das Gegenteil ist der Fall. Humanität erfordert, dass wir Kapazitäten schaffen und diese frei halten für die Menschen, die tatsächlich Hilfe brauchen. Und diese Kapazitäten sind am Ende. Man wundert sich bei Ihren Reden immer und fragt sich, ob Sie nicht in den Kommunen unterwegs sind. Reden Sie nicht mit den Landräten? Sind Sie nicht vor Ort? Die Kapazitäten sind erschöpft. Deswegen wäre das hier eine gute Gelegenheit gewesen, mal einen Schritt voranzugehen. Ihre ganzen Argumente sind erfunden. 

Sie sagen heute: Das ist ein einzelner Baustein. Wir wollen ein Gesamtkonzept. – Vor 14 Tagen haben wir ein Gesamtkonzept vorgestellt. Das haben Sie auch abgelehnt. 

Ich sage Ihnen: Am Ende steht die Frage: Wollen Sie den Kommunen im Land überhaupt helfen? 

Und diese Frage müssen Sie einfach mal beantworten und dürfen sich nicht immer hinter Scheindiskussionen verstecken. 

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. 
 

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