Gerda Hasselfeldt zum Kabinettsbeschluss
„Wir sind bei der Erbschaftsteuer auf einem guten Weg, aber wir sind noch lange nicht am Ziel“, unterstrich die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt, den Kabinettbeschluss zur Reform der Erbschaftsteuer. Anlass für die Neuregelung war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Dezember 2014. Darin sind die Verschonungsregeln zwar für grundsätzlich geeignet und erforderlich befunden worden, allerdings verstoßen sie „angesichts ihres Übermaßes“ gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Karlsruhe hat den Gesetzgeber deshalb aufgefordert, bis zum 30. Juni 2016 eine Neuregelung zu treffen.
„Für den Kabinettsbeschluss haben wir uns in der Koalition auf einige wichtige Änderungen insbesondere für Familienunternehmen und kleine Handwerksbetreibe verständigen können. Diese Verbesserungen sind wichtig, damit durch die Erbschaftsteuer nicht der Bestand von Unternehmen gefährdet wird. Ohne die CSU wären diese Verbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag des Bundesfinanzministers nicht erreicht worden“, betonte Hasselfeldt.
Hasselfeldt weiter: „Wir haben verhindert, dass Unternehmenserben zwangsläufig ihr Privatvermögen heranziehen müssen, um eine Verschonung für ihr Betriebsvermögen zu erhalten und wir haben Erleichterungen für kleine Betriebe mit bis zu 15 Mitarbeitern erkämpft. Klar ist aber auch: Im Sinne der Sicherheit von Arbeitsplätzen gibt es noch einiges zu tun. Im parlamentarischen Verfahren werden wir deshalb noch eine Reihe weiterer Änderungen vornehmen müssen. Wir brauchen praxistaugliche Regelungen zur Berücksichtigung der besonderen Beschränkungen von Familienunternehmen, wir brauchen eine realitätsgerechtere Bewertung von Unternehmensvermögen und wir brauchen weitere Erleichterungen für kleine Handwerksbetriebe.“
Die Bundesminister der CSU, Alexander Dobrindt, Dr. Gerd Müller und Christian Schmidt gaben im Kabinett eine Erklärung zu Protokoll, die hier im Wortlaut zu lesen ist:
„Die familiengeprägte Unternehmens- und Unternehmerlandschaft in Deutschland ist Innovations- und Wachstumsmotor sowie Arbeitsplatzgarant. Dieser besonderen und ausdrücklich anerkannten Bedeutung ist bei der Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestmöglich Rechnung zu tragen. Im Lichte der vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigten Grenzen hinsichtlich der Verschonung betrieblichen Vermögens sind die im vorgelegten Gesetzentwurf enthaltenen Regelungen grundsätzlich geeignet, arbeitsplatzschonende Unternehmensübergänge zu ermöglichen. Wir streben keine Änderung des Aufkommens an.
Aus unserer Sicht sollten diese Regelungen im weiteren Verfahren der Gesetzgebung weiterentwickelt werden. Als besondere Anliegen sollten insbesondere die folgenden Punkte aufgegriffen und u.a. in der Sachverständigen-Anhörung intensiv thematisiert werden:
- Absenkung der Bindungsfrist für die für Familienunternehmen typischen gesellschaftsvertraglichen Beschränkungen
- Erweiterung gesellschaftsvertraglicher Beschränkungen auf fünf Kriterien, von denen im Einzelfall drei vorliegen müssen, um den erhöhten Verschonungsbedarf in Anspruch zu nehmen.
- Sicherstellung, dass das begünstigungsfähige Vermögen alle Vermögensteile enthält, die dazu dienen, ein Unternehmen weiterzuführen, alle Verpflichtungen gegenüber Arbeitnehmern und Dritten zu erfüllen und Zukunftsinvestitionen zu ermöglichen. Einführung einer Investitionsklausel, wonach aufgebaute Liquidität für größere Investitionen begünstigungsfähig ist.
- Keine Berücksichtigung von Zuwendungen Dritter im Rahmen der Verschonungsbedarfsprüfung
- Realitätsgerechtere Ausgestaltung der Bewertung von Unternehmensvermögen vor dem Hintergrund der Niedrigzinsphase.“
Was sind wesentliche Eckpunkte der Reform?
Lohnsummenregelung für Kleinstbetriebe
Betriebe mit bis zu drei Beschäftigten sind von der Lohnsummenregelung gänzlich ausgenommen. Dabei werden Beschäftigte in Mutterschutz und Elternzeit, Langzeitkranke und Auszubildende nicht mitgezählt. Für Betriebe mit vier bis fünfzehn Beschäftigten gilt eine gleitende Lohnsummenregelung. Erben, die ein Unternehmen erwerben, dürfen danach eine Zeit lang keine deutlich niedrigeren Löhne zahlen als vorher. Damit will der Gesetzgeber vorhandene Arbeitsplätze erhalten.
Verschonungswürdiges Vermögen neu definiert
Verschonungswürdig beziehungsweise begünstigt ist künftig das Vermögen, das „seinem Hauptzweck nach überwiegend einer originär land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit“ dient. Vermögen, das zu weniger als 50 Prozent dem Hauptzweck dient, wird besteuert. So will der Gesetzgeber missbräuchlichen Steuergestaltungen die Grundlage entziehen.
Verschonungsbedarfsprüfung für Großerwerbe
Die bisherige Steuerbefreiung gilt grundsätzlich noch bis zu einem Erwerb von 26 Millionen Euro. Voraussetzung auch hier: Der Erbe muss den Betrieb weiterführen und die Lohnsumme erhalten. Überschreitet das Betriebsvermögen diese Freigrenze, kann der Erbe eine Verschonungsbedarfsprüfung beantragen. Ein Steuererlass ist möglich, wenn er nachweist, dass sein verfügbares Vermögen nicht zur vollen Entrichtung der Steuer ausreicht. Er muss dazu bis zur Hälfte seines verfügbaren nicht begünstigten Vermögens heranziehen. Ist kein Erlass möglich, besteht ein Rechtsanspruch auf Stundung der Erbschaftsteuerschuld. Die Freigrenze erhöht sich auf 52 Millionen Euro, „wenn bestimmte qualitative Merkmale in den Gesellschaftsverträgen oder Satzungen vorliegen“. Gemeint sind Kapitalbindungen wie Ausschüttungs- und Verfügungsbeschränkungen in bestimmten Familienbetrieben.
Einführung eines Abschmelzmodells
Alternativ zur Verschonungsbedarfsprüfung kann der Erbe einen verringerten Verschonungsabschlag beantragen. Dieser schmilzt jedoch mit steigendem Wert des geerbten Vermögens. Ab 116 Millionen Euro begünstigten Vermögens gilt ein einheitlicher Verschonungsabschlag: 20 Prozent bei Weiterführung des Betriebes um mindestens fünf Jahre beziehungsweise 35 Prozent bei Weiterführung des Betriebes um mindestens sieben Jahre.
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