Redeauszug der Bundestagsabgeordneten Anja Weisgerber in der Bundestagsdebatte zum Bundes-Klimaanpassungsgesetz, 16.11.2023:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Grundsätzlich ist die Idee eines Klimaanpassungsgesetzes zu begrüßen.
Das haben wir auch in unserem Wahlprogramm gefordert. Der Klimawandel wird in jedem Fall weiterhin spürbare Folgen haben. Deshalb ist die Klimaanpassung neben dem Klimaschutz die zweite wichtige Säule auch unserer Klimapolitik. Das, was die Ampelregierung jetzt vorlegt, ist aber nur eine leere Hülle, ein Skelett, das lediglich mehr Bürokratie bringt und die erforderlichen Maßnahmen vermissen lässt. Diese Kritik müssen Sie sich gefallen lassen.
Es geht auch um das Wie. Mit den Änderungsanträgen versuchen Sie jetzt, die Mängel im Gesetz auszumerzen, die auch die Sachverständigen bei der Anhörung kritisiert haben.
Das ist Ihnen aber nicht gelungen. Die Sachverständigen haben erklärt, wo es hakt: Der Bund verpflichtet Länder und Kommunen unter anderem zur Erstellung von Klimaanpassungsstrategien und lässt dabei die Frage der Finanzierung komplett offen. Die bürokratischen Auflagen, auch für die Wirtschaftsakteure, werden enorm sein; denn sobald sie Träger öffentlicher Aufgaben sind, sind sie vom Gesetz erfasst.
Die Begriffsbestimmungen sind sehr weit gefasst, sodass eine Vielzahl der Unternehmen verpflichtet sein wird, zukünftig Klimaanpassungen bei ihren Planungen und Entscheidungen zu berücksichtigen. Es ist nicht klar, inwiefern die Öffentlichkeit beteiligt werden muss, inwiefern auch eine strategische Umweltprüfung erfolgen muss.
Und es gibt keinerlei Ausnahmen für Kleinstunternehmen.
Die Legaldefinitionen im Gesetz – das haben die Sachverständigen bestätigt – sind äußerst vage und bringen vor allem eines: Rechtsunsicherheiten, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Die entscheidende Kritik ist – das haben Sie, Herr Ebner, vorhin auch zugegeben –, dass die entsprechenden Maßnahmen fehlen. Es ist nur ein Rahmengesetz, ja; aber man hätte ein dazugehöriges Maßnahmenpaket vorlegen können.
Wir haben in unserer Regierungszeit in der Deutschen Anpassungsstrategie schon eine ganze Reihe von Maßnahmen präsentiert. Darauf hätten Sie einfach aufsetzen können.
Sie verpflichten sich, die notwendigen Maßnahmen erst bis Ende 2025 nachzuschieben. Glauben Sie im Ernst, dass Sie mit diesem bloßen Rahmengesetz bei der Klimaanpassung einen erheblichen Schritt nach vorne machen? Das Gegenteil ist doch der Fall, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Und deshalb kann man dieses Klimaanpassungsgesetz nur ablehnen.
Jetzt kommt hinzu, dass Sie – mein Kollege Jung hat es gesagt – den Nachsteuerungsmechanismus im Klimaschutzgesetz, für den wir von allen Umweltverbänden gelobt wurden, auch von denen, die Sie immer unterstützen, als wir 2019 unser Klimaschutzpaket vorgelegt haben, jetzt allen Ernstes aufweichen wollen. Das ist nichts anderes als ein Armutszeugnis für die Grünen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute steht auch unser Antrag zur Klimakonferenz zur Debatte. Es gibt ein ganz entscheidendes Instrument, das wir jetzt nutzen müssen: die Anwendung von Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens. Dadurch wird es möglich, dass Investitionen von Industrienationen in Klimaschutzprojekte in Entwicklungs- und Schwellenländern und die dadurch erreichten CO2-Einsparungen auf das eigene Klimaziel angerechnet werden können. Ja, 95 Prozent, der Großteil, muss bei uns in Deutschland und in Europa erreicht werden. Aber die Nutzung dieses Instruments wäre eine Win-win-Situation für beide Seiten. Denn wir können unser internationales Klimaziel nur erreichen, wenn wir die Entwicklungs- und Schwellenländer von Anfang an klimafreundlich aufbauen. Das ist die Wahrheit. Machen Sie nicht nur nationale Klimapolitik, sondern schauen Sie endlich über den Tellerrand hinaus, meine sehr geehrten Damen und Herren!