
Mit bewegenden Worten hielt Paul Lehrieder seine voraussichtlich letzte Rede im Deutschen Bundestag. Er blickte auf seine parlamentarische Arbeit zurück, insbesondere auf parteiübergreifende Erfolge im Bereich der Kinder- und Familienpolitik. Dabei rief er seine Kollegen auf, sich weiterhin für die Schwächsten der Gesellschaft einzusetzen. Ein leidenschaftlicher Appell zum Abschluss einer langen politischen Karriere – lesen Sie hier mehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
Nachdem ich mitbekommen habe, dass etliche Kollegen hier heute ihre letzte Rede gehalten haben, muss auch ich mich outen. Auch für mich, liebe Frau Präsidentin – da müssen Sie jetzt ganz tapfer sein –, wird es voraussichtlich die letzte Rede hier im Deutschen Bundestag sein.
Ja, ich erinnere mich noch gut an die ersten informellen fraktionsübergreifenden Gespräche im Jahr 2016 – die sind mittlerweile auch schon fast neun Jahre her –, als wir gemeinsam mit den Kollegen der SPD – Frau Kollegin Ulrike Bahr hier hat Karriere gemacht, ist jetzt Ausschussvorsitzende – und der Grünen – die Kollegin Walter-Rosenheimer – erörtert haben, wie die Situation von Kindern psychisch kranker und suchtkranker Eltern verbessert werden kann. Und ähnlich wie heute war es 2017 am Ende der Legislaturperiode, als wir nachts – damals war es zwischen halb zwölf und zwölf – den fraktionsübergreifenden Ausgangsantrag für die verbesserten Unterstützungsangebote für Kinder mit psychisch kranken oder suchtkranken Eltern einstimmig, in seltenen Zeiten parlamentarischer Einstimmigkeit – das war ein Highlight des Deutschen Bundestages –, auf den Weg gebracht haben.
Ich darf mich bedanken, insbesondere nachdem es heute hier im Saal nicht den ganzen Tag über in trauter Harmonie abgelaufen ist, dass es damals möglich war, dass wir dieses Thema parteiübergreifend auf den Weg bringen konnten. Und ich darf jetzt, am Ende meiner Tätigkeit im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, sagen: Da wir der Ausschuss sind, der die meisten gesellschaftsrelevanten Themen zu bearbeiten hat – bei den Kindern und Familien angefangen über die Senioren bis hin zur Frauenthematik; Doro Bär hat vorhin zu Recht darauf hingewiesen, dass wir gestern den Mutterschutz erheblich verbessern konnten –, glaube ich, sollten wir schon ein bisschen stolz darauf sein, dass wir in diesem richtungsweisenden Ausschuss mitarbeiten dürfen. Anders als ein früherer Kanzler, der mal was von „Gedöns“ gesagt hat, glaube ich: Das ist einer der wichtigsten Ausschüsse im Deutschen Bundestag.
Ich wünsche den Kollegen, die auch nach der Wahl am 23. Februar hier weitermachen dürfen, viel Spaß an der Arbeit und viel Durchhaltevermögen. Und behalten Sie bitte schön auf jeden Fall das Schicksal der Kinder, die mit psychisch belasteten oder suchterkrankten Eltern zusammenleben, im Auge!
Auf die Inhalte wird die Kollegin Bettina Wiesmann nachher noch eingehen, unsere Allzweckwaffe im Familienausschuss. Das heißt, sie wird noch vertieft auf die Ausschussangelegenheiten eingehen.
Ich bitte Sie, den Antrag entsprechend weiterzuentwickeln. Das ist kein Selbstläufer. Wir werden immer weiter daran arbeiten müssen. Ich kann mich noch gut an das Gutachten von damals erinnern, das wir umsetzen wollten und wo wir geguckt haben: Was können wir daraus machen? Was wird hier alles noch zu tun sein? – Ich glaube, das ist ganz wichtig.
Ich bitte Sie: Behalten Sie die Schwachen in der Gesellschaft, die Kinder, die Senioren, die vulnerablen Gruppen, die Frauen – du hast den Mutterschutz an-gesprochen, Doro –, im Auge! Ich glaube, sie verdienen das, auch wenn sie sich nicht immer gleich bedanken können. Das ist ganz wichtig. Es gibt auch eine Erfüllung, wenn man gemeinsam etwas für sie erreichen kann. Das wünsche ich ihnen auch für die Zukunft.
Ich habe in Vorbereitung der heutigen Rede – ich will es nicht zu lang machen, weil wir in der Zeit doch schon vorgerückt sind – mal geschaut: Ich habe hier etliche Familienministerinnen verschlissen, angefangen bei Ursula von der Leyen über Kristina Schröder, Manuela Schwesig, Frau Lambrecht, Anne Spiegel bis hin jetzt zu Lisa Paus. Sechs Familienministerinnen blieben auf meiner Strecke. Mit Verlaub, dann wird es auch Zeit, dass ich jetzt aufhöre, sonst kommt noch die siebte oder achte Familienministerin hinzu.
Ich darf mich bei all den Kolleginnen und Kollegen bedanken, die mit mir zusammengearbeitet haben. Das war ein konstruktives Arbeiten. Ja, man hat sich auch mal gefrotzelt. Wenn ich jemanden beleidigt habe, bedauere ich das ausdrücklich; manchmal war es auch Absicht.
Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Schaffenskraft. Denken Sie daran: Sie arbeiten im wichtigsten Ausschuss mit.
Ich darf mich an dieser Stelle natürlich auch bei meinem Team bedanken, bei Frau Stuke, Frau Loncar und Herrn Günther hier in Berlin, bei Frau Cronauer und Herrn Kreutner in Würzburg – dass die auch mal erwähnt sind und auch mal ins Fernsehen kommen.
In dem Sinne wünsche ich Ihnen viel Schaffenskraft, alles Gute, Gottes Segen, Gesundheit. Ich bin nicht einer wie Frau Breymaier und der Kollege Sönke Rix – er ist inzwischen rausgegangen –, ich bin bei den Rentnern dabei. Aber ich werde vom Spielfeldrand auszuschauen, was ihr macht. Gottes Segen, alles Gute! Denkt immer dran: Was ihr schafft, ist mit das Wichtigste im Deutschen Bundestag.
Alles Gute.
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