Wildbad Kreuth ist ein besonderer Ort für die CSU und ihre Landesgruppe im Deutschen Bundestag – hier wurden viele grundlegende Weichenstellungen der deutschen Politik diskutiert und vorbereitet.

Es ist auch ein mythischer Ort: Der Legende nach soll sich ein angeschossener Hirsch hierher geflüchtet haben und in einer nahegelegenen Quelle seine Verwundung gekühlt und geheilt haben. Die heilende Wirkung dieses schwefelhaltigen Wassers nimmt Abt Heinrich V. von Tegernsee 1511 zum Anlass, ein Badhaus zu errichten. 400 Jahre später kauft König Maximilian I. dieses Badhaus und lässt es umbauen. Seitdem ist es ein beliebtes Bade- und Kurhaus und wird in den 1950er Jahren zum Sanatorium umgebaut. 1973 lässt Max Emanuel, Herzog in Bayern, das Sanatorium und Kurhaus schließen. 1975 eröffnet die Hanns-Seidel-Stiftung das Bildungszentrum Wildbad Kreuth, um interessierten Bürgern politisch-wissenschaftliche Bildung zu vermitteln. Schon im folgenden Jahr finden hier die Klausurtagungen der CSU-Landesgruppe statt.

Die erste Klausurtagung im November 1976 startet gleich mit einem Paukenschlag: Auf Antrag des Parteivorsitzenden Franz Josef Strauß wird die Fraktionsgemeinschaft mit der CDU für die 8. Wahlperiode nicht erneuert. Trotz des hervorragenden Ergebnisses der Union bei der Bundestagswahl mit 48,6 Prozent der Stimmen können SPD und FDP mit einer knappen Stimmenmehrheit weiterregieren. Dies führt in Kreuth zu der strategischen Überlegung, die Basis der Union zu verbreitern, die Opposition zu stärken und damit den Weg zur Rückgewinnung der Mehrheit in Bonn zu ebnen. Richard Stücklen übergibt den Landesgruppenvorsitz an Friedrich Zimmermann. Nach kontroversen parteiinternen Diskussionen kommt es in den folgenden Wochen zu harten Verhandlungen mit der CDU – am 12. Dezember wird die Fortführung der Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU erreicht, die im Kern eine Stärkung der Landesgruppe bedeutet.

Nachdem 1982 Helmut Kohl durch das erste erfolgreiche konstruktive Misstrauensvotum des Deutschen Bundestages Bundeskanzler wird und das Bundeskabinett neu ernennt, stellt die CSU vier Bundesminister: Verkehrsminister Werner Dollinger, Bauminister Oscar Schneider, Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit Jürgen Warnke und Innenminister Friedrich Zimmermann. Theo Waigel löst Zimmermann als Landesgruppenvorsitzenden ab. Waigel begrüßt die Journalisten Anfang 1983 in Kreuth mit dem bis heute gültigen Satz: „Das politische neue Jahr beginnt ja erst mit der Klausurtagung in Kreuth“. Nach den Bundestagswahlen am 6. März 1983 und dem Sieg der Union findet eine grundlegende Politikwende statt. Zentral ist die Sanierung der zerrütteten Staatsfinanzen.

1988 ist Henry Kissinger zu Gast in Kreuth und kritisiert die atomaren Abrüstungspläne. Nach dem Tod von Franz Josef Strauß am 3. Oktober übernimmt Theo Waigel den CSU-Parteivorsitz. Seinen Landesgruppenvorsitz gibt er an Wolfgang Bötsch ab.

1989 kommt der Schriftsteller Martin Walser nach Kreuth. Mit ihm sprechen die Abgeordneten über einen möglichen Fall der Mauer – nicht wirklich glaubend, dass dies bereits zehn Monate später zur freudigen Realität wird. 1990 ist Kreuth nur Durchgangsstation, weiter geht es mit einem Besuch am 12. und 13. Januar in Leipzig. Hier trifft die Landesgruppe auf Bürgerrechtler und Systemgegner und ermutigt diese, sich zusammenzuschließen. Wenige Tage später geht daraus die Deutsche Soziale Union (DSU) hervor. Bei den ersten freien Volkskammerwahlen am 18. März erringt die „Allianz für Deutschland“, zu der auch die DSU gehört, mit 48 Prozent die Mehrheit. Am 3. Oktober wird die Deutsche Einheit mit dem Beitritt zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der fünf mitteldeutschen Länder und Ostberlin vollendet. Die Initiative ging von der DSU aus.

1992 besucht erneut ein amerikanischer Politiker Kreuth - US-Verteidigungsminister Dick Cheney. Er hält die Beteiligung von deutschen Soldaten an UN-Blauhelmmissionen für möglich. Die Landesgruppe verabschiedete ein Thesenpapier zur deutschen Außenpolitik. Im gleichen Jahr beschließt die Regierungskoalition einen Gesetzentwurf zur Einführung einer sozialen Pflegeversicherung. Diese fünfte Säule der sozialen Sicherung geht auf jahrelange Vorarbeiten der CSU-Landesgruppe zurück. Anfang Dezember gelingt es zudem, eine Neuordnung des Asylrechts durchzusetzen. Die zunehmende Zahl von Asylbewerbern drohte insbesondere die Kommunen zu überfordern und den inneren Frieden in Deutschland zu gefährden. Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Wolfgang Bötsch, hat diesen Erfolg zuletzt in zähen tagelangen Schlussverhandlungen mit der SPD-Opposition mit durchgesetzt. Das neue Asylrecht erweist sich als wirkungsvoll, die Zahl der Asylbewerber geht deutlich zurück.

1993 löst Michael Glos Wolfgang Bötsch als Landesgruppenvorsitzenden ab, der Bundespostminister wird. Deutsche Soldaten beteiligen sich erstmals an friedenschaffenden Einsätzen außerhalb des NATO-Gebiets. Die CSU-Landesgruppe hält solche Einsätze für zulässig. Das Bundesverfassungsgericht bestätigt 1994 diese Einschätzung weitgehend.

1994 kommt der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Roman Herzog nach Kreuth. Als Wunschkandidat der CSU werden die Weichen für seine Nominierung und Wahl zum Bundespräsidenten am 23. Mai gestellt. Die CDU unterstützt die Wahl. Damit hat zum ersten Mal ein Bayer das höchste Staatsamt der Bundesrepublik Deutschland inne.

Hauptthema des Jahres 1996 ist die Stabilität des Euro. Ministerpräsident Edmund Stoiber ist skeptisch, ob der Euro so stabil wie die D-Mark wird. Er fordert, Kriterien festzulegen, die die Stabilität sichern. Im Dezember gelingt es Finanzminister Theo Waigel, in einem ergänzenden Stabilitätspakt die Teilnehmerländer der Europäischen Währungsunion dauerhaft auf strikte Einhaltung der Stabilitätskriterien zu verpflichten. Die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank orientiert sich an der deutschen Bundesbank.

1999 feiert die CSU-Landesgruppe ihr 50-jähriges Bestehen. Landesgruppenchef Glos erwartet mit der Unterschriftenaktion „Ja zu Integration – Nein zu doppelter Staatsangehörigkeit“ ein Ende der Diskussion über die doppelte Staatsangehörigkeit. Die Unterschriftenaktion findet bei der Bevölkerung breite Unterstützung und wird zum Erfolg: SPD und Grüne werden gezwungen, ihre ursprünglichen Pläne einer generellen doppelten Staatsbürgerschaft abzuändern.

Ein Jahr später, im Jahr 2000, leidet die CDU unter der Spendenaffaire und der Frage, wie man mit Altkanzler Helmut Kohl umgeht. Die CSU erweist sich als Stabilitätsanker in der Union. Gäste in Kreuth sind Volker Rühe und Jürgen Rüttgers als Spitzenkandidaten der Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Im Zentrum steht die Steuerpolitik der Rot-Grünen Koalition: Die CSU-Landesgruppe präsentiert ein eigenes Steuerreformkonzept, in dessen Zentrum eine Entlastung um 50 Milliarden Euro steht. Der Spitzensteuersatz soll lediglich 40 und der Eingangssatz 15 Prozent betragen.

Nach dem Sieg der Unionsfraktion bei den Bundestagswahlen 2005 wählt die CSU-Landesgruppe ihren Parlamentarischen Geschäftsführer Peter Ramsauer zum Vorsitzenden. Er wird Nachfolger von Michael Glos, der in das Bundeskabinett als Bundesminister für Wirtschaft und Technologie wechselt. Neben Glos gehört Horst Seehofer als Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz dem neuen Bundeskabinett an.

2007 erklärt Edmund Stoiber seinen Verzicht auf die Ämter des CSU-Parteivorsitzenden und Bayerischen Ministerpräsidenten ab Herbst 2007. Die Beratung politischer Konzepte aus und für die Mitte der Gesellschaft steht im Mittelpunkt der Jahresauftaktklausur 2008. Handlungsbedarf sieht die CSU-Landesgruppe beim Thema Jugendkriminalität sowie der Steuerpolitik und fordert Entlastungen bei der Einkommens- und Lohnsteuer.

Nach den Bundestagswahlen 2009 löst eine Koalitionsregierung aus CDU/CSU und FDP unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel die Große Koalition ab. Die CSU stellt mit Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner, Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und Verkehrsminister Peter Ramsauer drei Bundesminister. Hans-Peter Friedrich wird CSU-Landesgruppenvorsitzender als Nachfolger von Peter Ramsauer.

Im März 2011 tritt Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg von allen politischen Ämtern zurück. Im Zuge der Kabinettsumbildung beruft Bundeskanzlerin Angela Merkel den Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe Hans-Peter Friedrich zum Innenminister. Daraufhin wählt die CSU-Landesgruppe die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Gerda Hasselfeldt zu ihrer Vorsitzenden.

2012 geht es in Kreuth um neue Regeln und Grenzen für eine Stabilitätsunion in Europa, den Kampf gegen den Rechtsextremismus, die Stärkung des Industriestandortes Deutschland, die Sicherung der mittelständischen Kreditversorgung sowie arbeits- und sozialpolitische Themen. Auch in der konkreten Ausgestaltung des Betreuungsgeldes beschließt die Landesgruppe Eckpfeiler.

Prominente Gäste Anfang 2013 sind der Premierminister von Irland, Enda Kenny, und Kardinal Reinhard Marx. Die Energiepolitik steht ganz oben auf der Agenda – es geht um eine stabile Energieversorgung, die gleichzeitig bezahlbar bleiben soll. Mit dem in Kreuth beschlossenen Fünf-Punkte-Programm soll die ärztliche Versorgung der Menschen auf dem Land gesichert werden. Die CSU gewinnt bei den Bundestagswahlen alle 45 Direktmandate, es ziehen 56 Abgeordnete in den Bundestag ein. Die Regierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel wird erneut von einer Großen Koalition gebildet - die CSU stellt weiterhin drei Bundesminister.

Zu Beginn der neuen Wahlperiode legt die CSU-Landesgruppe 2014 in Wildbad Kreuth die Grundlagen für ihre Arbeit in der Großen Koalition. Ein zentrales Thema ist die Politik für die Kommunen. Hierzu zählen auch Vorschläge, den Missbrauch der Freizügigkeit in der EU zu bekämpfen – besonders dann, wenn er ausschließlich der Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme dient. Weitere Themen sind die Rente und der Mindestlohn sowie der Schutz vor Zwangsprostitution. Auch werden Beschlüsse zur Innovationsförderung, Energiepolitik, dem Breitbandausbau sowie der Europapolitik gefasst. Einen großen politischen Erfolg verbucht die CSU-Landesgruppe mit der Einführung der Mütterrente.

Die Außenpolitik steht im Mittelpunkt der Klausurtagung 2015. Im Schatten der Ukraine-Krise sind der Nato-Generalsekretär, Jens Stoltenberg, und der ukrainische Außenminister, Pawlo Klimkin, nach Kreuth gekommen. Denn die Ukraine-Krise ist eine der außen- und sicherheitspolitischen Herausforderungen 2015.

Aber auch die Asylpolitik steht Anfang 2015 bereits auf der Agenda der Klausurtagung. Für die CSU-Landesgruppe ist klar, dass Solidarität nicht nur nach innen gelten darf, sondern auch nach außen gelten muss. Sie fordert eine ausgewogene Politik: Solidarität und Sensibilität mit denjenigen, die Hilfe benötigen sowie zugleich eine schnellere Abschiebung bei unbegründeten Asylanträgen. Diese Forderungen werden Anfang des Jahres noch vielfach kritisiert, fließen aber angesichts der immer größer werdenden Flüchtlingsströme in das im September beschlossene Asylpaket ein.

Alles zur Klausurtagung der CSU-Landesgruppe in Wildbad Kreuth vom 6. bis 8. Januar 2016 können Sie auch auf unserer Sonderseite nachlesen. 

Gästeliste der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe seit 1980

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