Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Stephan Mayer in der Bundestagsdebatte zur Reform im Beschlussmängelrecht, 26.9.2024.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! 

Das deutsche aktionärsrechtliche Beschlussmängelrecht ist inkonsistent, es ist inkohärent, und es ist in höchstem Maße reformbedürftig. Das ist nicht nur die Auffassung insbesondere der CDU/CSU- Fraktion, sondern das ist auch die im breiten Spektrum der Rechtswissenschaften vertretene Meinung; nicht zuletzt hat das auch unsere Sachverständigenanhörung am 22. April gezeigt. Dazu, Herr Kollege Lieb, muss man nicht bis zum 11. Deutschen Juristentag zurückgehen, es reicht, auf den 72. Deutschen Juristentag 2018 zurückzuschauen, bei dem ein Schwerpunkt war, wie dringend reformbedürftig das deutsche Beschlussmängelrecht ist.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, es gibt hier klare Nachteile für den Wirtschafts- und Industriestandort Deutschland gegenüber den Standorten in Europa und außerhalb Europas. Das deutsche Beschlussmängelrecht ist mit weitem Abstand das restriktivste, das strengste in allen Industrieländern. Das führt natürlich dazu, dass Hauptversammlungen deutscher Aktiengesellschaften teilweise sehr bürokratisch, sehr technokratisch ablaufen. Wir als CDU/CSU-Fraktion setzen uns natürlich nachdrücklich dafür ein, dass die berechtigten Aktionärsinteressen gewahrt werden, aber wir sind auch der festen Überzeugung, dass insbesondere die Aktionäre von einer stärkeren Lebendigkeit, von einer stärkeren Offenheit auf den Hauptversammlungen profitieren. Beides ist möglich. Man kann beides miteinander in Verbindung bringen.

Das Freigabeverfahren – es ist bereits genannt worden – führt zu einer gewissen Verbesserung. Nur, das Freigabeverfahren ist inkonsistent. Es gilt interessanterweise nur für strukturändernde Beschlüsse, also für sehr weitreichende Beschlüsse. Für Beschlüsse mit geringerer Bedeutung gilt nach wie vor das Alles-oder-nichts-Prinzip, dass also durch eine Anfechtungsklage möglicherweise eine Kassationswirkung erzeugt wird, die dann aber nicht ex nunc wirkt, sondern – weitaus gravierender – ex tunc. Wir sind der Überzeugung, man müsste sich, was die Folgen von Fehlern anbelangt, wesentlich stärker am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientieren. Da gilt es, über die Einführung einer Wirkung ex nunc nachzudenken, auch über Schadensersatzzahlungen, Bußgeldzahlungen und über den Grundsatz „Dulde und liquidiere“, also den Schadensersatz zu nehmen und zu liquidieren. Es gibt sehr wohl auch mindere Rechtsfolgen als das Alles-oder-nichts-Prinzip. Unser Antrag hat diese Intention, dass wir uns dringend auch diesem Thema stärker öffnen müssen.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich bin etwas überrascht, Herr Kollege Dr. Lieb, dass ins-besondere Sie von der FDP sich hier so restriktiv unserem Antrag gegenüber zeigen. Die FDP spricht jetzt groß von der Wirtschaftswende. Nicht im Klein-Klein müssten Dinge verändert werden, sondern im Großen.

Jetzt ist das Beschlussmängelrecht mit Sicherheit nicht das größte Problem für den deutschen Wirtschaftsstandort. Aber natürlich geht es darum, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu erhöhen, die Attraktivität des Standortes Deutschland zu erhöhen. Deswegen kann ich nur dringend an Sie alle appellieren: Stimmen Sie unserem vernünftigen und guten Antrag zu.
 

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