Redeauszug des Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder in der Bundestagsdebatte zur Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundeskanzler, 13.11.2024.

Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! 

Vorab: Bei aller Kritik an der Ampel und ihren Fehlern – und sie mögen viele Fehler gemacht haben; ich werde einige erwähnen – sind all die, die Verantwortung getragen haben, Demokraten. Das ist der grundlegende Unterschied zu dem selbstgerechten, arroganten Geschrei, das wir gerade gehört haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Sie halten sich für was Besseres. Sie wollen eine andere Republik. Sie wollen die Demokratie zersetzen. Sie stehen für Hass und Hetze und Geschrei. Und Sie sind keine Patrioten. Sie sind die Handlanger Putins, und deswegen werden wir Ihnen das Land nicht überlassen – zu keinem Zeitpunkt, auf keinen Fall!

Meine Damen und Herren, die Bürger, die heute zuschauen, machen sich Sorgen. Sie machen sich Sorgen darüber, was in der Welt passiert. Sie spüren, dass die Welt in Unordnung ist: Krieg in der Ukraine, Terror in Nahost. Es entstehen neue Bündnisse, zum Beispiel die BRICS-Staaten und andere mehr, anscheinend alle gegen uns. Und ein neuer Präsident der Vereinigten Staaten könnte alte Gewissheiten und Sicherheiten neu sortieren.

Es bräuchte gerade jetzt ein starkes Deutschland. Aber genau in dieser Situation der größten Unsicherheit verbreiten wir in Deutschland die maximale Schwäche. Wir sind absolut regierungsunfähig, und schuld an dieser Regierungsunfähigkeit trägt nun mal die Ampel. Was ich heute gehört habe, ist totaler Realitätsverlust: ein Bundeskanzler, der sich nur noch lobt, eine Außenministerin, die uns erklären will, wie das Leben von Busfahrern ist.

Das ist nichts anderes als eine rot-grüne Seifenblase, die zerplatzt ist. Sie haben das Land in die Sackgasse geführt, und Sie müssen auch die Verantwortung dafür übernehmen.
Was war das für ein Theater in der letzten Woche! Was für eine Schmierenkomödie und de facto eine Blamage!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sind wir mal ganz ehrlich: Wie ist das Ganze denn gestartet? Mit Smileys, Selfies; Herr Wissing war da noch bei Ihnen, Herr Lindner. Und wie endet das Ganze? Honeymoon zu Beginn, und am Ende: Schlammschlacht, peinlicher Rosenkrieg, gegenseitige Schuldzuweisungen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist nichts anderes gewesen als der Abschluss eines langen Trennungsprozesses, ein Niedergang seit Monaten. Seit Monaten Streit, seit Monaten keine Einigung, seit Monaten Siechtum einer Regierung. Der Abgang in der letzten Woche, genau an dem Tag, an dem es noch mal ein Zusammenreißen erfordert hätte, in der Art und Weise war stil- und würdelos. Das halbe Land hat sich dafür fremdgeschämt.

Aber nicht nur in Deutschland waren die Menschen verunsichert. Wie wirkt das denn auf das Ausland? Schenkelklopfen in Moskau, Stirnrunzeln in Europa und Grinsen in den USA. Sie werden in die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland als die schwächste Bundesregierung aller Zeiten eingehen.

Das Scheitern allein kann ja vorkommen. Aber der Umgang mit diesem Scheitern, die Art und Weise, müssen Sie doch selbst als kritisch empfinden. Das war übrigens nichts anderes als die Fortsetzung des klassischen Ampelregierungsstils, den wir seit Monaten erleben: nichts verstanden, nur Selbstlob; schuld sind immer die anderen, man ist nie selbst verantwortlich.
Herr Bundeskanzler, Sie haben einen Eid geleistet – Sie wollen auch wieder einen Eid leisten –, und Sie haben gesagt, Sie wollen den Nutzen mehren und Schaden vom deutschen Volk abwenden. Das haben Sie definitiv nicht geschafft.

Sie reden vom Zusammenführen. Die Wahrheit ist: Keine Regierung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hat dieses Land je tiefer gespalten als diese Ampel, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Es hätte jetzt die Chance gegeben, nach so einem Scheitern mit Würde zu handeln, mit Anstand zu gehen. Eigentlich müsste Ihr Satz heute sein: „It’s time to say goodbye“, Herr Scholz.
Wenn ein Bundeskanzler seine Mehrheit verliert und es hier im Parlament keine Mehrheit in der demokratischen Mitte gibt, dann muss es Neuwahlen geben, und zwar nicht irgendwann, sondern so schnell wie möglich.

Danke, dass es jetzt einen Termin gibt. Aber, meine Damen und Herren, glauben Sie wirklich, dass die Deutschen vergessen haben, was in der Woche passiert ist?

Ein Hin und Her und Vor und Zurück, sogar mit den Albernheiten, darüber zu diskutieren, es könnte möglicherweise Papier fehlen, sodass Polen angeboten hat, Deutschland mit Papier auszuhelfen. Meine Damen und Herren, die halbe Welt lacht über Deutschland, weil wir hier so ein Theater veranstalten.

Die Vertrauensfrage ist natürlich das alleinige Recht des Bundeskanzlers. Aber es ist nicht seine Privatsache, meine sehr verehrten Damen und Herren. Erst hieß es: 15. Januar, basta! – Dann hieß es: Aber nur bei Gegengeschäften. – Am Schluss hieß es: Mir ist das eigentlich wurscht, das sollen die Fraktionsvorsitzenden machen.

Das Ganze hat doch nur genervt und gezeigt, was die Wahrheit ist: Es geht hier nicht um den Staatsmann Olaf Scholz, sondern wir haben heute nichts anderes als einen typischen alten Wahl- und Klassenkämpfer erlebt, meine Damen und Herren. Deutschland bräuchte jetzt etwas anderes als diese Herausforderung.

Nehmen Sie sich vielleicht ein Beispiel an Joe Biden. Er sagte: „Man kann sein Land auch lieben, wenn man geht und verliert.“ Herr Bundeskanzler, nicht Ihr Ego zählt, sondern das Wohl des Landes.

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Die Bürger werden entscheiden. – Auch wenn Sie lachen, ist dieses Lachen eher ein höhnisches Gelächter zulasten des deutschen Volkes. Sie werden es sehen! Die Zeit dieser Regierung ist vorbei, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Das gilt aber nicht nur für ihn, für Herrn Scholz, sondern auch für seinen treuesten Kombattanten, für Robert Habeck. Es ist symbolhaft, dass gerade heute wieder mal ein Regierungsflieger ausfällt.

Ich finde es schon mutig, dass die Grünen so tun, als hätten sie mit dem ganzen Desaster nichts zu tun. Dabei ist doch im Endeffekt eine völlig gescheiterte Wirtschaftspolitik verantwortlich für die gesamten Haushaltsprobleme Deutschlands, meine Damen und Herren. Gerade Herr Habeck ist das Gesicht der Krise.

Er steht für Rezession und Depression: Gasumlage, Heizgesetz, AKW-Ausstieg, Kürzung bei E- Mobilität, Subventionsflops – ein Projekt nach dem anderen ist gescheitert und ging in die falsche Richtung. Und anstatt anständig zurückzutreten, erklärt er sich in der Krise einen Tag danach zum Kanzlerkandidaten und droht den Deutschen an, in ihre Küchen zu kommen.
Da muss man ehrlich sagen: Glaubt man wirklich, dass man mit 9 oder 10 Prozent so was tun kann? Glaubt man wirklich, ein Land aus einer Wirtschaftskrise zu führen, die man selber verursacht hat? Ich sage nur eins: Eigentlich wäre der Rücktritt von Herrn Habeck jetzt schon fällig, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Ich habe gelesen, dass der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein sagte, er habe in Schleswig-Holstein gute Erfahrungen mit Robert Habeck gemacht. Das ist doch mal eine Jobperspektive, meine Damen und Herren. Gute Reise nach Hause!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wenn es wehtut: Nur die Selbsterkenntnis ist der Prozess und die Voraussetzung der Heilung. Die Wahrheit ist: Unser Land ist in einer tiefen Krise, und die Lage ist ernster und bitterer, als Sie hier im Parlament den Leuten erzählen. Wir haben darüber keine Freude, im Gegenteil. Sie haben den Karren ganz schön an die Wand gefahren. Es wird eine schwere Aufgabe sein, das Land aus dieser Krise herauszuführen. Es wird nicht leicht sein. Denn sind wir mal ehrlich: Vieles funktioniert nicht mehr. Die Wirtschaft schmiert ab. Züge und Regierungsflieger sind unpünktlich. Brücken stürzen ein.

Die Migration wächst uns über den Kopf. Viele fühlen sich in unserem Land nicht mehr sicher und zum Teil auch fremd. – Wir müssen das Land wieder in Ordnung bringen. Wir müssen Deutschland wieder stark und stabil machen. Ich sage Ihnen: Das geht. Unser Land kann mehr, als diese Ampel geleistet hat, meine Damen und Herren.

Friedrich Merz hat die Dinge angesprochen, die wichtig sind: niedrigere Steuern, die Abschaffung des Bürgergelds – das war übrigens meiner Meinung nach der schwerste Fehler, den die SPD je gemacht hat, meine Damen und Herren; es treibt die Arbeitnehmer von Ihnen weg –, niedrigere Energiepreise, Abbau von Bürokratie, eine echte Asylwende und endlich mehr Geld – und das besser strukturiert – für unsere Bundeswehr zum Schutz.

Aber wissen Sie, was es auch braucht? Eine neue Mentalität. Made in Germany muss wieder inhaltlich gefüllt werden. Ein bisschen weniger woke, divers, Gender, dafür mehr Leistung, Fleiß und Pünktlichkeit, das sind die deutschen Tugenden, die wir wieder brauchen. Das macht uns stark, meine Damen und Herren.

Also, wir haben Neuwahlen – hoffentlich. Diese Neuwahlen müssen für klare Mehrheiten sorgen. Wir haben keine Stimmen zu verschenken. Es hat sich gezeigt, dass das Argument, das Beste aus den Welten zu vereinen, ein gescheitertes Konzept ist. Ganz im Gegenteil: Starke Führung braucht es. Unser Land braucht einen klaren Regierungsauftrag. Der liegt bei uns in der Union und – ich sage es hier in aller Deutlichkeit – auch ganz besonders bei einem Bundeskanzler Friedrich Merz, der Kompetenz, Führungskraft und Erfahrung hat. Das ist unser Ziel.
Herr Bundeskanzler, Sie haben irgendwo gesagt, Sie seien cooler. Das kann nicht sein. Ich kenne keinen in Deutschland, der uncooler ist als Sie, lieber Herr Scholz. Ehrlich.

Meine Damen und Herren, ist jetzt alles trist und schlimm? Na, einfach ist es nicht; aber optimistisch dürfen wir sein. Deutschland kann diese Krise lösen. Die Menschen sind stark genug. Die Unternehmen sind gut. Wir haben Wissenschaft und Forschung. Wir haben unglaublich viel Ehrenamt. Wir haben großartige Menschen, die anderen in Not helfen, wie wir bei Katastrophen gemerkt haben. Deswegen wird unser Land das schon packen. Und auch unsere Demokratie hält das aus, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir müssen nur endlich handeln. Es reicht nicht, das 150. Pädagogikseminar zu machen und immer zu versuchen, Schlechtes besser zu erklären.

Wir brauchen endlich eine andere Politik für Deutschland, meine Damen und Herren. Das ist ganz entscheidend.

Wir bitten um Vertrauen, und wir bitten in dieser Auseinandersetzung dann auch tatsächlich um die Unterstützung für einen neuen Weg. Wir kommen da durch. Auch wenn es sonst immer keiner so gerne hier macht und auch wenn es altmodisch klingt – ich finde, wir dürfen das in solchen Zeiten auch sagen –: Gott schütze unser Vaterland und die Demokratie und Freiheit der Bundesrepublik Deutschland!

Herzliches Dankeschön.
 

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