Die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt im Interview mit der Rheinischen Post (RP)

Rheinische Post (RP):
Frau Hasselfeldt, die CSU ist seit dem Start der großen Koalition für ihre Verhältnisse ungewöhnlich ruhig. Woran liegt das?

Gerda Hasselfeldt:
Es geht uns nicht um Krawall, sondern um das effiziente Durchsetzen sinnvoller Politik. Lautstärke ist kein Gradmesser für gute Politik. Wir verstehen uns als konstruktiver Partner in dieser Koalition. Das war immer so, und diese Linie verfolgen wir weiter. Wir haben durch vehementen Einsatz für unsere Projekte zum Beispiel das Betreuungsgeld, die Mütterrente und die anstehende Gesetzesverschärfung gegen Sozialmissbrauch bei Armutszuwanderung durchgesetzt. Es war die CSU, die den Anstoß für diese wichtige Debatte gegeben hat. In Umfragen erzielt die Union ein genauso gutes Ergebnis wie bei der Bundestagswahl. Das zeigt doch: Die Menschen wissen unsere Arbeit zu schätzen.

RP:
Man hat aber trotzdem den Eindruck, dass die CSU nach ihrem schlechten Abschneiden bei der Europawahl im Umbruch ist. Oder ist Ihr Parteichef Horst Seehofer einfach nur ein bisschen altersmilde geworden?

Gerda Hasselfeldt:
Wir haben mit Horst Seehofer sehr erfolgreiche Landtags- und Bundestagswahlen hinter uns. Das Europawahlergebnis ist aufgearbeitet. Unsere Bundesminister haben Verantwortung in wichtigen Ressorts. Und an den nach wie vor hohen Zustimmungswerten sehen wir: Die Menschen honorieren es, wenn Politiker mit Argumenten und Entscheidungen ihre Positionen vertreten. Radau ist nicht der Maßstab.

RP:
Gegen Staatsministerin Christine Haderthauer wird wegen Betrugs ermittelt. Wie sehr schadet die Modellauto-Affäre Ihrer Partei?

Gerda Hasselfeldt:
Die Landesgruppe im Bundestag betrifft diese Angelegenheit nicht. Es beeinträchtigt auch unsere Arbeit in keiner Weise. Die Ermittlungen laufen, und die müssen wir abwarten.

RP:
Wo ist die Grenze, an der Haderthauer im Amt nicht mehr haltbar wäre?

Gerda Hasselfeldt:
Es ist jetzt erst einmal Sache der Staatsanwaltschaft, den Fall zu bewerten.

RP:
Die SPD hat in der Regierung den Mindestlohn und die Rente ab 63 durchgesetzt. Sieht sich die CSU bei der Pkw-Maut ausreichend unterstützt?

Gerda Hasselfeldt:
Wir hören von den Sozialdemokraten, dass sie zu dem stehen, was im Koalitionsvertrag festgehalten ist. Deshalb habe ich keine Veranlassung, daran zu zweifeln, dass die SPD das Vorhaben unterstützt.

RP:
Wird Verkehrsminister Alexander Dobrindt einen Gesetzentwurf vorlegen, der alle Vorgaben aus dem Koalitionsvertrag erfüllt?

Gerda Hasselfeldt:
Da bin ich sehr zuversichtlich, dass er das schaffen wird.

RP:
Und wenn die Europäische Kommission wegen rechtlicher Bedenken nicht zustimmt?

Gerda Hasselfeldt:
 Der Verkehrsminister ist in enger Abstimmung mit der Europäischen Kommission.

RP:
In Nordrhein-Westfalen schießt Ihre Schwesterpartei CDU scharf gegen die Maut, weil sie Ärger mit den Niederlanden und ökonomische Einbußen durch gebremsten Grenzverkehr befürchtet . . .

Gerda Hasselfeldt:
Wir setzen uns mit diesen Argumenten auseinander. Ich halte diese Befürchtungen für übertrieben. Wir Bayern haben eine ähnliche Situation in unseren Grenzgebieten zu Österreich, wo es ja die Vignette gibt, während deutsche Straßen derzeit frei befahrbar sind. Ich habe noch von niemandem gehört, dass er wegen der Vignetten-Pflicht in Österreich nicht dorthin fährt.

RP:
Die Deutschen wollen Waffen in den Irak liefern. Ist es auch denkbar, dass deutsche Soldaten dorthin geschickt werden?

Gerda Hasselfeldt:
Militäreinsätze der Bundeswehr im Irak stehen nicht zur Debatte. Es geht um eine mögliche Lieferung militärischer Ausrüstung und nicht um Entsendung von bewaffneten Soldaten.

RP:
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel will die Rüstungsexporte beschränken. Halten Sie das für richtig?

Gerda Hasselfeldt:
Die aktuellen bewaffneten Konflikte nur wenige Flugstunden von uns entfernt zeigen uns: Wir brauchen auch in Zukunft das Know-how einer modernen wehrtechnischen Industrie in Deutschland. Bei Entscheidungen über Rüstungsexporte muss jeder Einzelfall betrachtet werden. Dabei sollte der Bundessicherheitsrat größtmögliche Transparenz gewährleisten und das Parlament informieren, wie es die Bundesregierung auch tut.

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