Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt, im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ)

NOZ:
Frau Hasselfeldt, nach gewalttätigen Ausschreitungen von Islamisten in deutschen Städten fordern Unionspolitiker niedrigere Hürden für Ausweisung und Abschiebung. Unterstützen Sie das?

Gerda Hasselfeldt:
Ich rate dringend, die Diskussion in derart heiklen Fragen zu ordnen. Abschiebung, Ausweisung, Verbot der Wiedereinreise: Da wird viel durcheinandergeworfen. Ich wünsche mir hier eine differenzierte Diskussion – mit dem klaren Ziel, gewalttätige Ausschreitungen und religiösen Fanatismus in Deutschland so weit wie möglich zu verhindern und einzuschränken. Die CSU ist gesprächsbereit für Verschärfungen im Strafrecht und auch im Ausländerrecht, aber vorher muss deren Wirksamkeit sorgfältig geprüft werden.

NOZ:
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hält die Regelungen grundsätzlich für ausreichend, prüft aber Reisebeschränkungen für deutsche Islamisten, zum Beispiel den Einzug von deren Personalausweis. Eine gute Maßnahme?

Gerda Hasselfeldt:
Reisebeschränkungen sind immer sehr einschneidende Maßnahmen, die einer ausführlichen verfassungsrechtlichen Prüfung bedürfen. Ich bin daher auf das Ergebnis seiner Prüfung gespannt.

NOZ:
Das Bundeskabinett will am übernächsten Mittwoch einen Gesetzentwurf zur Eindämmung von Armutszuwanderung und Sozialmissbrauch auf den Weg bringen. Sieht sich die CSU mit ihrer rüden Forderung „Wer betrügt, der fliegt“ bestätigt?

Gerda Hasselfeldt:
Manchmal ist eben Klartext nötig, um Wirkung zu erzielen. Wir lagen richtig: Der Satz „Wer betrügt, der fliegt“ ist scharf, trifft aber den Kern. Auch jene, die sich darüber empörten, sehen jetzt: Wir haben damit zu Jahresanfang eine Diskussion angestoßen, die dringend notwendig war. Wir haben die Städte nicht alleingelassen, die einen deutlichen Anstieg von Armutszuwanderern aus Rumänien oder Bulgarien zu verkraften haben. Die jüngsten Zahlen zur Armutsmigration bestätigen dies.

NOZ:
Wie geht es weiter?

Gerda Hasselfeldt:
Die vom Staatssekretärsausschuss vorgeschlagenen Maßnahmen müssen daher auch zügig in Kraft treten. Sozialbetrüger können zukünftig befristete Wiedereinreisesperren erhalten. Daneben gibt es Kindergeld künftig nur noch gegen Vorlage der Steueridentifikationsnummer. Damit kommen wir ein gutes Stück weiter im Kampf gegen den Sozialbetrug.

NOZ:
Stichwort Landtagswahlen im Osten: In Thüringen könnte die CDU-Ministerpräsidentin vom Linken Bodo Ramelow abgelöst werden. Thüringen als Testlabor für Rot-Rot-Grün im Bund?

Gerda Hasselfeldt:
Ich bin zuversichtlich, dass die amtierende CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht ihr Amt weiterführt...

NOZ:
Die Umfragen sehen nicht danach aus...

Gerda Hasselfeldt:
Ohne Optimismus kann man Politik nicht machen.

NOZ:
Neues Thema: Erst Amigo-Wirtschaft in der Münchner CSU-Landtagsfraktion, jetzt bringt die „Modellbau-Affäre“ die Münchner Staatskanzleichefin Christine Haderthauer unter Druck. Verlotternde Sitten – zum Schaden Ihrer Arbeit in Berlin?

Gerda Hasselfeldt:
Davon kann keine Rede sein. Die Arbeit der CSU in Berlin tangiert das überhaupt nicht. Die private Angelegenheit von Frau Haderthauer ist hier kein Thema.

NOZ:
So privat ist der Fall nicht. Frau Haderthauer könnte Grenzen verletzt haben, als sie Geschäfte mit der Arbeit psychisch kranker Straftäter machte...

Gerda Hasselfeldt:
Das liegt außerhalb meiner Sphäre. Die Bewertung obliegt der Staatsanwaltschaft.

NOZ:
CSU-Vize Peter Gauweiler hat als erster Bundestagsabgeordneter in der aktuellen Wahlperiode bei seinen Nebeneinkünften als Anwalt die Eine-Million-Euro-Marke knacken können. Wie bewerten Sie das?

Gerda Hasselfeldt:
Peter Gauweiler ist ein Individualist, ein wichtiger Kollege und interessanter Gesprächspartner. Die Höhe seiner Nebeneinkünfte sagt weder etwas über sein tatsächliches Einkommen noch über sein Engagement und seine Motivation bei der parlamentarischen Arbeit aus. Schließlich ist Peter Gauweiler Partner in einer Rechtsanwaltskanzlei. Hiermit sind nicht nur Einkünfte, sondern auch finanzielle Verpflichtungen verbunden.

NOZ:
Aber Fakt ist, dass er bei 77 Prozent der namentlichen Abstimmungen gefehlt hat...

Gerda Hasselfeldt:
Ich habe ihm unlängst bei der Feier seines 65. Geburtstags gesagt: Es ist gut, dass wir dich haben. Es ist aber auch gut, dass nicht alle so sind wie du.

NOZ:
Bezahlte Nebentätigkeiten zeigt annähernd jeder Vierte der 631 Bundestagsabgeordneten an. Sollten hier engere Grenzen gezogen werden?

Gerda Hasselfeldt:
Wir brauchen Vielfalt im Parlament – wir brauchen auch Freiberufler, Mittelständler oder Landwirte, die mit ihren Familien Unternehmen weiterbetreiben können. Auf diese Menschen möchte ich in der Politik nicht verzichten. Die bestehenden Offenlegungs- und Anzeigepflichten ermöglichen den Wählern, sich selbst ein Bild über mögliche Interessenverknüpfungen und Nebentätigkeiten zu machen.

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