Gerda Hasselfeldt erläutert gegenüber Stuttgarter Nachrichten wesentliche Themen der Koalitionsverhandlungen

Im Interview mit den Stuttgarter Nachrichten nimmt die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt Stellung zu wesentlichen Themen, die in den Koalitionsverhandlungen beraten werden.

Frau Hasselfeldt, können Sie sich inzwischen eine große Koalition vorstellen?
Ja, das kann ich. Die Gespräche verlaufen konstruktiv und in angenehmer Atmosphäre. Ich bin zuversichtlich, dass wir eine Koalition hinbekommen, die eine ganze Legislaturperiode hält.

Und es bleibt dabei: Ohne Pkw-Maut keine Unterschrift der CSU?
Der zuständige EU-Kommissar hat die Grundsatzfrage ja nun klar beantwortet: Die Pkw-Maut für Ausländer ist EU-rechtskonform möglich. In den Koalitionsverhandlungen reden wir über die konkrete Umsetzung.

Wie sich die CSU auf die Maut festgelegt hat, so verlangt die SPD den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn.
Ich warne vor dem Kuhhandel Maut gegen Mindestlohn. Auch die CSU ist überzeugt, dass wir einen tariflichen Mindestlohn für die Branchen brauchen, wo es noch keinen gibt. Aber wir wollen keinen einheitlichen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Der Mindestlohn muss differieren können – regional oder auch nach Branchen. Die Tarifautonomie darf nicht ignoriert werden. Das Wichtigste ist, dass mit dem Mindestlohn keine Arbeitsplätze gefährdet werden. Deshalb muss man auch prüfen, in welcher Geschwindigkeit er wo eingeführt wird. Die Ausgangslagen in Ost und West sind unterschiedlich. Das muss beachtet werden.

Gibt es außer der Maut noch einen anderen Kernpunkt für die CSU?
Die Besserstellung bei den Mütterrenten. Die werden wir durchsetzen. Alle Argumente sprechen dafür: Wir müssen eine bestehende Ungerechtigkeit korrigieren. Und es ist systemkonform, das innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung zu arrangieren. Der Bund zahlt ja aus Steuermitteln seit langem mehr Zuschüsse in die gesetzliche Rentenversicherung als für die Anerkennung der Erziehungsleistung ausbezahlt wird. Es ärgert mich sehr, dass jetzt Arbeitgeber und Gewerkschaften gemeinsam gegen die Mütterrente mobilisieren und verhindern wollen, dass mehr als neun Millionen Mütter in der Rente bessergestellt werden.

Zur Innenpolitik: Hat der NSA-Skandal Ihre Haltung zum Datenschutz verändert?
Wir müssen dem Schutz persönlicher Daten und dem Schutz von sensiblen Unternehmensdaten einen höheren Stellenwert beimessen als bisher. Das betrifft auch das Herstellen der notwendigen technischen Infrastruktur, um dieser Anforderung gerecht zu werden. Da sollten wir uns unabhängiger von amerikanischer Technologie machen.

Brauchen wir einen Untersuchungsausschuss zum Thema NSA?
Bislang ist mir nicht klar, was in einem solchen Ausschuss sinnvollerweise untersucht werden sollte. Es ist schließlich nicht zu erwarten, dass amerikanische Spione für Befragungen im Deutschen Bundestag zur Verfügung stehen werden.

Er sollte klären, was offizielle deutsche Stellen von US-Spionage-Tätigkeiten in Deutschland wussten.
Ich bin skeptisch, ob es dafür einen Untersuchungsausschuss braucht, wir haben ja bereits das Parlamentarische Kontrollgremium. Die CSU würde sich aber der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nicht entgegenstellen.

Die SPD will mehr plebiszitäre Elemente in der Verfassung verankern – eine gute Idee?
Die CSU will bei fundamentalen Weichenstellungen auf europäischer Ebene Volksabstimmungen. Das beträfe etwa weitere EU-Beitritte oder weitere Übertragungen von Kernkompetenzen nationaler Politik auf die EU-Ebene. Das haben wir in die Koalitionsgespräche eingebracht. Dagegen bin ich eher skeptisch, was eine grundsätzliche Öffnung beispielsweise bei innenpolitischen Fragen angeht.

Sie wollen keine Steuererhöhung und gleichzeitig Schuldenabbau ab 2015 – passt das zusammen?
Ja. Unser Oberziel muss die Vollbeschäftigung sein. Das geht nur über solide Finanzen und die Vermeidung weiterer Belastungen für die Wirtschaft. Da wären Steuererhöhungen ganz gefährlich. Da wir bei guter Beschäftigung auch mehr Einnahmen und weniger Sozialausgaben haben, geht das mit einem Kurs des Schuldenabbaus gut zusammen. Wann der beginnt, klären wir im Zusammenhang mit der aktuellen Steuerschätzung in diesem Monat. Unser Ziel steht: Wir wollen in dieser Legislaturperiode beginnen, Schulden zurückzuzahlen.

Ist die Bürgerversicherung schon endgültig gestorben?
Die CSU wird alles dafür tun, um eine Bürgerversicherung zu verhindern. Unser zweigliedriges System aus privater und gesetzlicher Krankenversicherung ist das richtige. Unser hoher Standard in der Gesundheitsversorgung hängt mit diesem stabilen System ursächlich zusammen.

Wird es zu neuen Ressortzuschnitten kommen?
Darüber ist in den Koalitionsverhandlungen noch nicht gesprochen worden. Das kann meiner Meinung nach auch erst ganz am Ende auf den Tisch kommen. Grundsätzlich gilt: erst die Inhalte, dann Zuschnitte und Personal.

Wird die CSU mehr Ministerposten fordern als bisher?
Jetzt geht es ausschließlich um die Inhalte.

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