CSU-Landesgruppenvorsitzende im Interview mit dem Tagesspiegel

Im Interview mit dem Tagesspiegel spricht Gerda Hasselfeldt über die von der CSU-Landesgruppe unterstützte Autobahngebühr für Fahrzeuge aus dem Ausland, den Wahlkampf und die Lage in Syrien.

Tagesspiegel:
Die USA und Großbritannien bereiten einen Militärschlag gegen Syrien als Reaktion auf den Giftgas-Angriff vor, für den sie das Regime Assad verantwortlich machen. Welche Position muss Deutschland in dieser Krise einnehmen?

Gerda Hasselfeldt:
Nach den Berichten der UN-Inspektoren spricht viel dafür, dass das syrische Regime für den Einsatz von chemischen Kampfstoffen verantwortlich ist. Ein solcher Einsatz ist ein Tabubruch. Es geht darum, unmissverständlich klarzumachen, dass ein Einsatz von Giftgas inakzeptabel ist und Folgen haben muss. Die Bundesregierung steht dazu in engem Austausch mit den Verbündeten. Der Bürgerkrieg selbst braucht eine politische Lösung.

Tagesspiegel:
Wenn die Verbündeten um militärische Hilfestellung bitten würden – etwa den Einsatz der Nato-Awacs-Aufklärer, zu deren Besatzungen viele Deutsche gehören – müssen wir dann solidarisch sein?

Gerda Hasselfeldt:
Wir begrüßen die Initiative Großbritanniens, eine gemeinsame Haltung der Staatengemeinschaft herbeizuführen und dafür unmittelbar nach Abschluss der Mission der UN-Inspektoren den Sicherheitsrat erneut mit dem Chemiewaffeneinsatz zu befassen. Welche Maßnahmen im Einzelnen getroffen werden, kann erst vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Verhandlungen entschieden werden.

Tagesspiegel:
Könnte der Syrien-Konflikt den Wahlkampf in Deutschland beeinflussen?

Gerda Hasselfeldt:
Das Leid der vom Bürgerkrieg betroffenen Menschen erfüllt uns mit großer Sorge. Für Wahlkampfzwecke eignet sich das Thema nicht. Ich kann nur an alle appellieren, den Konflikt in Syrien nicht wahltaktisch zu instrumentalisieren.

Tagesspiegel:
Kommen wir zu den heimischen Themen. Horst Seehofer will ohne PKW-Maut für Ausländer keinen Koalitionsvertrag unterschreiben. Müssen Sie dann für den Chef einspringen?

Gerda Hasselfeldt:
Den Koalitionsvertrag unterschreiben die Parteivorsitzenden, dabei bleibt es. Aber er hat natürlich zum Ausdruck gebracht, dass der CSU die PKW-Maut für Ausländer sehr, sehr wichtig ist. Wir werden alle Kraft darauf verwenden, das in einer Koalitionsvereinbarung festzuschreiben.

Tagesspiegel:
„Alle Kraft“ ist etwas anderes als ein Ultimatum!

Gerda Hasselfeldt:
Ich bin ganz sicher, dass wir unser Ziel erreichen werden. Wir in der CSU haben schon mehrfach gezeigt, dass wir zu Hartnäckigkeit fähig sind und uns am Ende durchsetzen können.

Tagesspiegel:
Aber warum bloß diese Konzentration auf ein ja doch eher randständiges Thema?

Gerda Hasselfeldt:
Deutschland braucht als führendes Industrieland für eine vernünftige Verkehrsinfrastruktur nicht nur mehr Mittel, sondern vor allem stetige Mittel. Und eine Maut oder Vignette hat den Vorteil, dass man ihre Erlöse genau für diese Zwecke vorsehen kann. Das ist bei einer Steuer rechtlich nicht möglich. Aber es geht auch um eine Frage der Gerechtigkeit. Wenn wir nach Österreich fahren oder nach Italien, müssen wir überall Gebühren zahlen. Da ist es nur fair, wenn das umgekehrt genau so gilt.

Tagesspiegel:
Seehofers Aussage ist ja wohl auf eine schwarz-gelbe Koalition zugeschnitten. Aber wenn’s dafür nicht reicht und Sie zum Beispiel mit der SPD zusammen gehen müssten – müssen Sie dann nicht sogar um Ihr Betreuungsgeld fürchten?

Gerda Hasselfeldt:
So lange wir an einer Regierung beteiligt sind, bleibt auch das Betreuungsgeld. Die SPD stilisiert sich zum großen Gegner und hat dabei das Betreuungsgeld und den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz schon 2008 in der Großen Koalition gemeinsam mit uns beschlossen. Mir ist beides wichtig.

Tagesspiegel:
Gibt es im Fall des Falles eigentlich eine Koalitionskonstellation, die die CSU für sich ausschließen würde?

Gerda Hasselfeldt:
Es geht uns jetzt ausschließlich darum, möglichst viele Stimmen für CSU und CDU zu erreichen. Wir müssen stark werden - das ist unser Ziel.

Tagesspiegel:
Im Moment sehen die Umfragen die CSU sehr weit vorne. Ist das gut oder eher schädlich?

Gerda Hasselfeldt:
Natürlich freue ich mich über den großen Zuspruch, den wir überall verspüren. Aber Umfragen sind keine Wahlergebnisse. Es gibt immer die Verführung, sich auf guten Umfragen innerlich auszuruhen. Aber das Rennen ist nicht gelaufen. Das ist es erst am Wahltag um 18 Uhr.

Tagesspiegel:
Die CSU hat sehr unwirsch reagiert, als Wolfgang Schäuble vor kurzem ein drittes Hilfspaket für Griechenland angekündigt hat. Braucht das Land keine weitere Hilfe – oder kann die CSU nur das Thema nicht brauchen?

Gerda Hasselfeldt:
Der Finanzminister hat das gesagt, was er Ende vergangenen Jahres schon gesagt hat: Deutschland ist solidarisch gegenüber Griechenland. Die Bundesregierung legt aber Wert auf die Einhaltung der Bedingungen. Aktuell gibt es jedoch keinen Entscheidungsbedarf.

Tagesspiegel:
Den gibt es auch nicht über eine PKW-Maut. Da wirkt doch der Verdacht der SPD berechtigt, dass Sie im Wahlkampf nur über Wohltaten reden wollen und die absehbaren Risiken totschweigen.

Gerda Hasselfeldt:
Die SPD wäre gut beraten, sich an die eigene Nase zu fassen. Dass die Eurozone mit Griechenland heute so große Probleme hat, geht doch auf Fehlentscheidungen vor allem unter Bundeskanzler Gerhard Schröder zurück. Rot-Grün hat Griechenland gegen unser Votum in den Euro aufgenommen, und Schröder hat die Stabilitätskriterien in Europa aufgeweicht. Das haben wir jetzt auszubaden.

Tagesspiegel:
Das ist Vergangenheit. Der Wähler wählt aber die Zukunft – hat er nicht ein Recht darauf, zu erfahren, was da auf ihn zukommen wird?

Gerda Hasselfeldt:
Unsere Haltung ist klar: Es wird keinen weiteren Schuldenschnitt für Griechenland geben. Als wir – und übrigens auch die Sozialdemokraten – dem zweiten Griechenlandpaket zugestimmt haben, hat Wolfgang Schäuble bereits gesagt, dass weitere Hilfen nicht auszuschließen sind. Aber das jetzige Programm läuft noch bis 2014. Es wird zwischendurch immer wieder überprüft. Und erst im Lichte dieser Erkenntnisse und Entwicklungen lässt sich entscheiden, ob und wie es danach weiter gehen soll.

Tagesspiegel:
Hat Ihre Zurückhaltung womöglich etwas mit Ihrer sehr speziellen Konkurrenz in Bayern zu tun, den eurokritischen Freien Wählern?

Gerda Hasselfeldt:
Meine Erfahrung in diesem Wahlkampf ist es, dass der strenge Kurs der Bundesregierung gegenüber den Krisenländern auf breite Zustimmung trifft. Platten Sprüchen von Freien Wählern und anderen Eurokritikern stellen wir ausreichend sachliche Argumente gegenüber. Was die Menschen allerdings zu Recht fürchten, ist eine bedingungslose Vergemeinschaftung der Schulden, wie sie SPD und Grüne wollen.

Tagesspiegel:
Am Sonntag treffen Angela Merkel und Peer Steinbrück im Fernsehduell aufeinander. Was, glauben Sie, erwarten die Zuschauer von der Kanzlerin und was vom Herausforderer?

Gerda Hasselfeldt:
Von beiden wird erwartet zu sagen: Wie steht das Land da, und wie soll es weiter gehen? Ich glaube, dass die Bevölkerung ein Gespür dafür hat, wer das persönliche Vertrauen verdient, die richtigen Entscheidungen für die Menschen zu treffen.

Tagesspiegel:
Beim Duell Stoiber gegen Schröder ging Edmund Stoiber insofern als Sieger vom Platz, als viele Leute danach sagten: Och, der ist ja gar nicht übel! Kann das nicht Steinbrück ebenso gelingen?

Gerda Hasselfeldt:
Nicht nach allem, was ich bisher erlebt habe. Er tut sich persönlich schwer damit, bei den Menschen dieses Vertrauen zu wecken. Und bei uns passen Kanzlerin und Programm zusammen – anders als bei der SPD.

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