CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt im Interview mit dem Straubinger Tagblatt

Die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt erklärt im Interview mit dem Straubinger Tagblatt, wie sich die Kosten für die Energiewende im Rahmen halten lassen. Zudem betont sie die Bedeutung der Zusammenarbeit der Geheimdienste und kritisiert, dass die SPD das wichtige Kontrollgremium für die Geheimdienstarbeit seit Wochen als Klamaukbude für den Wahlkampf missbraucht. Gerda Hasselfeldt spricht sich auch deutlich gegen die Steuererhöhungsorgien von SPD und Grünen aus.

Straubinger Tagblatt:
Frau Hasselfeldt, Sie sind die erste Frau, mit der die CSU als Spitzenkandidatin in den Wahlkampf zieht. Worin unterscheiden Sie sich in Ihrem politischen Stil?

Gerda Hasselfeldt:
Jeder der bisherigen Landesgruppenvorsitzenden und damit Spitzenkandidaten hat einen eigenen Stil und hat eigenständig gehandelt. Für mich steht sowohl in der politischen Arbeit als auch jetzt im Wahlkampf die sachliche Auseinandersetzung mit den anstehenden Problemen sowie den Vorschlägen der anderen Parteien im Vordergrund. Ich setze auf die Kraft des Arguments – und damit fahre ich sehr gut.

Straubinger Tagblatt:
Wie beurteilen Sie den Wahlkampf Ihrer Schwesterpartei CDU? Setzen die Christdemokraten aus Ihrer Sicht zu sehr auf deren Spitzenkandidatin Angela Merkel?

Gerda Hasselfeldt:
Ich freue mich, dass Angela Merkel in der Bevölkerung zu Recht so hohe Zustimmungswerte hat. Wir wissen aber, dass wir uns allein darauf nicht verlassen können und wollen die Menschen deshalb mit Inhalten überzeugen. Eines der wichtigsten Argumente dabei ist: Deutschland steht gut da, weil die Arbeit dieser Regierungskoalition in den vergangenen vier Jahren erfolgreich war. Heute haben so viele Menschen eine Arbeit wie noch nie seit der Wiedervereinigung, wir haben die Neuverschuldung abgebaut und beginnen demnächst sogar, Schulden zurückzuzahlen, und uns ist es gelungen, den Euro zu stabilisieren.

Straubinger Tagblatt:
Um das Betreuungsgeld hat die CSU hart gekämpft. Die Zahl der Anträge ist zumindest derzeit noch sehr überschaubar. Ist das Projekt gefloppt?

Gerda Hasselfeldt:
Die bisherigen Antragszahlen verwundern nicht. Das hängt damit zusammen, dass das Betreuungsgeld erst im Anschluss an das Elterngeld bezahlt wird und für Kinder, die ab dem 1. August 2012 geboren wurden. Das heißt, die Familien wachsen erst in den Anspruch hinein. Wichtig ist doch, dass Eltern jetzt endlich die freie Entscheidung über die Erziehungsform haben. Der Staat darf nicht ein Erziehungsmodell bevorzugen. Ich gehe davon aus, dass immer mehr Familien das Betreuungsgeld beantragen werden.

Straubinger Tagblatt:
SPD und Grüne haben für ihren Wahlsieg Steuererhöhungen angekündigt. Ihre Partei weist Derartiges weit von sich. Aber ist das nicht auch ein Stück Ehrlichkeit? Die Politik ist schließlich noch nie mit dem vorhandenen Geld ausgekommen.

Gerda Hasselfeldt:
Aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung sprudeln derzeit die Steuereinnahmen. Der Staat nimmt so viel ein wie nie zuvor. Unser Anspruch ist es, mit diesem Geld auszukommen und den Menschen nicht noch tiefer in die Tasche zu greifen. Wir brauchen keine Steuererhöhung – auch nicht aus Gründen der Gerechtigkeit. Schon heute tragen zehn Prozent der Einkommensteuerzahler rund 50 Prozent des Steueraufkommens, die oberen 25 Prozent tragen über 75 Prozent des Aufkommens. Die rot-grünen Pläne sehen zudem bei der Einkommen-, Erbschaft- und Vermögensteuer eine deutliche Belastung des Mittelstandes vor – insbesondere von Familienbetrieben. Hinzu käme eine Besteuerung der Substanz, also auch, wenn keine Gewinne erwirtschaftet werden. Das würde die wirtschaftliche Entwicklung im Kern massiv beschädigen. Das wäre Gift für unsere Wirtschaft und die Menschen.

Straubinger Tagblatt:
Ein großer Aufreger ist derzeit die Zusammenarbeit der Geheimdienste BND und NSA. Nun will man aufklären, verweigert aber dem ehemaligen Geheimdienstkoordinator und derzeitigen SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier die Aussage. Wie passt das zusammen? Will man da wirklich aufklären?

Gerda Hasselfeldt:
Wer zu welchem Zeitpunkt im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) aussagt, das entscheiden die Mitglieder dieses Gremiums und nicht eine Fraktion. Ich finde das richtig so. SPD und Grüne sollten jetzt ein paar Gänge zurückschalten. Das Kontrollgremium ist keine Klamaukbude. Dieses Thema eignet sich nicht für Wahlkampf. Wir müssen immer wieder abwägen zwischen Sicherheit und Datenschutz. Durch die Arbeit der Geheimdienste – auch der NSA – sind Anschläge in Deutschland und in Afghanistan verhindert worden. Das ist von zentraler Bedeutung für die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan. Das zeigt, wie wichtig Geheimdienstzusammenarbeit ist.

Straubinger Tagblatt:
Wenn – wie Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) feststellt – alles bei BND und NSA nach Recht und Gesetz verlaufen ist, warum braucht es dann ein Nicht-Ausspäh-Abkommen?

Gerda Hasselfeldt:
Ich finde es richtig, dass man die Zusammenarbeit mit unseren amerikanischen Freunden einmal genau unter die Lupe nimmt und vertraglich festhält – nach allem, was in den vergangenen Monaten auch an Vorwürfen erhoben worden ist. Die Grundlage für die jetzige Zusammenarbeit wurde 2002 unter rot-grüner Regierung geschaffen – meines Erachtens auch zu Recht. Aber die technischen Möglichkeiten haben sich gewandelt. Ein neues Abkommen halte ich daher für sinnvoll.

Straubinger Tagblatt:
Die Energiewende wird immer teurer. Zwar steht eine große Mehrheit der Deutschen zum Ausstieg aus der Atomkraft, doch die steigenden Energiepreise bieten Anlass zur Sorge. Wie kann die Wende zu bezahlbaren Bedingungen gelingen?

Gerda Hasselfeldt:
Wir beschäftigen uns in der Landesgruppe damit schon seit Längerem – unter anderem bei unserer Klausur in Wildbad Kreuth Anfang des Jahres. Die beiden großen Herausforderungen sind: Bezahlbarkeit von Energie bei gleichzeitiger Versorgungssicherheit. Um die Kosten im Rahmen zu halten, schlagen wir vor, die Erneuerbare-Energien-Umlage (EEG-Umlage) auf einen festen Wert zu deckeln und die Differenz zum tatsächlichen Wert über einen Fonds bei der KfW zwischen zu finanzieren. Das würde die Stromkunden merkbar entlasten. Um die Versorgungssicherheit zu garantieren, wollen wir, dass Produzenten von erneuerbarer Energie eine konventionelle Ersatzkapazität garantieren müssen für die Zeit, wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht. Gleich zu Beginn der neuen Legislaturperiode werden wir das EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) grundlegend reformieren. Eines ist für uns dabei allerdings besonders wichtig: Wer vor Jahren in Erneuerbare investiert hat, muss die Einspeisevergütung zu den damaligen Konditionen erhalten. Darauf können sich die Menschen verlassen.

Straubinger Tagblatt:
Die Verteilung der Fluthilfen ist geklärt. Viele Betroffene warten seit Juni auf die Gelder. Ist das Versprechen einer schnellen und unbürokratischen Hilfe eingehalten?

Gerda Hasselfeldt:
Was wir auf Bundesebene machen konnten, wurde sehr schnell erledigt. Aber die Sachverhalte sind kompliziert. Am Mittwoch hat das Kabinett die Verordnung dazu beschlossen, am Freitag wird der Bundesrat diese in einer Sondersitzung absegnen. Damit ist die rechtliche Basis geschaffen. Schneller konnte es nicht gehen, da als Erstes einmal die konkrete Schadenshöhe ermittelt werden musste – und das dauert seine Zeit, auch wenn alle anpacken. Alles in allem ist es sehr zügig gelaufen, sodass die Gelder nun fließen können.

Straubinger Tagblatt:
Entscheidend wird im Herbst sein, welches politische Lager seine Wähler am besten mobilisieren kann. Wie will die CSU dies schaffen? Angesichts blendender Umfragewerte könnten ja einige zu Hause bleiben mit der Annahme, es sei schon alles gelaufen.

Gerda Hasselfeldt:
Das ist in der Tat eine Gefahr für uns. Ich erwarte ein sehr knappes Rennen im September und deshalb tun wir gut daran, bis zur letzten Minute um jede Stimme zu werben, damit sowohl in Bayern als auch im Bund die bisherige Politik fortgesetzt werden kann.

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