Im Interview mit der B.Z.nimmt die CSU-Landesgruppenvorsitzende Stellung zur Debatte um den Kampf gegen Steuerhinterhiehung
Gerda Hasselfeldt weist im Interview mit der B.Z. darauf hin, dass Bund, Ländern und Kommunen ohne das Steuerabkommen mit der Schweiz bis zu zehn Milliarden Euro verloren gegangen sind und in jedem weiteren Jahr ohne Abkommen staatliche Ansprüche verjähren . Das sei unverantwortlich und ungerecht. Mit dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz habe die Koalition erst vor zwei Jahren den Druck auf Steuerhinterzieher deutlich erhöht und die Voraussetzungen für Selbstanzeigen und tätige Reue erheblich verschärft: Taktischen Spielereien mit Selbstanzeigen im letzten Moment hat die Koalition eine Absage erteilt und Strafzuschläge für hinterzogene Beträge ab 50.000 Euro eingeführt.
BZ: Frau Hasselfeldt, erst die Hoeneß-Affäre, jetzt der Rücktritt von Landtagsfraktionschef Schmid, weil er seine eigene Frau als Büroleiterin eingestellt hatte. Was sagt die CSU in Berlin?
Gerda Hasselfeldt: Ich verstehe, wenn die Bürger angesichts dieser Vorfälle ungehalten sind. Die Selbstanzeige von Herrn Hoeneß wird dort, wo sie hingehört, nämlich bei den Steuer- und Justizbehörden, verfolgt. Auch die Praktiken im Landtag sind nicht in Ordnung. Die Fraktion hat schnell Konsequenzen gezogen. Das ist gut so.
BZ: Wann haben Sie von Hoeneß’ Verfehlung erfahren?
Gerda Hasselfeldt: An jenem Samstag, als die Nachricht über die Agenturen ging. Ich konnte es zunächst nicht glauben. Ja, ich war sprachlos.
BZ: Beinahe hätte Hoeneß auf der Kandidatenliste für die Landtagswahl gestanden.
Gerda Hasselfeldt: Es gab Überlegungen im Herbst letzten Jahres, die dann sehr schnell wieder fallen gelassen wurden. Ich war da nicht involviert.
BZ: Er war ja häufig Gast bei CSU-Veranstaltungen.
Gerda Hasselfeldt: Ja und? Dass er in seiner Funktion immer mal wieder eingeladen wurde, ist doch normal. Zur CSU-Nähe nur so viel: Kürzlich hat er sich für den SPD-Kandidaten als künftigen Münchner Oberbürgermeister ausgesprochen.
BZ: Ohne das rot-grüne Nein zum Schweizer Steuerabkommen wäre Hoeneß’ Steuerhinterziehung nicht aufgeflogen.
Gerda Hasselfeldt: Dass SPD und Grüne ihre Ablehnung jetzt mit diesem Einzelfall feiern, ist ziemlich primitiv. Fakt ist, dass das Steuerabkommen die Steuerhinterziehung mit der Schweiz künftig unmöglich gemacht hätte. Mit diesem Abkommen hätten wir eine einheitliche Besteuerung von Kapitalerträgen in Deutschland und in der Schweiz bekommen. Rot-Grün hat dafür gesorgt, dass dieses Schlupfloch weiter offen ist.
BZ: Hoeneß sagte selbst, dass er auf dieses Abkommen gehofft hatte, offenbar weil es Altfälle diskret legalisiert.
Gerda Hasselfeldt: Was er sich dabei gedacht hat, weiß ich nicht. Für die Vergangenheit hätte das Steuerabkommen bedeutet, dass es eine pauschale Besteuerung aller deutschen Konten in der Schweiz gegeben hätte – also nicht nur für einige wenige, zufällig enttarnte Steuersünder, sondern eine Steuerpflicht für alle für die letzten zehn Jahre. Das heißt: Man hat mit der jetzigen Regelung zwar hier und da mal einen Fisch, aber mit dem Abkommen hätte man den ganzen Schwarm gekriegt.
BZ: Die Opposition fordert jetzt mehr Kontrollen und will die Amnestie für reuige Steuersünder mittelfristig abschaffen. Was will die Union?
Gerda Hasselfeldt: Zunächst einmal gilt, dass wir die Bedingungen für die strafbefreiende Selbstanzeige in dieser Legislaturperiode verschärft haben. Sie ist jetzt nur noch möglich, wenn die Behörden noch keine Kenntnis des Sachverhalts hatten. Das war früher nicht so. Wir haben das verändert, um stärker zu strafen, ohne das Instrument zu verlieren.
BZ: Ist das Instrument noch zeitgemäß?
Gerda Hasselfeldt: Ich denke, es sollte erhalten bleiben. Seit 2010 haben mehr als 47.000 Menschen von der Selbstanzeige Gebrauch gemacht, der Staat hatte dadurch Einnahmen von mehr als zwei Milliarden Euro. Mit der Verschärfung ist der richtige Weg beschritten worden.
BZ: Wollen Sie Daumenschrauben weiter anziehen?
Gerda Hasselfeldt: Über weitere Eingrenzungen bei der Selbstanzeige kann man nachdenken. Allerdings ist es jammerschade, dass wir weiterhin auf Zufallsfunde durch Selbstanzeigen oder Steuer-CDs angewiesen sind, statt alle zu erreichen. Ohne das Steuerabkommen mit der Schweiz gehen Bund, Ländern und Kommunen bis zu zehn Milliarden Euro verloren, in jedem weiteren Jahr ohne Abkommen verjähren staatliche Ansprüche. Das ist unverantwortlich und ungerecht.
BZ: Was halten Sie vom Ankauf von Steuer-CDs?
Gerda Hasselfeldt: Darüber entscheiden die Länder. Ich persönlich halte den Kauf für vertretbar, wenn dies die Fahndung erleichtert. Aber es löst nicht das Problem, weil es immer nur eine zufällige Teilmenge trifft.
BZ: Der bayerische Rechnungshof kritisiert, dass die Steuerverwaltung im Freistaat personell extrem schlecht ausgestattet ist. Wie erklärt das die CSU ihren Wählern?
Gerda Hasselfeldt: Durch Fakten belegt sind diese Behauptungen nicht. Die Steuerfahndung in Bayern funktioniert so gut wie in anderen Ländern auch.
BZ: Wie wichtig wird das Thema Steuerhinterziehung im Gerechtigkeitswahlkampf?
Gerda Hasselfeldt: Das Thema beschäftigt die Menschen zu Recht. Finanzminister Schäuble hat mit dem Steuerabkommen und der Austrocknung von Steueroasen viel erreicht. Unter Rot-Grün ist da ja gar nichts gelaufen. Wolfgang Schäuble musste erst mühsam den Boden bereiten, dass die Schweiz überhaupt wieder verhandelt hat. Dass jetzt auch Luxemburg über einen automatischen Informationsaustausch mit den deutschen Steuerbehörden reden will, ist ebenfalls eine Folge des durch ihn gewonnenen Vertrauens.
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