Landesgruppenvorsitzende hält in Interview vom 25. Februar an besonderem Schutz von Ehe und Familie als Leitlinie für Debatte fest

Im Interview mit dem Deutschlandfunk hält die CSU-Landesgruppenvorsitzende am besonderen Schutz von Ehe und Familie als Leitlinie für die aktuelle Debatte fest und kritisiert die Doppelzüngigkeit der Opposition, die einmal äußern das Ehengattensplittung auf gleichgeschlechtliche Paare ausweiten zu wollen und gleichzeitig die Abschaffung fordern.

Deutschlandfunk:
Ist die absolute Gleichstellung nicht ein längst überfälliger Schritt?

Gerda Hasselfeldt:
Man muss da schon differenzieren. Zunächst einmal haben wir ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das zu einem Spezialfall der Adoption ergangen ist. Das muss natürlich und wird auch zügig umgesetzt. Und in dem Zusammenhang muss man prüfen - da sind wir auch offen gegenüber dieser Prüfung - , ob eine grundsätzliche Änderung beim Adoptionsrecht erfolgen soll. Allerdings immer unter dem Gesichtspunkt, dass das Kindeswohl im Mittelpunkt stehen muss. Das muss in aller Ruhe geprüft werden. Da darf es keinen Schnellschuss geben.

Deutschlandfunk: 
Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, sagt, es gebe klare Tendenzen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und demnach müsse jetzt möglichst schnell die verfassungsrechtliche Gleichstellung umgesetzt werden. Nehmen Sie da das Bundesverfassungsgericht nicht so ernst?

Gerda Hasselfeldt:
Ich nehme es natürlich genauso ernst. Aber Tatsache ist, dass es zunächst einmal bei dieser Entscheidung - und darauf hat das Verfassungsgericht explizit hingewiesen - um die so genannte Sukzessivadoption geht...

Deutschlandfunk:
... Das Bundesverfassungsgericht hat ja schon mehrfach nachgebessert ... Warum wollen Sie dem Gericht immer hinterherhinken?

Gerda Hasselfeldt: 
Wir werden das Urteil auch in der Begründung genau analysieren, um daraus eventuell Schlüsse zu ziehen, ob und in welcher Weise auch eine gemeinschaftliche Adoption, d.h. eine Ausweitung dessen, was das Verfassungsgericht beurteilt hat, notwendig und sinnvoll ist. Einer solchen Prüfung verweigern wir uns nicht, aber das darf nicht von heute auf morgen aus dem Bauch heraus geschehen. Eine solche Prüfung muss wenigstens einige Tage ′mal diskutiert werden können.

Deutschlandfunk:
Aber die Sukzessivadoption ist doch in der Praxis ein gleichberechtigtes Adoptionsrecht ...

Gerda Hasselfeldt:
Das mag für Sie so sein und auch für manche andere. Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts ist es so nicht; und auch rechtlich gibt es dort einen Unterschied. Aber nochmal: Wir sind natürlich bereit, dies auch unter diesem Aspekt zu prüfen und dann in aller Ruhe zu entscheiden.

Deutschlandfunk:
Aber eine Tendenz in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, so wie viele CDU-Kollegen, sehen Sie nicht?

Gerda Hasselfeldt:
Dies ist durchaus erkennbar. Wir hatten ja jetzt schon mehrere Entscheidungen im Zuge der Gleichstellung von Lebenspartnerschaften und Ehen und der geänderten rechtlichen Grundlage auch von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften; davor verschließen wir die Augen nicht.

Deutschlandfunk:
Warum wollen Sie dann auf das neue Urteil jetzt z.B. zum Ehegattensplittung des Bundesverfassungsgerichtes warten, das eventuell sogar kurz vor die Wahl fällt, und nicht gleich selbst handeln?

Gerda Hasselfeldt:
Auch da haben wir auch in der CSU gesagt, darüber wollen wir diskutieren. Es stellt sich in der Tat die Frage, ob man warten soll, bis das Verfassungsgericht entschieden hat, oder aus der bisherigen Rechtsprechung schon so viel Tendenz erkennen kann, dass auch hier eine Änderung notwendig ist. Aber auch hier gilt: kein Schnellschuss, sondern Prüfung. Und auch hier gilt, dass im Grundgesetz steht, Ehe und Familie haben einen besonderen Schutz. Die Opposition hat beim Ehegattensplitting übrigens eine alles andere als klare Position, die fordern auf der einen Seite die Abschaffung des Ehegattensplittings und andererseits die Übertragung auf gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften. Da wäre auch ′mal klar zu sagen, was wollen sie denn eigentlich.

Deutschlandfunk:
... Aber auch bei der CSU ist durchaus Bewegung drin und kann durchaus auch ein Kurswechsel stattfinden?

Gerda Hasselfeldt:
Wir wollen auch darüber reden und auch dieses prüfen.

Deutschlandfunk:
Wie lange wollen Sie prüfen?

Gerda Hasselfeldt:
Nun, einige Tage muss man sich da schon Zeit nehmen, um auch die möglichen Alternativen zu sehen. Es sind noch Fragen offen, die zu klären sind. Wenn wir den Sozialdemokraten und den Grünen folgen würden, wüsste wir überhaupt nicht was wir machen sollen: Rot/Grün will Abschaffung des Ehegattensplittungs und Übertragung gleichzeitig. Da würde ich mir schon wünschen, dass sich die Opposition auch mal entscheidet. Und wenn man sich entscheidet, muss man auch sagen, ob man einfach die Regelung ausweiten möchte oder die Regelung vielleicht modifizieren möchte und dort sind überall noch Fragen offen. Und für uns ist dabei auch ganz zentral, dass Ehe und Familie für uns einen besonderen Stellenwert haben.

Deutschlandfunk:
... Könnten wir eventuell schon Ende der Woche die Meldung haben, die CSU folgt diesem Kurswechsel?

Gerda Hasselfeldt:
Ich will mich da nicht und will auch meine Partei nicht unter Druck setzen. Aber dass dieses Thema jetzt auf der Tagesordnung steht, dass darüber gesprochen werden muss, dass man sich auch in aller Ruhe die Situation von Alternativen anschauen muss, sie prüfen muss, das liegt auf der Hand. Und das hat auch nicht Zeit jetzt über Monate hinweg. Ich will das gar nicht aufschieben, aber einige Tage nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss man sich da schon nehmen.

Deutschlandfunk:
Sollte es zur absoluten Gleichstellung kommen, wie wollen Sie das Ihren konservativen Wählern erklären?

Gerda Hasselfeldt:
Noch sind wir nicht soweit. Wir sind auf dem Weg der Diskussion und der Prüfung. Und da gibt es viele Varianten. Für uns ist ganz wichtig, dass Ehe und Familie auch künftig privilegiert werden.

Deutschlandfunk:
Aber wie soll das denn weiter durchzuhalten sein? Das ist doch in sich schon ein Widerspruch.

Gerda Hasselfeldt:
Nein, das ist eben kein Widerspruch, weil es bei der steuerlichen Frage nicht nur die Möglichkeit "Abschaffung" oder "Übertragung" gibt, sondern eben auch die Möglichkeit, wie wir das übrigens in anderen Ländern ja auch haben, dass wir besondere Regelungen der Besteuerung von Ehen und Familien haben. Da gibt es nicht nur das klassische Ehegattensplitting, sondern da gibt es beispielsweise auch die Berücksichtigung von Kindern im Steuerrecht ... Wenn wir entschieden haben, dann können Sie sicher sein, dass wir das unseren Mitgliedern und Anhängern entsprechend erklären. Denn das alles geschieht nicht aus dem Bauch heraus, nicht aus einer Stimmungslage heraus, sondern nach gründlicher Prüfung.

Deutschlandfunk:
Warum ist eigentlich bei der Frage der Gleichstellung so viel Unsicherheit in der Politik, dass Karlsruhe immer Nachhilfe geben muss?

Gerda Hasselfeldt:
Wir erleben dort eine starke gesellschaftliche Veränderung und wir haben das Rechtsinstitut der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft erst vor einigen Jahren geschaffen. Dass dieses im Alltag dann eine Reihe von Rechtsproblemen und Unsicherheiten und zu klärenden Fragen nach sich zieht, das ist logische Konsequenz. Gerade deshalb wird ja auch überlegt, ob man aufgrund der bisherigen Entscheidungen des Verfassungsgerichts eine Tendenz für weitere Fragen absehen kann.

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